Flandry 5: Krieger aus dem Nirgendwo
Credits, Ivar. Er steckte sich die Zigarette in einem trotzigen Winkel in den Mund und schritt durch den Ballsaal.
Aycharaych lächelte. Sein Gesicht war annähernd humanoid, aber auf eine knochige Art und mit einer Nase wie eine Schwertklinge; die Winkel von Mund und Kiefer waren zu Vs überbetont. Es hätte beinahe das Gesicht eines byzantinischen Heiligen sein können, doch die Haut hatte eine rein goldene Farbe, die Brauen waren Bögen aus feinen blauen Federchen, und der kahle Schädel trug einen gleichfarbigen Federkamm und spitze Ohren. Die breite Brust, die Wespentaille und die langen knochigen Beine verbarg der Mantel; die Füße mit ihren vier krallenbewehrten Zehen und den Sporen an den Gelenken ließ er nackt.
Flandry war sich recht sicher, dass sich das intelligente Leben auf Chereion aus Vögeln entwickelt hatte und der Planet trocken sein musste, mit einer dünnen, kühlen Atmosphäre. Er besaß Hinweise darauf, dass die einheimische Zivilisation unglaublich alt war, und hatte Grund zu der Annahme, dass sie sich Merseia nicht einfach unterworfen hatte. Doch davon abgesehen verlor sich sein Wissen in der Dunkelheit. Er wusste nicht einmal, wo im merseianischen Hoheitsraum die Sonne Chereions lag.
Aycharaych streckte eine sechsfingrige Hand aus. Flandry schüttelte sie. Die Finger fühlten sich zierlich an. Einen brutalen Augenblick lang dachte er daran, fest zuzudrücken und die feinen Knochen zu zermalmen. Aycharaych überragte ihn ein wenig, doch Flandry war ein recht großer Mensch, viel breiter und erheblich kräftiger.
»Welch ein Vergnügen, Sie wiederzusehen, Sir Dominic«, sagte Aycharaych. Seine Stimme war tief und wohlklingend. Flandry blickte in rostrote Augen mit einem warmen, metallischen Glanz und ließ die Hand los.
»Aber kaum unerwartet«, entgegnete er. »Für Sie, meine ich.«
»Sie reisen so viel«, sagte Aycharaych. »Ich war mir sicher, dass einige Angehörige Ihres Korps heute Abend hier sein würden, aber ich konnte nicht sicher sein, wo Sie sich aufhielten.«
»Ich wünschte, das wüsste ich immer von Ihnen«, sagte Flandry wehmütig.
»Meine Gratulation zu Ihrer Bewältigung von L’affaire Nyanza. Wir vermissen A’u noch immer sehr. Er besaß eine gewisse wässrige Brillanz.«
Flandry verbarg seine Überraschung. »Ich dachte, die Angelegenheit wäre vertuscht worden«, sagte er. »Aber kleine Tassen haben große Ohren. Wie lange sind Sie schon im Solaren System?«
»Einige Wochen«, antwortete Aycharaych. »Vor allem ein Vergnügungsausflug.« Er neigte den Kopf. »Aha, das Orchester stimmt einen Walzer von Strauß an. Sehr schön. Obwohl Johann natürlich kein Vergleich mit Richard ist, der immer der Strauss sein wird.«
»Ach ja?« Flandrys Interesse an Alter Musik war nur wenig größer als sein Interesse daran, Selbstmord zu begehen. »Davon verstehe ich nichts.«
»Das sollten Sie aber, mein Freund. Auch ohne dass man Xingu ausnimmt, ist Strauss der am meisten missverstandene Komponist der bekannten galaktischen Geschichte. Wäre ich lebenslänglich eingesperrt und müsste mich für ein einziges Musikstück entscheiden, das ich hören darf, dann würde ich seine Sinfonische Dichtung Tod und Verklärung auswählen und wäre auf immer zufrieden.«
»Ich kümmere mich darum«, bot Flandry ihm an.
Aycharaych lachte leise und nahm den Terraner beim Arm. »Kommen Sie, wir suchen uns ein friedvolleres Plätzchen. Aber ich bitte Sie auch, verschwenden Sie einen so vergnüglichen Anlass nicht an mich. Ich gestehe, dass ich insgeheim Terra besucht habe, aber nur, um meine persönliche Neugierde zu befriedigen. Ich hatte nicht die Absicht, in kaiserliche Büros einzubrechen …«
»Die sowieso mit Aycharaych-Warnanlagen ausgestattet sind.«
»Telepathiemelder? Ja, damit musste ich rechnen. Ich bin sowieso ein bisschen zu alt und steif, und Ihre Schwerkraft ist ein wenig zu überwältigend, als dass ich meine Diebstähle selbst ausführen könnte. Außerdem besitze ich nicht das blendende Aussehen, das man, wenn man den Sensofilmen trauen darf, für die Mantel-und-Degen-Arbeit benötigt. Nein, ich wollte mir lediglich den Planeten ansehen, der eine Spezies wie die Ihre hervorgebracht hat. Ich bin in einigen Wäldern gewandert, habe mir bestimmte Gemälde angesehen und einige besondere Gräber besucht, dann bin ich hierher zurückgekehrt. Übrigens werde ich bald aufbrechen. Sie brauchen also Ihr Imperium keinen Druck auf die Ymiriten ausüben zu lassen, mich
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