Flandry 5: Krieger aus dem Nirgendwo
seine Stiefelsohlen zu durchdringen.
Sie hatten die Station fast erreicht, als ein Pfeifen die Luft durchschnitt. Flandry hob die schmerzenden Augen. Vier torpedoförmige Rümpfe schossen über ihnen vorbei, zuckten in Sekundenschnelle von Horizont zu Horizont: die Ardazirho auf der Jagd nach einem leeren Rettungsboot. Wenn sie die Menschen am Boden entdeckt hatten … Nein. Sie waren wieder verschwunden. Flandry versuchte zu grinsen, aber ihm platzten dabei schmerzhaft die Lippen auf.
Die Anlagen der Station befanden sich in einem Betonverschlag unterhalb des Sendeturms. Als sie durch die Tür torkelten, erschien ihnen der Schatten wie das Versprechen des Himmelreichs. Flandry öffnete eine Wasserflasche. Außer Wasser hatte er von den Vorräten des Rettungsbootes nichts mitzunehmen gewagt; Nahrung für Fremde enthielt fast zwangsläufig unbekömmliche Proteine. Seine Kehle war zu ausgetrocknet, als dass er sprechen konnte, aber er bot zuerst Kit die Flasche an, und sie trank durstig. Nachdem er ebenfalls getrunken hatte, fühlte er sich schon besser.
»An die Arbeit, Kleines«, sagte er. »Ist es nicht ein Glück, dass du für den vixenischen Wetterdienst gearbeitet hast, sodass du eine Station finden konntest und wusstest, was wir tun müssen, nachdem wir hier sind?«
»Nur weiter.« Kit versuchte zu lachen. Die Laute klangen hohl. »Du hast deinen ganzen Plan auf dieser Tatsache aufgebaut. Mal sehen. Jede Station ist mit ’nem Satz Werkzeug ausgestattet …« Sie verstummte. Die Dunkelheit in dem Verschlag war so tief gegen die wütende Helligkeit, die durch das kleine Fenster einfiel, dass er Kit fast nicht sehen konnte. »Ich kann an dem Sender basteln; das ist nicht schwer.« Langsam schlich sich Furcht in ihre Stimme. »Sicher, ich kann ihn deine Nachricht abstrahlen lassen, statt die Wetterdaten zu übertragen. Aber … jetzt fällt mir plötzlich ein … was, wenn ein Ardazirho sie hört? Oder was, wenn niemand sie mitkriegt? Ich weiß nicht mal, ob der Wetterdienst überhaupt noch Leute hat. Wir könnten hier warten und warten, ohne …«
»Nur die Ruhe.« Flandry ging zu Kit, legte ihr die Hände auf die Schultern und drückte sie. »Alles ist möglich. Aber ich glaube, wir haben die Chancen auf unserer Seite. Die Ardazirho können für etwas so Routinemäßiges und für sie Unwichtiges wie Wetterkorrektur wohl kaum Personal entbehren. Gleichzeitig sind die menschlichen Ingenieure sehr wahrscheinlich noch immer bei der Arbeit. Die Menschen machen nach dem alten Schema weiter, wo es nur geht, und kommen weiter zur Arbeit; die Hölle kann die Pforten auftun, aber die Stadt pflegt weiterhin alle Rasenflächen … Unsicher ist nur, ob der, der unseren Funkspruch empfängt, den Verstand, den Mut und die Loyalität besitzt, um entsprechend darauf zu reagieren.«
Kit lehnte sich kurz an ihn. »Und glaubst du wirklich, wir kommen hier wieder raus, vor der Nase des Feindes?«
Ein eigenartiger Schmerz stach ihm in die Seele. »Ich weiß, dass es unfair ist, Kit«, sagte er. »Ich bin ein verstockter Sünder, und das Ganze ist mein Job, aber ich habe kein Recht, den Spaß, die Liebe und die Verdienste zu gefährden, die du noch vor dir hast. Trotzdem muss es getan werden. Meine größte Hoffnung war immer, ein ardazirisches Navigationshandbuch zu stehlen. Verstehst du nicht, es verrät uns, wo Ardazir liegt!«
»Das weiß ich.« Ihr leises Seufzen ging fast im Heulen des trockenen heißen Windes hinter der Tür unter. »Wir sollten jetzt besser an die Arbeit gehen.«
Während Kit den Sender öffnete und die Schutzschaltung deaktivierte, zeichnete Flandry eine Nachricht auf: die simple Bitte, Emil Bryce zu kontaktieren und für die Rettung zweier Menschen aus Station 938 zu sorgen, die wichtiges Material für Admiral Walton bei sich hätten. Er hatte keine klare Vorstellung davon, wie das bewerkstelligt werden sollte. Ein vixenisches Flugzeug hätte nur eine geringe Chance, so weit nach Norden zu kommen, ohne entdeckt und abgeschossen zu werden. Eine Funknachricht – nein, zu leicht abzufangen, wenn man keine Richtstrahlverbindung besaß – ein Kurier zur Flotte – und wenn er verloren ging, noch einer und noch einer …
Als Kit fertig war, griff sie zur zweiten Wasserflasche. »Lieber nicht«, sagte Flandry. »Wir haben eine lange Wartezeit vor uns.«
»Ich bin völlig ausgetrocknet«, erwiderte sie rau.
»Ich auch. Aber wir haben kein Salz; ein Hitzschlag ist die eigentliche Gefahr. Indem wir so
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