Flammenzungen
Amy konnte es nicht fassen! Womöglich besaß er irgendwo im Mississippidelta ein Penthouse, und sein Mercedes parkte in der Tiefgarage, während er ihr vorgaukelte, ein armer Schlucker zu sein, dem das Leben verdammt übel mitgespielt hatte.
Und sie war ihm auf den Leim gegangen.
Sie hatte ihm abgenommen, dass er alles verloren hatte - seine Existenz, seine Freunde und seinen Ruf. Wie dumm und naiv sie gewesen war! Was musste er sich über ihre Verliebtheit, ihre Hilfsbereitschaft und ihre Sorge um ihn amüsiert haben!
Nichts von dem, was Lorcan betraf, entsprach der Wahrheit. Das hätte sie schon erkennen müssen, als sie den Indianer im Walmart getroffen und er ihr gestanden hatte, dass sein brutaler Überfall fingiert gewesen war. Sie konnte ihre Wut kaum zügeln.
„Ich kannte diesen MacConmara nicht“, fuhr Nabil fort. „Muss ein ganz schönes Schwein gewesen sein, denn es wird gemunkelt, dass Mrs. Buckley schwanger von ihm war.“
„Schwanger?“ Ihr Herz rutschte ihr in die Hose. Diese Neuigkeit traf sie wie ein Schlag. Hatte er seine Geliebte umgebracht, weil er das Kind nicht wollte? Oder weil Kimora angekündigt hatte, ihrem Mann den Seitensprung zu beichten? Amy fühlte sich, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen.
Doch schon im nächsten Moment ballte sie die Fäuste und stapfte zornig zu ihrem Auto. „Na warte!“ Boxer hin oder her, sie würde ihn hochkant rauswerfen und ihm dabei noch kräftig in den Hintern treten.
In rasantem Tempo fuhr sie wie von Sinnen von New Orleans nach Waggaman und rannte den kleinen Weg zu ihrem Haus hoch. Polternd trat sie ein und fegte wie ein Tornado durch das Wohnzimmer. Sie knallte die Tür zu. Aufbrausend warf sie ihre Tasche gegen die Vitrine. Das Porzellan ihrer Großmutter, das darin ausgestellt war, schepperte.
Lorcan saß auf dem Sofa. Er zog die Brauen zusammen und legte das Magazin aus der Hand auf den Platz neben sich.
Breitbeinig stellte sich Amy vor ihn. „Raus aus meinem Haus, und zwar sofort!“
26. KAPITEL
August dieses Jahres
Waggaman, Shotgun House
„Beruhige dich erst einmal. Du bist ja völlig außer dir.“ Lorcan erhob sich und kam auf Amy zu, aber sie riss abwehrend beide Hände hoch. Stirnrunzelnd blieb er zwischen Couch und Tisch stehen. „So kenne ich dich gar nicht.“
„Dass auch in mir Feuer tobt, passt so gar nicht zu dem Bild, das du dir von mir gemacht hast, nicht wahr?“, fragte sie sarkastisch. „Auf dem bin ich doch in unschuldiges Weiß gehüllt und trage einen Heiligenschein.“
Er lächelte frivol. „Von deiner schmutzigen Seite weiß ich nicht erst seitdem du mir von Dixie erzählt hast.“
Nichts lag ihr ferner, als jetzt über Sex zu sprechen. Er wollte nur ablenken und sie auf andere Gedanken bringen.
Amy bebte vor Zorn. Sie fühlte sich nicht nur ausgenutzt, sondern vor allen Dingen verletzt und erniedrigt. Bald würde sie nur noch ein Häufchen Elend sein und hemmungslos weinen. Unter keinen Umständen wollte sie ihm die Genugtuung geben, sie am Boden zu sehen. Sie musste stark sein wie eine Amazone, wenn auch nur für den Moment. Musste ihm die Meinung geigen und ihn vor die Tür setzen, weil sie zu all dem keine Kraft mehr haben würde, wenn sie erst einmal zusammengebrochen wäre.
Anscheinend sah er ihr an, dass sie sich erst beruhigen würde, wenn sie herausgelassen hatte, was sie gegen ihn aufbrachte. „Was ist passiert?“
„Du bist passiert“, spie sie ihm wild gestikulierend vor die Füße. „Alles, was dich betrifft, war gelogen.“
Er schwieg und wirkte betroffen. Oder wurde er sich bewusst, dass alle seine Lügen aufgedeckt waren und sein Plan, sie als Basislager mit Wohlfühlfaktor zu nutzen, gescheitert war?
„Ich habe deinen Sparringspartner aus dem Jefferson Parish Correctional getroffen.“ Mit Genugtuung beobachtete sie, wie er überrascht seinen Mund öffnete. „Der Indianer hat mir von eurer kleinen Scharade erzählt.“
Seine Kiefer mahlten. „Es tut mir leid. Ich..." „Spar dir deinen Atem. Ich habe keine Lust auf Ausflüchte und Heucheleien.“ Sie war selbst erstaunt, wie leicht es ihr mit einem Mal fiel, die Karten auf den Tisch zu legen und ihm die Stirn zu bieten. Ihr Zorn machte das möglich. Sie ließ ihm freien Lauf, denn er taugte als Zündstoff. „Hast du dich wirklich nur bei mir eingeschlichen, um Gavin und Nabil in Ruhe ausspionieren zu können?“
Er kam auf sie zu, hielt jedoch inne, als sie zurückwich.
„Woher weißt du von
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