Flammenzungen
Nabil?“
„Ich weiß noch so einiges mehr.“ Es bereitete ihr eine diebische Freude, ihn zappeln zu lassen. Sie machte ihn langsam nervös, das erkannte sie am Spiel seiner Bizepse, die er immer wieder kurz anspannte.
„Kennst du meine komplette Liste mit Verdächtigen?“ Sorgenfalten traten auf seine Stirn.
Das war bestimmt nur ein Bluff, um sie zu verunsichern. Sie ging nicht darauf ein. „Bei deinem Vorhaben diente ich nur dazu, dir ein behagliches Nest bereitzustellen und die Beine für dich breit zu machen.“
„Sag so etwas nicht!“ Blitzschnell stand er vor Amy, packte sie bei den Oberarmen und schüttelte sie sanft. „Nabil war unter anderem der Grund. Aber ich wäre niemals mit dir intim geworden, wenn ich dich nicht attraktiv gefunden hätte. Du erregst mich mit deiner Art.“
„Mit meinem Kleinstadtimage, sag es ruhig“, spöttelte sie und riss sich los. „Wolltest du es zerstören, das weiße Kleid beschmutzen und den Heiligenschein herunterreißen? War es das, was dich reizte?“
„Red keinen Unsinn! Du steigerst dich in etwas hinein.“ Er machte eine wegwerfende Geste. „Als ich sagte, ich habe mich in dich verliebt..."
„Davon will ich nichts hören.“ Sie wandte sich von ihm ab, nur um sich sofort wieder zu ihm zu drehen und ihn grimmig anzublinzeln. „Du setzt deine Flammenzunge nicht nur beim Liebesspiel ein, sondern nutzt sie auch, um mir mit Worten meinen Verstand zu rauben. Deine aufgesetzte Leidenschaft prallt ab sofort an mir ab!“ Seltsamerweise tat ihr diese Abfuhr selbst weh.
Lorcan raufte sich die Haare, brachte wieder etwas Abstand zwischen sich und Amy und setzte sich auf die Sofalehne. „Es ist meine Schuld. Ich habe alles verdorben. Es tut mir aufrichtig leid. Wenn ich könnte, würde ich es ungeschehen machen, aber das kann ich nicht.“
„Das ist wohl wahr, denn es geht nicht nur darum, wie du mich dazu gebracht hast, dich mit zu mir nach Hause zu nehmen.“ Als wäre sie plötzlich zu kraftlos, um aufrecht zu stehen, beugte sie sich vor und stützte sich auf den Oberschenkeln ab. War das ein erstes Zeichen für den mit Sicherheit bevorstehenden Nervenzusammenbruch? Sie musste sich beeilen, bevor die Tränen flössen, denn Lorcan durfte ihre Schwäche nicht mitbekommen. „Wie ich erfahren habe, bist du stinkreich.“
„Wie bitte?“
„Gavin war gezwungen, dich bei Buckley MacConmara auszuzahlen, um dich als Geschäftspartner loszuwerden. Nun sitzt du wie Dagobert Duck auf einem Haufen Geld. Spielst du den Clochard zum Vergnügen? Macht dich das geil? Oder sollte dieses Detail ebenfalls mein Mitleid erregen, wie die Blutergüsse und die Schrammen?“
Lorcan schnalzte mit der Zunge, dann schüttelte er den Kopf. „Ich habe dir die Wahrheit gesagt. Als ich aus der Vollzugsanstalt entlassen wurde, stand ich vor dem Nichts. Meine Freunde hatten sich von mir abgewandt, meine Wohnung war sogar schon neu vermietet worden, obwohl der Wohnungsbesitzer das rechtlich gar nicht gedurft hätte. Meine Möbel hatte er in ein angemietetes Lager gebracht, die Rechnung dafür schickte er mir auch noch zu. Ich habe den ganzen Plunder verschenkt. Zu dem Zeitpunkt war mir alles egal.“ Er sprach immer leiser. „Gavin wollte mich unter keinen Umständen weiter in der Immobilienfirma haben, und ich nehme ihm das nicht übel. Ich hätte an Stelle genauso reagiert. Fertig mit meinem alten Leben, unterschrieb ich den Vertrag, den sein Anwalt mir vorlegte. Ich hätte auch unterzeichnet, wenn ich kein Geld bekommen hätte. Gavin hat viel mehr verloren als ich.“
„Aber du schließt nicht aus, dass er etwas mit Kimoras Entführung zu tun hat“, warf sie skeptisch ein.
„Leider ja, die Möglichkeit besteht.“ Gedankenversunken kraulte er seinen frisch gestutzten Kinnbart. „Ich habe das Konto nie angerührt. Mir noch nicht einmal angeschaut, ob die korrekte Summe überwiesen wurde. Es interessiert mich einfach nicht im Geringsten. Vielleicht klebt Kimoras Blut daran. Ich werde mich erst damit beschäftigen, wenn ich sie gefunden habe, tot oder lebendig.“
Er flunkerte doch schon wieder. Wie sollte er ihr so schnell in die NO Public Library gefolgt sein, wenn er seinen alten Wagen nicht noch besaß? Er hatte von seiner Wohnung und seinen Möbeln gesprochen, aber sein Auto nicht er wähnt, vermutlich weil er noch damit unterwegs war. Für ein Fahrzeug brauchte man Sprit, und um Benzin zu kau fen, benötigte man Geld. Aber Lorcan bezog keine Unter stützung vom Staat,
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