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Flandry 2: Höllenzirkus

Flandry 2: Höllenzirkus

Titel: Flandry 2: Höllenzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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nicht sehr viel.
    An die Wochen unter Ydwyrs … Anleitung? … erinnerte sie sich nur noch undeutlich. Oft war es schwierig oder sogar unmöglich, die Wirklichkeit und die Träume aus dieser Zeit zu trennen. Später hatte sie allmählich wieder zu sich zurückgefunden. Nur war sie nicht mehr derselbe Mensch. Die alte Djana war vernarbt gewesen, verängstigt, gierig in dem Verlangen, das eine innere Leere zu füllen sucht, allein in der Einsamkeit, in der man nicht zu lieben wagt. Die neue Djana war … nun, sie versuchte herauszufinden, wer sie war. Sie war ein Mensch, der wandern ging und stehen blieb, um sich am Scharlachrot einer spät blühenden Blume zu erfreuen. Jemand, der aus aufrichtig animalischen Motiven hoffte, dass Nickys Expedition bald vorüber sein würde, und Tagträumen nachhing, dass sich zwischen ihnen etwas Dauerhaftes entwickeln würde. Gleichzeitig glaubte sie aber nicht mehr daran, dass sie ihn oder sonst jemanden brauchte, um sie vor Ungeheuern zu beschützen.
    Vielleicht gab es auch gar kein Ungeheuer. Gefahren natürlich, aber Gefahren können einem nichts Schlimmeres zufügen, als einen zu töten, und bei den Vachs hieß es: »Wer keinen Respekt von dem Tod hat, der achtet auch das Leben nicht.« Nein, Augenblick, sie war in der Tat Ungeheuern begegnet – damals im Imperium. Doch wenn Djana nun an sie dachte, krümmte sie sich nicht mehr innerlich zusammen, sondern sah, dass man sie unter dem Absatz zertreten musste, bevor sie die Guten vergifteten, Wesen wie Ydwyr und Nicky, Ulfangryf und Avalrik und … nun ja, na schön, in gewisser Weise, auf seine Art auch Morioch …
    Der Wind rührte sich und liebkoste Djanas Haut, die von weniger Kleidung bedeckt wurde, als sie früher an einem Tag wie diesem benötigt hätte. Gelegentlich versuchte sie die geflügelten Geschöpfe herbeizurufen, die sie sah, und zweimal hatte sie Erfolg damit; ein bunter Gast saß auf ihrem Finger und schien damit zufrieden zu sein, bis sie ihm sagte, er möge sich weiter auf den Winterschlaf vorbereiten. Ihre Kraft zu benutzen fühlte sich für sie an, als sei sie wieder ein Kind – das sie gewesen war, hin und wieder und immer nur kurz –, und dabei wünschte sie sich dann etwas von ganzem Herzen. Ydwyr vermutete, dass es sich um eine Abart der projektiven Telepathie handele, deren sporadisches Auftreten in ihrer Spezies zu Legenden von Geas, Fluch und Zauberbann geführt habe.
    Aber ich kann es so gut wie nie kontrollieren, und es ist mir auch egal. Ich möchte kein Übermensch sein. Ich bin zufrieden, wenn ich nur eine Frau bin – eine vollwertige Frau, egal welcher Spezies –, und das ich das bin, verdanke ich Ydwyr.
    Nur, wie kann ich ihm dafür danken?
    Der Hof der Anlage war verlassen, als Djana ihn betrat. Wahrscheinlich freundete sich das gesamte Personal der Basis gerade mit der Schiffsbesatzung an. Die Dämmerung brach herein; die Kälte nahm von Minute zu Minute zu; der Wind wurde lauter, und die Sterne blinkten. Djana eilte in ihr Zimmer.
    Der Interkombildschirm war erleuchtet. Sie drückte die Wiederholtaste. Sie hörte: »Melden Sie sich sofort nach Ihrer Rückkehr im Büro des Datholchs«, gefolgt von einer Uhrzeit, die nach merseianischer Rechnung schon eine Stunde vorüber war. Das waren beinahe vier terranische; die Merseianer unterteilten ihren Tag nach dem Dezimalsystem.
    Djanas Herz machte einen Satz. Sie bediente die Konsole, wie sie es getan hatte, wenn die Albträume gekommen waren. »Sind Sie da, Ydwyr?«
    »Sie hören mich«, sagte die beruhigend nüchterne Stimme, mit der er bisweilen sprach. Mittlerweile benötigte Djana den Computer nur noch selten zur Übersetzung.
    Sie eilte durch leere Korridore zu ihm. Aus der Ferne hörte sie rauen, schwungvollen Gesang. Wenn Merseianer einmal feierten, dann war es wahrscheinlich, dass sie sich mit aller Kraft dem Gelage ergaben. Als der Vorhang seiner Tür hinter ihr zufiel, schloss er die Laute aus.
    Schwer atmend hielt Djana die Faust vor die Brust. Ydwyr erhob sich von dem Schreibtisch, an dem er gearbeitet hatte. »Kommen Sie«, forderte er sie auf. Die graue Robe flatterte hinter ihm.
    Als sie verschwiegen zwischen Fackeln und Schädeln saßen, beugte er sich im Halbdunkel zu ihr vor und hauchte, sodass jedes einzelne Wort das Haar um ihr Ohr rührte:
    »Das Schiff hat eindeutige Befehle gebracht. Sie sind in Sicherheit. Man interessiert sich nicht für Sie, vorausgesetzt, Sie übermitteln den Terranern nicht die Informationen, die

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