Flammenzungen
angerufen und war nur bei ihm gelandet, weil Carly außer Haus war? Oder hatte sie seine Nummer direkt gewählt, um nicht bei Gavin zu landen? „Wo bist du?“
„Irgendwo. Weiß nicht. Ich war in seinem Keller. Ketten ...“ Die Worte überschlugen sich fast, so aufgeregt sprach sie. „Der Irre steht auf Ketten. Hab sie doppelt genommen, ihm damit ins Gesicht geschlagen.“
„Wo bist du jetzt?“
Ihr klapperten die Zähne, während sie überlegte. „Oben“, antwortete sie schließlich und klang verwirrt. „Ich hab ein Handy gefunden, eins zum Wegwerfen.“
„Renn weg, Kimora!“ Es machte Lorcan verrückt, nicht bei ihr zu sein. Sie schien vom Schock wie gelähmt und konnte nicht klar denken.
„Ich kann nicht. Er hat meine Fußsohlen verbrannt. Mit einem Leuchtstab. Bin die Treppe hochgekrochen.“ Sie keuchte, als hätte sie große Schmerzen. „Kann kaum stehen.“
„Du schaffst das.“ Verzweifelt brüllte er: „Lauf!“
Sie wimmerte. „Komm mich holen. Ohne dich bin ich verloren.“
Kein Wort von Gavin, fiel ihm auf. Ein finsterer Gedanke regte sich in ihm, aber er ignorierte ihn, denn er war zweitrangig. „Du musst fliehen, und zwar sofort.“
Plötzlich gellte ihr Schrei durch den Hörer. So schrill, dass sich Lorcans Nackenhaare aufstellten und sein Ohr klingelte. In der nächsten Sekunde war die Leitung tot.
„Nein, nein, nein!“, wiederholte er immer wieder.
Sein Brustkorb krampfte sich so stark zusammen wehtat. Er bekam kaum Luft. Seine Augen wurden feucht. Auf Entsetzen folgte Wut, auf Wut folgte Verzweiflung. Er drückte den Hörer so fest, dass die beiden Schalen auseinanderbrachen. Bevor das elektronische Innenleben auf den Tisch fallen konnte, hörte er auf. Bestürzt starrte er auf den zerstörten Apparat. Was, wenn Kimora noch einmal anrief? Dann würde sie ihn nicht erreichen, weil er sein Telefon kaputt gemacht hatte.
Er drehte sich um und wollte gerade hinaus zu Carlys Schreibtisch laufen, um die Umleitung herauszunehmen, als die beiden Polizisten in sein Büro gestürzt kamen und sich auf ihn warfen. Grob drückte einer seinen Oberkörper auf den Tisch, drehte ihm seine Arme auf den Rücken und legte ihm Handschellen an. Als Lorcan überrascht und verwirrt umherschaute, sah er, dass der zweite Cop eine Waffe auf ihn gerichtet hatte.
Was war hier los? Hatten sie den Anruf von Kimora getürkt? So herzlos konnten nicht einmal die scheiß Bullen sein. Wenn das Telefonat fingiert gewesen war, so war er nicht in ihre Falle getappt. Was sollte diese Farce also?
„Lorcan MacConmara, wir verhaften Sie wegen des dringenden Tatverdachts, Kimora Buckley ermordet zu haben“, sagte der Polizist hinter ihm erfreuter, als angebracht war.
„Sie ist nicht tot.“ Lorcan versuchte sich aufzurichten, aber der Mann drückte ihn zurück auf die Tischplatte. „Sie hat mich gerade angerufen.“
„Ja, sicher. Was für ein Zufall!“
Es schockierte ihn, dass man ihm nicht glaubte. Sollten Polizisten nicht jedem Hinweis nachgehen? „Ich schwöre es. Prüfen Sie den letzten Anruf.“
„„Das machen wir sowieso.“
„Sie müssen es sofort machen.“ Er erschrak über seinen weinerlichen Ton.
Der Mann hinter ihm knurrte und lehnte sich über ihn. „Niemand schreibt uns vor, wie wir unsere Arbeit zu machen haben, besonders kein Mörder.“
„Kimora wird irgendwo gefangen gehalten. Sie lebt!“ „Das können Sie alles auf dem Revier beichten.“ Beichten? Lorcan blieb die Spucke weg. Aber er wollte jetzt nicht darüber diskutieren, dass er vor dem Gesetz als unschuldig galt, bis das Gericht ihn verurteilte. Das war jetzt nicht wichtig. „Bis dahin könnte sie schon tot sein.“ „Das käme Ihnen gelegen, nicht wahr? Dann könnte die Vermisste nicht mehr gegen Sie aussagen.“
„Glauben Sie meinetwegen, was Sie wollen, aber ich bitte Sie, verfolgen Sie den letzten Anruf zurück“, bettelte Lorcan. „Das Leben von Mrs Buckley hängt davon ab.“
„Das vermeintliche Telefonat mit ihr haben Sie doch eh arrangiert.“ Das letzte Wort des Cops troff vor Ironie. „Lassen Sie mich raten, Sie wurden von einem Wegwerfhandy angerufen? Das ist doch Ihre Masche. Welcher Ihrer Freunde hat Ihnen dabei geholfen? Oder haben Sie Ihre eigene Nummer gewählt und das Telefon danach aus dem Fenster geworfen?“
In diesem Moment zog der Cop Lorcans Oberkörper hoch. Lorcans Blick fiel auf Gavin, der hinter dem Polizisten mit der Waffe stand, und schöpfte Hoffnung. Doch sie verpuffte
Weitere Kostenlose Bücher