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Flammenzorn

Flammenzorn

Titel: Flammenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bickle
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Katie hier gewesen war. Da in der Intensivstation keine Blumen erlaubt waren, hatte sie eine kleine Jadestatue von Guanyin, der Göttin des Mitgefühls, auf seinem Nachttisch hinterlassen. Ein Stapel Zeitschriften deutete darauf hin, dass die anderen auch hier gewesen waren und bei ihm Wache gehalten hatten.
    Aber jetzt war sie mit ihm allein. Anya streichelte Brians Wange. Die Stoppel am Kinn und auf dem Kopf waren länger geworden und kitzelten ihre Finger. Das Haar am Kinn war heller, rötlicher als das auf dem Kopf. Sie würde kaum umhin kommen, ihn damit aufzuziehen, dass er sich einen Ziegenbart wachsen lassen sollte, wenn er wieder wach war - falls er ...
    Nein, wenn er wieder wach war, Punkt. Diesen Gedanken hielt sie fest, und sie war nicht bereit, die andere Möglichkeit auch nur in Erwägung zu ziehen.
    »Ich weiß nicht, ob du mich hören kannst«, sagte sie und rieb sanft seinen Handrücken mit dem Daumen. »Aber ich möchte, dass du weißt, wie leid mir alles tut. Ich würde alles geben, wenn wir nur noch einmal von vorn anfangen könnten.«
    Sparky kroch am Fußende auf das Krankenhausbett und rollte sich zu Brians Füßen zusammen.
    »Du kannst ihn nicht sehen«, flüsterte sie, »aber Sparky hält dir gerade die Füße warm. Er sorgt sich um dich.«
    Sie ließ den Kopf sinken und konzentrierte sich auf ihren Atem, bis er wieder zur Ruhe kam. »Es gibt so viele Dinge, die ich bereue. Ich bereue Dinge, die ich als Kind getan habe ... du kennst nicht die ganze Geschichte, aber es ist meine Schuld, dass Mom tot ist.« Ein distanzierter, beobachtender Teil ihrer selbst erkannte, wie viel leichter es war, vor Brian, der zum Schweigen verdammt war, zu beichten, als vor einem Geistlichen. »Ich habe die Christbaumbeleuchtung angelassen ... und das Haus ist in Flammen aufgegangen ... ich glaube, ich tue immer noch Buße dafür. Durch meinen Job bei der Feuerwehr.«
    »Ich bereue, dass ich den Geist des kleinen Mädchens verschlungen habe. Verdammt, ich bereue sogar, dass ich meine Stromrechnung diesen Monat zu spät bezahlt habe. Aber das, was ich am meisten bereue ...«, sie beugte sich vor und fixierte sein Gesicht, »... ist, dass ich dich fortgestoßen habe.«
    »Ich hatte Angst«, gestand sie. »Ich hatte Angst, ich würde dich irgendwie verletzen. Ich hatte Angst, du könntest erkennen, was ich bin - was ich wirklich bin - und mich verlassen. Ich konnte es einfach nicht ... ich konnte nicht riskieren, noch einmal so zu leiden.«
    Tränen rannen über ihre Nase, und sie wischte sie fort. »Wenn du mir die Chance gibst, dann, das schwöre ich, werde ich diesen Fehler nicht wieder machen.«
    Sie legte die Hände auf seinen Arm, irgendwo zwischen die Schläuche und Drähte, und lauschte mit jeder Faser ihres Körpers. Sie lauschte auf einen Geist, auf seinen verwirrten Geist, gefangen von den Geräten. Ihr Atem streifte das Pflaster, mit dem seine Augen geschlossen waren. »Kannst du mich hören?«
    Die Gerätschaften piepten und pfiffen in ihrem unnatürlichen Rhythmus, der Atem und Leben in Brian blies, aber Anya nicht verraten konnte, ob diese Hülle von einem Mann sie hören konnte. In dieser Stille erspürte sie nichts - nicht den kalten Hauch eines Geistes. Entweder war Brian fest und sicher in dieser physischen Welt verwurzelt und lag in tiefem Schlaf, oder er war längst viel weiter weg.
    Sie blieb, bis die Besuchszeit vorüber war und die zuständige Schwester hereinkam, um das Licht zu dämpfen. Sparky kletterte widerstrebend vom Bett herunter und trottete hinter Anya die Gänge des Krankenhauses entlang.
    Bald stand Anya vor dem Fahrstuhl zum Parkhaus und wartete darauf, dass die Kabine ihr Stockwerk erreichte. Ein Geist schlurfte den Gang entlang in ihre Richtung und zerrte einen Infusionsständer hinter sich her. Es war ein gebeugter, älterer Mann, das Gesicht voller unregelmäßiger Bartstoppel, die Augen trübe vor Trunkenheit.
    »Hey, Lady«, lallte der Geist. »Hamse mal 'nen Dollar?«
    Anya ignorierte ihn und drückte erneut den Rufknopf für den Fahrstuhl. Sparky rollte sich fauchend um ihre Füße.
    »Hey, obse 'nen Dollar haben, hab ich gefragt.«
    Anya starrte nur die Stahltür an und beschwor sie, endlich aufzugehen. Die Zahl, die über der Tür aufleuchtete, verriet, dass die Kabine noch zwei Stockwerke entfernt war. Anya verschränkte die Arme vor der Brust und verweigerte jeden Blickkontakt. Zorn brodelte in ihrer Brust. Warum konnte dieser Geist sie nicht einfach in Ruhe

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