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Flandry 2: Höllenzirkus

Flandry 2: Höllenzirkus

Titel: Flandry 2: Höllenzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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stand G’ung alleine da. Schwerfällig spähte er ins Halbdunkel, und schwerfällig schlurfte er näher, um das Tor zu schließen, das im Eingang montiert war. Es bestand aus Fellen, die auf ein Holzgerüst gespannt waren, und wurde verschlossen, indem man eine Lederschlaufe über einen Pfosten legte.
    » Ngugakathch« , murmelte er wie jemand, der im Schlaf spricht. »Shoa t’kuhkeh.« Aus dem Computer drang keine Übersetzung; das Gerät kannte diese Wörter nicht. Eine Zauberformel, ein Gebet, ein Segen, oder nur Laute? Wie viele Jahre würde es dauern, bis die Bedeutung offenbart werden würde?
    »Am besten gehen wir«, wisperte ein Merseianer, der in Nebel und Dunkelheit nur schattenhaft zu sehen war.
    »Nein, wir können den Riegel lösen, wenn sie bewusstlos sind«, entgegnete der Expeditionsleiter leise. »Von außen lässt er sich wieder schließen; der Spalt ist breit genug, um hindurchzugreifen. Schauen Sie zu. Sehen Sie es sich genau an. Noch nie hat jemand etwas Ähnliches beobachtet.«
    Ein Kameraobjektiv leuchtete auf.
    Sie würden schlafen, diese mächtigen, freundlichen Geschöpfe – überlegte Flandry –, mehr als ein Terrajahr Eiszeit würden sie durchschlafen. Nein, nicht im üblichen Sinne schlafen würden sie, sondern überwintern: Kaum lebendig, komatös, würden sie mit dem Brennstoff ihres Körpers so haushalten, wie ein Mensch in endloser Dunkelheit mit seiner einzigen Lampe haushielt. Über eine Kette chemischer Reaktionen, welche die Merseianer noch nicht ergründet hatten, löste dann ein scharfer Stimulus das Erwachen aus; und die mörderische Wut, die folgte, war ein Überlebensmechanismus, um jede Gefahr zu beseitigen und wieder zur Ruhe zu finden, bevor zu viele Reserven verbraucht waren. Auch ungestört würden nicht wenige von ihnen nie wieder erwachen.
    Als Erste kamen die schwangeren Frauen zu sich. Sie reagierten schon auf die schwache Wärme des Frühlingsanfangs und zogen in die Stürme und Fluten dieser Jahreszeit hinaus. Mit vereinten Kräften ernährten sie sich von der Nahrung, die sie fanden, ohne mit ihren Stammesgenossen konkurrieren zu müssen. Diese erwachten erst bei höheren Temperaturen wieder, wenn das rasante Pflanzenwachstum schon eingesetzt hatte. Ausgezehrt und reizbar kamen sie aus den Höhlen und machten wenig außer zu essen, bis sie wieder zugenommen hatten.
    Dann trafen sich – zumindest auf diesem Teil des Kontinents – die Stämme an verabredeten Stellen miteinander. Das Fastenbruchfest wurde abgehalten, eine religiöse Zeremonie, die auch persönliche Beziehungen unterhielt und Gelegenheit bot, neue zu knüpfen.
    Danach gingen die Stämme auseinander. Die Küstenbewohner suchten die Uferstreifen auf, wo die steigende Meereshöhe und das schmelzende Eis Marschen erzeugte, wo es vor Leben nur so wimmelte. Die Binnenländer suchten und jagten im Dschungel, dessen Wachstum man fast von einem Tag auf den anderen beobachten konnte. Die Neugeborenen kamen zur Welt.
    Der Hochsommer brachte die Wair- Wurzeln und anderes Gemüse zur Reife, und Land- wie Wassertiere waren ausgewachsen und fett. Die Sommerhitze schenkte den Domrath die volle Kraft und Erfindungsgabe, die sie brauchten, denn nun mussten sie beginnen, Nahrung für den Herbst zu sammeln. Die Frauen, die durch die Kinder stärker ans Haus gefesselt waren als die Männer, wurden die wichtigsten Vermittler der existierenden Kultur.
    Herbst: Rückzug zu den Winterschlafhöhlen; Ruhe, Lustbarkeit, Gelage, Vermehrung.
    Winter und der lange Schlaf.
    G’ung nestelte ungeschickt am Tor. Neben ihm lehnte ein Speer mit Steinspitze an der Wand. Wie lange leben sie schon so, gefangen in diesem Kreislauf?, sinnierte Flandry. Werden sie sich je daraus befreien? Und wenn, was dann? Erstaunlich, wie weit sie mit diesem Handicap gekommen sind. Schüttelt die Fesseln des Talwin-Jahreszyklus ab … irgendwie … und dann, tja, dann könnte es gut sein, dass die neue dominante Spezies in diesem Teil der Milchstraße ein bisschen wie der gute alte Gott Ganesh aussieht.
    Sein Kommunikator und die der Merseianer sagten mit Cnif hu Vandens Stimme: »Dominic Flandry.«
    »Still!«, hauchte der Expeditionsleiter.
    »Ah, ich werde rausgehen«, bot der Terraner an. Er schlüpfte durch das Tor, das sich knarrend schloss, und stand allein auf dem Sims. Nebel wirbelte umher und durchtränkte, was er berührte. Die Dunkelheit zog heran. Die Kälte wurde noch größer.
    »Schalten Sie auf örtliches Band, Cnif«, bat er,

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