Flandry 5: Krieger aus dem Nirgendwo
die Atmosphäre belastet. Und er wollte so viel in Erfahrung bringen wie möglich, solange Warouw sich noch in der Rolle des wohlwollenden Onkels übte.
Nicht dass irgendetwas, das er erfuhr, ihm sonderlich helfen würde. Er saß zur Gänze in der Falle, und nach einer Weile würde er wohl auch zur Gänze vernichtet. Aber etwas zu tun, egal was, und sei es dieses verbale Schattenboxen, war eine Möglichkeit, dem Gedanken an solche unerquicklichen Details auszuweichen.
»Dienstlich gesehen«, fuhr er fort, »würde es mich interessieren, wie Sie mich kassieren konnten.«
»Aha.« Warouw deutete mit dem Zigarillo auf Flandry und zierte sich ganz und gar nicht, seine Raffinesse herauszustreichen. »Nun, als Sie in Kompong Timur … gegangen sind, hätte es sich um die hysterische Tat eines Narren handeln können, der zufällig über uns gestolpert war. Wenn ja, dann brauchte man sich Ihretwegen keine Sorgen zu machen. Ich wagte aber nicht, das vorauszusetzen. Ihr ganzes Verhalten wies in eine andere Richtung – ganz zu schweigen von den Dokumenten offizieller und persönlicher Natur, die ich später in Ihrem Schiff begutachten konnte. Folglich machte ich es zu meiner Arbeitshypothese, dass Sie einen Plan hätten, wie Sie über die Wirkungsdauer Ihrer ersten Dosis Antitoxin hinaus überleben könnten. Gab es bereits eine Untergrundorganisation exoplanetarer Agenten, zu der Sie Verbindung aufnehmen würden? Ich gebe zu, dass die Suche nach solchen Gruppen etliche Tage lang fast meine ganze Zeit beanspruchte.«
Warouw verzog das Gesicht. »Sie müssen meine peinliche Lage verstehen«, sagte er. »Das Korps hat seit mehreren Lebensaltern keine richtige Aufgabe mehr. Niemand widersetzt sich der Bioaufsicht! Das Korps, die gesamte Organisation, besteht im besten Fall aus Personenschützern und Wachhunden, im schlimmsten aus Vollidioten. Durch die Art, wie es das Proletariat ignoriert, hat es keine Ahnung von der kriminellen Gerissenheit, zu der die Unterschicht fähig ist. Mit solch inkompetenten Mitarbeitern gestraft, musste ich einen erfindungsreichen, bestens geschulten Profi jagen wie Sie.«
Flandry nickte. Er hatte den gleichen Eindruck gewonnen. Auf Unan Besar existierten moderne polizeiliche und nachrichtendienstliche Methoden nicht – nicht einmal eine Wehrwissenschaft. Der arme verdammte Nias Warouw, ein geborener Detektiv, der gezwungen war, die gesamte Ermittlungskunst neu für sich zu erfinden!
Allerdings hatte er dabei besorgniserregend gute Arbeit geleistet.
»Meinen ersten Durchbruch verschaffte mir ein Distriktboss namens Sumu … Ach, an den erinnern Sie sich also?« Warouw grinste. »Meine Glückwünsche, Kapitän. Er war sehr unwillig zuzugeben, wie Sie ihn übers Ohr gehauen haben, aber er hatte große Angst, nicht zu melden, dass er unwissentlich jemanden beherbergt hatte, dessen Beschreibung mit einer Person übereinstimmte, die wir suchen. Ich habe ihm die ganze Geschichte von vorn bis hinten entlockt. Köstlich, muss ich sagen! Dann begann ich jedoch über das Datum nachzudenken, zu dem sie sich ereignet hatte. Dazu brauchte ich ebenfalls einige Tage; ich bin solche Komplikationen nicht gewöhnt. Am Ende allerdings gelangte ich zu dem Schluss, dass Sie solch einen riskanten Betrug nur ausgeführt hätten, wenn Sie an Geld kommen müssten, und Geld bräuchten Sie ohne Zweifel, um illegal Antitoxin zu kaufen. (O ja, mir ist durchaus bewusst, dass dergleichen möglich ist. Ich habe bereits versucht, die Kontrolle über die Produktion und die Verteilung zu verschärfen, aber Jahrhunderte alte unrationelle Arbeitsweisen sind nicht leicht zu überwinden.) Nun, wenn Sie darauf angewiesen waren, konnten Sie auf keinen Fall mit einem exoplanetaren Agentennetz in Verbindung stehen. Folglich existierte solch eine Organisation höchstwahrscheinlich nicht! Andererseits mussten Sie Kontakte in Sumpfstadt geknüpft haben.«
Warouw blies Rauchringe, neigte den Kopf, als ein Singvogel trällerte, und fuhr fort: »Ich nahm mir wieder die Berichte über Ihr Entkommen vor. Wir wussten, dass Sie auf Ihrer Flucht in die Wohnung einer bestimmten Kurtisane eingebrochen waren. Sie hatte dem Korps erklärt, sie sei verängstigt geflohen und wisse nicht weiter. Es hatte damals kein Grund bestanden, ihr nicht zu glauben. Das hat sich zunächst auch nicht geändert, aber ich hatte keine andere Spur. Ich ordnete an, sie zum Verhör vorzuführen. Mein Trupp erfuhr, dass sie vor einigen Tagen mit unbekanntem Ziel
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