Flandry 4: Ehrenwerte Feinde
gesetzgebende Versammlung, Captain. Als die Lichtherrin funkte, dass Ihr zu uns unterwegs seiet, nahmen wir an, der Mord an Seiner Exzellenz sei der Grund Eures Kommens, denn die Nachricht davon war schon um die ganze Welt gegangen. Weil die Angelegenheit ernst ist, habe ich unsere obersten Räte sowohl vom Haus der Männer als auch dem Kongress der Frauen hierher gebeten.«
Ein Rascheln und Murmeln ging durch die grünen Säulen unter dem grünen Meer. Es signalisierte Distanz und mürrisches Abwarten. Diese Leute waren keine Berufspolitiker, wie Terra sie kannte. Sie waren die Honoratioren von Jairnovaunt: Aristokraten und Schiffseigner, welche ihren Sitz ex officio erhielten, dazu ein Anteil von Schiffsoffizieren, die vom Unterhaus gewählt wurden. Selbst die Adligen versahen Aufgaben – Tessa Hoorn etwa hatte nicht das Recht, sondern die Pflicht ererbt, im Gebiet der Riffe, das Klein-Skua genannt wurde, Lichtschiffe zu unterhalten, um die Kommunikation aufrechtzuerhalten. Sie alle hatten sich öfter Stürmen und Meeresraubtieren gestellt als debattiert.
Flandry sagte gleichmütig: »Bei meinem Besuch geht es um mehr als nur um einen Mord, Sir und Edle. Dass ein Resident von einer verstimmten Einzelperson getötet wird, kommt vor und gehört zum Berufsrisiko. Ich glaube aber nicht, dass eine lebende Seele Bannerji persönlich gehasst hat. Und das ist das Verdammenswerte daran!«
»Wollt Ihr Verrat andeuten, Sir?«, fragte Inyanduma mit tiefer Stimme.
»Allerdings, Sir. Mit mehr als nur einem Beweis. Könnte mir jemand den Weg zu einer Familie namens Umbolu weisen?«
Ein Raunen ging durch die Räte von Jairnovaunt. Dann trat ein junger Mann vor – ein riesiger junger Mann mit dem Gang eines Löwen, schroffen Zügen und einer Narbe auf der Wange. »Aye«, sagte der Mann so laut, dass es durch den Saal hallte. »Derek Umbolu ist mein Name, des Krakenfängers Bloemfontein Kapitän. Tessa, was führst du einen verdammten Impy zu uns?«
»Genug!«, fuhr Inyanduma ihn an. »Wir werden hier Courtoisie walten lassen.«
Tessa erwiderte dem Giganten laut: »Derek, Derek, fliegend hätte er uns binnen einer Stunde erreicht! Und wir nähren die Rebellion nicht …« Ihre Stimme verebbte; sie wich vor Umbolus sengendem Blick zurück, riss die Augen auf, und eine Hand stahl sich vor ihren Mund. Die unausgesprochene Frage zitterte in der Luft: Oder?
»Sie sollen sich von uns fernhalten!«, knurrte Derek Umbolu. »Den Tribut leisten wir, und die verdammte Pax halten wir, wenn sie uns unsere alte Lebensweise gönnen. Aber sie tun es nicht!«
Allgemeines Entsetzen breitete sich aus, und Flandry trat vor. »Ich fühle mich nicht beleidigt«, erklärte er. »Aber ich mache auch keine Politik. Ihre Beschwerden gegen die lokale Verwaltung sollten Sie dem Provinzgouverneur vorle …«
»Dem mörderischen Quog!« Derek spie den Namen förmlich aus. »Ich habe von Brae gehört, und nicht nur davon.«
Da Flandry die Beschreibung für ausgezeichnet hielt (er setzte voraus, dass ein Quog kein liebenswertes Tier war), sagte er rasch: »Ich muss Sie vor Majestätsbeleidigung warnen. Und nun möchte ich gerne meine Pflicht erfüllen. Sie ist auch für mich nicht sonderlich angenehm. Kapitän Umbolu, sind Sie mit einem kaiserlichen Marineinfanteristen namens Thomas verwandt?«
»Aye. Ich habe einen jüngeren Bruder, der sich für fünf Jahre verpflichtet hat.«
Flandrys Ton wurde sanft. »Es tut mir leid. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie ein so naher Verwandter sind … Thomas Umbolu fiel im Einsatz auf Brae.«
Derek schloss die Augen. Eine große Hand umklammerte das Heft seines Messers, das in der Scheide am Gürtel hing, bis ihm das Blut unter den Fingernägeln hervorquoll. Dann blickte er wieder in die Welt und sagte mit belegter Stimme: »Ihr kamt schneller hierher als die offizielle Nachricht, Captain.«
»Ich sah ihn sterben«, berichtete Flandry. »Er ging als tapferer Mann.«
»Ihr habt nicht das All durchquert, nur um einem Kolonialen dies mitzuteilen.«
»Nein«, gab Flandry zu. »Ich würde in nächster Zeit gern mit Ihnen unter vier Augen sprechen. Und mit seinen anderen Verwandten.«
Die breite schwarze Brust pumpte Luft, und die harten Finger krümmten sich zu Klauen. Derek Umbolu rief rau: »Meinen Vater sollt Ihr mit Euren Teufeleien nicht quälen oder uns mit Euren Heimlichkeiten beschämen. Fragt hier, offen und vor allen!«
Flandrys Schultermuskeln spannten sich, als rechne er damit, von einer Kugel
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