Flandry 5: Krieger aus dem Nirgendwo
überstehen.«
Warouws Weltlichkeit kehrte zurück. »Na, na, Kapitän«, lachte er, »sollte das etwa angewandte Politik sein?«
»Nein«, entgegnete Flandry. »Es könnte wohl allzu leicht dazu führen, dass die Bioaufsicht sich ihren Lebensunterhalt verdienen muss.«
»Sie haben mir bisher nicht den Eindruck erweckt, dass Sie solch einem kleinbäuerlichen Ideal folgten.«
»Das Schicksal bewahre mich davor! Meine Chromosomen haben mich von jeher zum Schmetterling prädestiniert, nützlich vor allem als Inspiration für andere. Sie werden jedoch zugeben, dass zwischen Schmetterlingen und Blutegeln ein Unterschied besteht.«
Da Flandry die Namen entsprechender einheimischer Gattungen benutzt hatte, runzelte Warouw die Stirn. »Ich muss doch sehr bitten, Kapitän!«
Der Terraner ließ den Blick über eine entsetzte Garderobiere und zwei indignierte Schutzleute wandern. »Ach so«, sagte er, »Klein-Eva und die Gebrüder Sonnenschein. Tut mir leid, die hatte ich völlig vergessen. Es läge mir fern, jemandem die intellektuelle Jungfräulichkeit zu rauben.«
Warouw legte die Hände auf einen Abtaster. Die innere Tür des Vorraums öffnete sich für ihn und seine Begleiter, und sie betraten eine Sterilisationsschleuse. Nachdem UV-Bestrahlung und Ultrabeschallung überstanden waren, gelangten sie durch eine weitere Tür in eine Art Eingangshalle. Mehrere ernste junge Glatzköpfe eilten hier mit technischem Gerät hin und her. Sie vermittelten den Eindruck, ihre Aufgabe leide ständig unter ungeeigneter Ausrüstung und noch ungeeigneterer Organisation. Was natürlich nicht anders zu erwarten gewesen war. Die Bioaufsicht würde ihre Anlage niemals modernisieren. Und wie jede Hierarchie, die nicht von steter Konkurrenz beschnitten wurde, hatte die Bioaufsicht ständig neue Abteilungen eingerichtet, Bestimmungen erlassen, Befehlsketten etabliert, Protokolle eingerichtet, interne Querelen zementiert und jede andere wuchernde Geschwulst zugelassen, die Flandry nur zu gut von Terra kannte.
Eine knarrende, alte Gleitrampe fuhr Warouws Gruppe mehrere Stockwerke höher. Zwei allein der Zierde dienende Schutzleute stützten sich vor einer vergoldeten Tür gewaltigen Ausmaßes auf ihre Strahlgewehre. In dem Vorraum dahinter warteten mehrere Männer geduldig, in das Büro vorgelassen zu werden. Warouw schob sich an ihnen vorbei, passierte eine kleine Notsterilisationsschleuse und gelangte ins Allerheiligste.
Solu Bandang saß auf einem Kissenberg. Er hatte seinen Flexioverall abgelegt, aber noch keine Robe angezogen. Majestätisch hing ihm der Schmerbauch über den Kiltsaum. Er blickte mit schweren Lidern auf und jammerte: »Was hat das denn wieder zu bedeuten? Was soll das? Ich habe niemandem einen Termin … Oh … Sie.«
»Ich grüße Sie, Tuan«, sagte Warouw gemütlich. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie Wache haben.«
»Ja, ich bin an der Reihe, schon wieder an der Reihe. Selbst das höchste Amt, äh, auf der … der Welt, dieser Welt … bewahrt einen nicht davor, ab und zu … Es ist wichtig, einen Finger am Puls zu halten, Kapitän Flandry«, sagte Bandang. »Sehr lebenswichtig. O ja, wirklich.«
Der Schreibtisch wirkte nicht gerade vielbenutzt. Flandry nahm an, die ständige Präsenz eines Angehörigen des regierenden Ausschusses sei ein Überbleibsel aus früherer Zeit, als die Bioaufsicht die Welt noch nicht ganz so fest im Würgegriff gehalten hatte.
»Ich vertraue darauf, äh, dass man Ihnen Ihre … fehlerhafte Sicht, ähem, aufgezeigt hat, Kapitän.« Bandang nahm sich ein Stück kandierten Ingwer. »Ihre Haltung ist nun, wie ich hoffe, etwas … realistischer, ja?«
»Ich führe noch immer ein Streitgespräch mit unserem Gast, Tuan«, entgegnete Warouw.
»Ach, nun ist aber gut!«, rief Bandang. »Es reicht! Wirklich, Kollege, das ist doch eine bejammernswerte, äh, Saumseligkeit Ihrerseits. Erklären Sie dem Kapitän doch einfach, dass wir Methoden haben, Widerspenstige zu überzeugen. Jawohl, Methoden. Und sollte es nötig sein, so wenden Sie diese Methoden auch an. Aber stören Sie mich hier nicht! Er fällt nicht in meine Zuständigkeit. Überhaupt nicht.«
»In diesem Fall, Tuan«, erwiderte Warouw mit kaum verhohlener Verärgerung, »möchte ich Sie bitten, mich meine Arbeit auf meine Art tun zu lassen. Ich würde dem Kapitän gern einen unserer Fermenter zeigen. Ich denke, das könnte sich als überzeugend erweisen. Aber natürlich wäre es nötig, dass Sie uns in die Sektion
Weitere Kostenlose Bücher