Flammenzorn
dafür, dass der Brandstifter von allein aufhören würde, also musste sie ihn aufhalten, bevor die Verbrennungsstation noch voller wurde.
Anya fragte sich, was Katies Nachbarn wohl denken würden, wenn sie wüssten, dass eine Hexe in ihrer beschaulichen Vorstadt lebt. Kleine, einstöckige Ziegelgebäude säumten die ruhige Straße. Straßenlaternen, Garten- und Verandalampen beleuchteten Dekofiguren aus Betonguss, die über die gemulchten Blumenbeete und quadratischen Gärten wachten. Aber auch dieser Teil des amerikanischen Traums der Mittelklasse schien allmählich zu schwinden: Anya sah mehr und mehr ZU VERKAUFEN-Schilder, die sich wie Löwenzahn ausbreiteten. Allein in Katies Straße standen fünf Schilder, an denen kleine Plastikumschläge hingen. Sie waren gefüllt mit Faltblättern, die die Vorzüge der Häuser priesen - für Interessenten, die es gar nicht gab. Und rund um die Schilder herum wuchs das Gras allmählich immer höher.
Die Hexe in dieser Nachbarschaft blieb jedoch standhaft. Das Licht ihrer Verandalampe beleuchtete sanft die Ringelblumen neben der Treppe, die kurz davor standen, ihre Samen freizusetzen. Katies Tür war bereits für Halloween mit einem Kranz geschmückt, um den sich orangefarbene und schwarze Bänder wanden. In den Ahornbaum im Vorgarten hatte sie Fledermäuse und kleine Gespenster gehängt. Anya war erstaunt, dass die Kinder der Nachbarschaft sich nicht längst daran bedient hatten, aber vielleicht waren sie auch mit ihren Eltern fortgezogen.
Katie kam zur Tür, und Anya konnte einen köstlichen Duft riechen, der durch das Fliegengitter drang. Die Konditorkluft hatte Katie gegen einen knöchellangen Stufenrock und ein Tanktop ausgetauscht. Das lange Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ihre nackten Zehen berührten die Türschwelle.
»Komm rein. Die Suppe ist heiß.«
In dem Moment, in dem Anya über die Schwelle in das Reich der Hexe eintrat, erbebte Sparky vor Aufregung. Er glitt von Anyas Hals und sprang leichtfüßig zu Boden. Sein kantiger Kopf zuckte mal nach rechts, mal nach links, dann spähte er aufmerksam unter die mit Fransen verzierte Samtcouch, hinter die Sitzkissen am Boden und in den Kamin, an dessen Sims Kräuter trockneten, die nach Lavendel und Rosmarin dufteten.
Leuchtende Augen tauchten plötzlich im Korridor auf. Katies Katzen Vern und Fay, benannt nach Vernors Ginger Ale und Faygo Limonade, sprudelten in der Tat herein, so als wären sie voller Kohlensäure - einmal schütteln, und sie gingen los wie Raketen. Und sie waren gerüstet für Sparkys Anwesenheit.
Vern ging in die Offensive. Die graue Tigerkatze umrundete den Couchtisch und pirschte sich an Sparkys unwiderstehlich herumpeitschenden Schwanz heran. Fay, eine rundliche, buntgefleckte Katze, kroch unauffällig in Zeitlupe über den Holzboden, während Sparky die Nase in den Kamin steckte.
Und dann brach die Hölle los. Sparkys Kopf fuhr verzückt herum, als er Fay erkannte. Fay hastete auf dem glatten Hartholzboden zurück und schlitterte durch den Korridor davon. Sparky nahm rasend die Verfolgung auf. Da sprang Vern hinter dem Sofa hervor und erschreckte Sparky. Der wiederum drehte sich um die eigene Achse, woraufhin Vern über seinen Schwanz herfiel, und gleich darauf kugelten beide quiekend und fauchend den Korridor hinunter.
»Ich wünschte, ich könnte Sparky genauso sehen wie die Katzen«, bemerkte Katie und tappste in die Küche. Ihre silbernen Armreifen und Ohrringe klimperten bei jedem Schritt melodisch.
Anya folgte ihr mit knurrendem Magen. »Glaub mir, er ist eine schlimmere Nervensäge, als du dir vorstellen kannst.« Sie setzte sich an Katies verkratzten Massivholz-Küchentresen. Katie werkelte geschäftig mit ihren technisch anspruchslosen Kochgeräten weiter: Holzlöffel, Glasdekanter, Kupfertöpfe, Metallschneebesen. Katie war eine Köchin alter Schule und stolz darauf. Über der Spüle hing eine Hexenpuppe, die sich gemächlich drehte und über die Kräuter wachte, die auf der Fensterbank gediehen. Während Katie die Suppe in Teller schöpfte, erzählte ihr Anya von Sparkys Abenteuern im Krankenhaus.
Katie grinste. »Hexen sind dafür bekannt, dass sie so ziemlich jede Art von Kreatur - sichtbare und unsichtbare - als Haustier halten. Ich bin Hexen begegnet, die Sittiche gehalten haben, und anderen, die Najaden haben.«
»Was sind Najaden?«
»Wassergeister. Aber es gibt einen Grund, warum Hexen niemals einen Salamander zu ihrem Vertrauten machen würden.«
»Und
Weitere Kostenlose Bücher