Flandry 5: Krieger aus dem Nirgendwo
spürte, wie die beinahe absolute Kälte des Steins durch die Rüstung kroch und seine Haut berührte. »Das haben Sie schon oft genug versucht«, erwiderte er.
Aycharaychs Lachen war reine Musik. »Ja, ich dachte wirklich, ich hätte Ihnen in jener Nacht auf dem Kristallmond zum letzten Mal Lebewohl gewünscht. Mir erschien es wahrscheinlich, dass Sie nach Jupiter entsandt würden – ich habe Admiral Fenross sorgfältig studiert –, und Horx war angewiesen, den nächsten terranischen Agenten zu töten, der eintraf. Dass ich das Fest besuchte, lag hauptsächlich an einem Anflug von Sentimentalität. Sie sind eine Zier meiner Wirklichkeit gewesen, und ich konnte mir ein letztes Gespräch mit Ihnen nicht versagen.«
»Mein Freund«, erwiderte Flandry mit zusammengebissenen Zähnen, »Sie sind ungefähr so sentimental wie ein Block Heliumeis. Sie wollten uns Ihre Anwesenheit wissen lassen. Sie hatten vorausgesehen, dass wir darüber genügend besorgt sein würden, um uns ganz auf Syrax zu konzentrieren, was angeblich Ihr nächstes Ziel war – mit allen nachrichtendienstlichen Ressourcen, die nicht wegen Ihrer falschen Spur bereits mit Ymir befasst waren. Sie bewegten unsere Agenten, sich um Jupiter und im Sternhaufen zu drängeln und hektisch nach Spuren Ihrer Ränke zu suchen; währenddessen hatten Sie freie Hand, um Ardazir zu manipulieren.«
»Meine Eitelkeit wird Sie vermissen«, sagte Aycharaych kühl. »Sie allein begreifen in diesem Zeitalter des Verfalls zur Gänze meine Bemühungen oder können sie auf intelligente Weise kritisieren, wenn ich scheitere. Diesmal bestand das unerwartete Moment darin, dass Sie auf Jupiter überlebten. Ihr anschließender Einsatz auf Vixen hat sich freilich als katastrophal für uns erwiesen. Ich hoffe nun, diesem Desaster noch abzuhelfen, aber …« Der Philosoph in ihm erwachte. Flandry sah Aycharaychs rötliche Augen vor sich, wie sie sich mit der Vision einer Unendlichkeit trübten, die Menschen nicht einmal erahnen konnten. »Es ist noch nicht sicher. Die Gesamtheit der Existenz wird uns immer entgehen: und in diesem Geheimnis liegt die Bedeutung. Wie ich den unsterblichen Gott beneide!«
Flandry sprang aus dem Krater.
Aycharaychs Waffe spie Feuer. Flammen perlten von der Rüstung des Terraners ab. Der Chereioner hatte reflexhaft gefeuert – ein Fehler, denn nun wusste Flandry, wo Aycharaych war, und der Chereioner konnte nicht fliehen … Es war in dieser Handmühle der Welten tröstlich zu sehen, dass ein Feind, der über zwanzig Jahre vorausplante und wie eine geheime Parze ganze Welten manipuliert hatte, auch einen Fehler begehen konnte.
Flandry sprang auf den Meteor. Er warf sich gegen Aycharaych. Der Strahler feuerte aus nächster Nähe. Flandrys Hand sauste abwärts. Er brach Aycharaych nicht das Handgelenk, denn der Panzer schützte es, aber die Waffe wirbelte in die Dunkelheit davon. Flandry griff nach seinem eigenen Strahler. Aycharaych las in seinen Gedanken von der Absicht und packte den Terraner mit einem Würgegriff. Auf dem Meteor taumelten sie in des anderen Armen umher. Die sinkende Sonne warf ihr unheilvolles Licht auf sie; Aycharaych konnte besser darin sehen als Flandry. Noch wenige Minuten, und wenn die Nacht einbrach, wäre der Mensch vollkommen blind, und der Chereioner obsiegte.
Aycharaych setzte einen Fuß hinter die Beine des Terraners und stieß zu. Flandry stolperte. Sein Gegner zog sich zurück. Doch Flandry stürzte so langsam, dass es ihm gelang, den anderen bei der Hüfte zu packen. Zusammen rollten sie den Hang hinunter. Aycharaychs Atem pfiff röchelnd aus dem Funkgerät. Selbst in dem klobigen Raumanzug wirkte er wie Wasser, fast unmöglich festzuhalten.
Sie schlugen auf den Boden. Flandry umklammerte den Chereioner mit den Beinen, wand sich auf dessen Rücken und tastete nach den Armen, mit denen Aycharaych um sich schlug. Ein Unterarm um den Helm des Fremden … Er konnte ihm nicht die Luft abklemmen, aber ihn bewegungsunfähig machen und … Seine Finger schlossen sich um ein Handgelenk. Flandry zerrte fest daran.
Ein Trillern drang aus dem Funkgerät. Aycharaych stellte seine Gegenwehr ein. Flandry lag auf seinem Gefangenen und schnappte nach Luft. Die Sonne sank, und Schwärze schloss sie beide ein.
»Ich fürchte, Sie haben mir den Ellbogen gebrochen«, sagte Aycharaych. »Ich muss die Waffen strecken.«
»Es tut mir leid«, sagte Flandry vollkommen aufrichtig. »Das wollte ich nicht.«
»Am Ende«, seufzte Aycharaych,
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