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Flammenzorn

Flammenzorn

Titel: Flammenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bickle
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gelben Notizblock schwebte. Die Haut zwischen ihren Schulterblättern kribbelte, als sie zusah, wie ihre Hand über die Seite flog, ohne dass sie sie bewusst gesteuert hätte. Ihre minutiösen Aufzeichnungen über Ferrers Immobilienkäufe wurden zu krakeligen Schlingen, die schließlich in kindliches Gekritzel übergingen, welches besagte:
    ICH. ICH. ICH. ICH.
    Mimimimimimimimimimimimi ...
    Sie zwang ihre Hand, aufzuhören, nagelte sie mit der Linken auf der Tischplatte fest. Mit weiß angelaufenen Knöcheln ließ sie ganz langsam wieder los. Der Stift setzte sich wieder in Bewegung und schrieb:
    ICH.
    Mimi.
    Von so etwas hatte sie bereits gehört: automatisches Schreiben. Manche Medien konnten mit Geistern kommunizieren, indem sie ihnen die Nutzung ihrer Hände überließen. Anya hatte dergleichen nie getan; sie hatte es einmal gesehen, aber sie fand es unheimlich. Endlich gewann sie ihre Stimme wieder. »Mimi, bist du das, du Luder?«
    Das Gekritzel brach ab. Hallo, Anya. Kein Grund, gleich so streitlustig zu werden.
    »Was willst du?«
    Weißt du, du könntest etwas Handcreme brauchen. Deine Haut sieht furchtbar aus.
    »Solltest du nicht in irgendeiner Unterwelthölle schmoren?«
    Nun ja, behördliche Einrichtungen sind gewissermaßen eine instutionelle Hölle. Zählt das?
    »Ich bin wirklich überrascht, wie gebildet du auftreten kannst, Mimi. Die meisten Dämonen von deiner Sorte können höchstens eine Scheibe über ein Ouija-Brett ziehen.«
    Das macht Spaß. Besonders bei Pyjamapartys. All diese jungen Mädchen mit ihren brennenden Fragen über ihre Möchtegern-Lover ... köstlich. Aber es macht nicht annähernd so viel Spaß, wie dir über die Schulter zu gucken.
    »Warst du das, da in dem Verhörzimmer?« Sie dachte zurück an die Stimme, die sie ermutigt hatte, Ferrer zu foltern.
    Er ist süß. Du solltest ihn eingehender befragen.
    »Nein, danke, ich rühre Verdächtige nicht an.«
    Der ist wenigstens bei Bewusstsein. Nicht so wie dieser verkümmerte Kahlkopf im Krankenhaus.
    Zorn wallte in Anya auf. »Fick dich, Mimi.«
    Gern. Aber du solltest es versuchen. Vielleicht gefällt es dir.
    Der Stift kam zur Ruhe.
    Anya suchte tief in ihrem Inneren nach dem brennenden Herzen, das Geister verzehrte. Der Reaktor in ihr zündete, und sie schaute nach außen, suchte nach diesem ärgerlichen kleinen Dämon, der immer noch einen Fuß in der physischen Welt zu haben schien. Nie zuvor war sie daran gescheitert, einen Dämon vollständig zu konsumieren, aber sie nahm an, dass so etwas möglich war, wenn der Dämon stärker war, als sie es erwartete. Sie strich mit der flachen Hand durch die Luft und suchte den Dämon, um den Job zu Ende zu bringen. Sie fühlte nichts, keine säuerliche Präsenz, keinen Schatten von Mimi, der über ihrem Schreibtisch aufragte.
    Sie nahm den Stift wieder in die Hand. »Wo bist du, Mimi?«
    Der Stift regte sich nicht.
    »Mimi, antworte mir. Wo bist du?«
    Doch der Stift zeigte noch immer keine Reaktion. Entweder Mimi war gegangen, oder ihr war nicht mehr nach Reden zumute.
    Anya schauderte. Getrieben von dem Drang, sich die Hände zu waschen, ging sie über den Korridor zur Damentoilette. Grüne U-Bahn-Fliesen, verlegt im typischen Rechteckverband, verbreiteten eine beruhigende, wenn auch arg nüchterne, behördentypische Stimmung. Sie pumpte die ganze rosafarbene Flüssigkeit aus dem Seifenspender in ihre Hände und wusch und wusch, bis kein heißes Wasser mehr kam und ihre rechte Hand stark gerötet und wund war. Zum Teufel mit ihrer Haut. Sie wollte sich den Gestank des Dämons abwaschen, ganz gleich, wie viel Wasser und Seife dafür nötig waren.
    Sie schaute in den Spiegel. Ihr Spiegelbild versetzte ihr einen Schrecken. Sie sah zu ausgezehrt aus, zu blass. Die Antibiotika, die sie gegen die Infektion nehmen sollte, zeigten noch keine Wirkung. Sie wünschte sich nichts mehr, als nach Hause zu gehen und ins Bett zu kriechen.
    Aber sie wusste, sie musste sich Hilfe holen. Nicht von der Feenärztin, sondern von jemandem, der sich mit spirituellen Erkrankungen auskannte.
    Doch sie hatte ihre Kontakte zu den DAGR abgebrochen. Da war niemand mehr, den sie fragen konnte ... also würde sie wohl allein zurechtkommen müssen.
    »Danke, dass Sie bereit waren, mich zu empfangen, Hochwürden.«
    Der ältliche Pfarrer saß auf einer der hinteren Kirchenbänke der St. Florian Catholic Church in Hamtramck. Diese Kirche strahlte eine ganz andere Erhabenheit aus als die gotisch-moderne Katedrahle, die

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