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Flandry 4: Ehrenwerte Feinde

Flandry 4: Ehrenwerte Feinde

Titel: Flandry 4: Ehrenwerte Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Sie vergessen hätten, was Ihre Vorfahren noch wussten. Ich bin gerade Amateuringenieur genug, um zu erkennen, dass Ihre merkwürdig aussehenden Segel aerodynamische Wunder sind; ich bin sicher, der paraboloide Klüver nutzt in vorbedachter böser Absicht den Venturi-Effekt aus. Ihre Sprache ist etwas archaisch, aber semantisch effizient. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die naturbeflissenen Dichter bei Hofe über Ihre Lebensweise ganz aus dem Häuschen geraten würden. Und seekrank würden sie auch, sollten sie es ausprobieren, aber das ist eine andere Geschichte … Deshalb«, fuhr er nüchtern fort, »tut mir Hurri Chundra Bannerji, der sich Mühe gab und für Ihre ehrgeizigeren jungen Leute Kontakte nach außerhalb des Sonnensystems knüpfte, Wellenbrecher bauen ließ, Impfstoffe bestellte und trotzdem nie in Ihre Clubs gebeten wurde, doch erheblich mehr leid als Sie.«
    Tessa Hoorn blickte über die Seite ins weißschäumende purpurne Wasser und sagte sehr leise: »Das Imperium ward nie hierhergebeten.«
    »Aber auch sonst niemand. Das Terranische Imperium hat sich zuerst in dieser Region niedergelassen. Das Roidhunat von Merseia wäre ein Herr, der ganz erheblich mehr fordern würde – und sei es nur, weil es noch immer vor Kraft strotzt, expandiert, rechtschaffen und allgemein nicht korrupt ist, während Terra ganz unbeschwert das genaue Gegenteil darstellt.« Als er das sagte, sah Tessa Hoorn ihn vor Erstaunen scharf an, ganz wie er es erwartet hatte. »Da das Imperium seine Grenzen schützen muss, bleiben wir hier, es sei denn, Terra selbst wird vom Himmel gefegt. Es wäre für gewisse nyanzanische Heißsporne nicht ratsam zu versuchen, Raumschlachtschiffe zu harpunieren. Jeder, der zu solch einer kühnen Idiotie anstachelt, ist genauso sehr Ihr Feind wie meiner.«
    Tessa Hoorn sah Flandry niedergeschlagen in die Augen und fragte nach langem Schweigen: »Captain, seid Ihr je unter Wasser geschwommen?«
    »Zum Spaß habe ich schon einmal ein bisschen getaucht«, antwortete er verblüfft. Er hatte halb ehrlich und halb unaufrichtig geantwortet, ohne je genau sagen zu können, welcher Satz welcher Kategorie zuzuordnen war, und dachte, bei Tessa die richtigen Töne angeschlagen zu haben. Jetzt aber überraschte sie ihn.
    »Mehr nicht? Und Ihr steht ganz allein auf einer Welt, die sich von Euch fernhält, wo sie nicht vielleicht eine Bluttat plant? Captain, mich reut sehr, dass ich erklärt habe, Euer Volk seien Landratten.«
    Die Erleichterung traf ihn wie eine Welle der Schwäche. Flandry machte trotz der Zigarette hohle Wangen und antwortete leichthin: »Mir kann man nichts Schlimmeres antun, als mich zu erschießen, und darüber bekümmerten sich nur mein Schneider und mein Weinhändler. Haben Sie je gehört, dass der Feigling tausend Tode stirbt, der tapfere Mann aber nur einmal?«
    »Aye.«
    »Nun, nach dem achthundertsiebenundfünfzigsten Tod wurde es mir langweilig.«
    Tessa lachte, und Flandry fuhr mit dem spöttischem Geplauder fort, in dem er so geübt war, dass er sich dabei auf andere Dinge konzentrieren konnte. Nicht dass er ernsthaft damit rechnete, die Lichtherrin von Klein-Skua könnte ihm körperlich zugänglich werden; er hatte den Eindruck, es mit einem sehr züchtigen Volk zu tun zu haben. Doch die mehrtägige Fahrt nach Jairnovaunt konnte sich durch einen kleinen Bordflirt erheblich angenehmer gestalten, und erwürde deutlich mehr erfahren, als hätten seine Mitreisenden ihm feindselig gegenüber gestanden. So erkundigte er sich zum Beispiel, ob der importierte Wein, den er in der Kombüse gesehen hatte, dem einheimischen Seebeeren-Gin vorzuziehen war oder nicht. Er hatte jedoch nicht die Wahrheit gesprochen, als er für sich in Anspruch genommen hatte, ihm sei egal, ob er lebte oder starb: nicht wenn eine gut gebaute junge Frau nur in Sonnenlicht gekleidet vor ihm stand, Vollblutpferde donnernd über die Ebenen von Ilion preschten und sich auf Terra Tabakrauch duftend über Kaffee und Kognak kringelte. Doch Würze erhielten sie erst dadurch, dass es hieß: entweder sie oder die Finsternis.

 
IV
     
    Die Flut war gestiegen, als sie Jairnovaunt erreichten, und alle Felsen und die Häuser dazwischen lagen metertief unter Wasser. Das Hoorn’sche Schiff steuerte einen Kurs zwischen Wimpelbojen hindurch zu einem von mehreren verankerten Schwimmdocks. Dort wimmelte es von Seevolk. Sie prusteten zwischen den geankerten Schiffen wie Delphine oder enterten die hohen Maste wie Eichhörnchen.

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