Flandry 5: Krieger aus dem Nirgendwo
wurde zu einer Sagengestalt von vollkommener Schönheit; ihre Juwelen auf dem langen Abendkleid und den unzähligen Tressen glitzerten wie Regentropfen. Flandry strich sich den säuberlich gestutzten Schnurrbart. Ich sehe wohl auch nicht allzu scheußlich aus, dachte er selbstgefällig und trug seinen Angriff vor.
»Nein … bitte … nicht jetzt.« Lady Diana wehrte ihn ab, aber auf durchaus vielversprechende Art. Flandry lehnte sich wieder zurück. Er hatte keine Eile. Bankett und Tanz würden Stunden dauern. Danach, wenn die Jacht in gemächlichem Tempo nach Terra zurückkehrte und der Champagner in ihren Köpfen blubberte … »Warum haben Sie erwähnt, dass Sie auf Urlaub sind?«, fragte sie und richtete sich mit schlanken Fingern die Frisur. Ihr leuchtender Nagellack tanzte im Halbdunkel wie umherfliegende Kerzenflämmchen.
Flandry nahm eine Zigarette aus seiner Shimmerlyn-Jacke und entzündete sie durch Ansaugen. Das Leuchten beschien sein langes, schmales Gesicht mit den hohen Jochbeinen und den grauen Augen, dem robbenbraunen Haar und der geraden Nase. Er dachte manchmal, dass der letzte Bioskulptor-Eingriff ihn zu hübsch gemacht habe und er sein Gesicht wieder ändern lassen sollte. Doch zum Teufel, so oft war er nicht auf Terra, dass die Frauen sein Aussehen schon langweilte. Außerdem war seine Garderobe, die er mit äußerster Sorgfalt nach der neuesten Mode zusammengestellt hatte, so teuer gewesen, dass viele andere Eitelkeiten nicht mehr zu finanzieren waren.
»Wissen Sie, diese Geschichte auf Nyanza war ein wenig ermüdend«, erinnerte er sie an eines seiner Abenteuer auf noch einem exotischen Planeten, auch wenn es schon Jahre zurücklag. »Ich bin nach Hause gekommen, um mich auszuruhen. Und die Merseianer sind so verdammenswert rührig. Wenn ich einen von ihnen nur ansehe, werde ich schon müde; nicht auszudenken, wenn ich mit einem die Klingen kreuzen muss.«
»Das brauchen Sie heute Abend nicht, Sir Dominic«, erwiderte Lady Diana lächelnd. »Können Sie diese Fehden nicht einmal beiseitestellen, nur für eine kurze Zeit, und Frieden mit ihnen halten? Ich meine, auch die Merseianer sind fühlende Wesen, trotz all dieser albernen Rivalitäten.«
»Ich würde mich nur zu gern mit ihnen entspannen, Mylady. Aber Sie müssen wissen, Merseianer entspannen sich nie.«
»Ach, nun hören Sie aber! Ich habe schon mit welchen gesprochen, oft sogar, und …«
»Sie können so viel virilen Charme versprühen, wie sie wollen«, entgegnete Flandry. Einen Augenblick lang schlich sich ein scharfer Unterton in seine Beiläufigkeit. »Aber die Vernichtung des Terranischen Imperiums ist eine Vollzeitbeschäftigung.«
Dann erinnerte er sich rasch, was er eigentlich vorhatte, und nahm seine übliche Plauderei wieder auf. Schließlich verlangte man nicht von ihm, dass er ständig Geheimagent war. Oder? Wenn es um eine Tausend-Credit-Wette mit einem Freund ging? Ivar del Bruno hatte sich nicht davon abbringen lassen, dass Lady Diana Vinogradoff ihre Gunst niemandem schenke, der nicht wenigstens Reichsgraf war. Eine solche Herausforderung ließ sich nur schwer zurückweisen, zumal da das Zielobjekt an sich so verführerisch war und Flandry guten Grund hatte, mit seinen Fähigkeiten zufrieden zu sein. Allerdings war es ein harter Feldzug gewesen, und ihrer Laune nachzugeben, die merseianische Party aufzusuchen, stellte nur einen kleinen Bruchteil der Mühen dar, die er auf sich genommen hatte.
Doch nun, sagte sich Flandry, konnte das Ziel erreicht werden, wenn er nur noch wenige Stunden lang seine Karten richtig ausspielte. Und mit eintausend Credits konnte man sich danach eine wirklich gute Orgie für zwei im Everest House finanzieren …
Chives, Flandrys Leibdiener, Pilot und privater Pistolero in einem, lenkte die Jacht reibungslos auf einen Landeplatz am Kristallmond. Man spürte keinerlei Gewichtsschwankungen, obwohl das Bremsmanöver scharf gewesen war und das interne Kraftfeld Mühe hatte, den Andruck zu neutralisieren. Flandry erhob sich, rückte das Barett in einen bedacht kecken Winkel, legte sich wirbelnd den scharlachroten Umhang um und bot Lady Diana den Arm an. Sie durchquerten die Luftschleuse und gelangten durch ein transparentes Rohr zum Palast.
Die Frau unterdrückte ein entzücktes Keuchen. »Ich habe es nie aus solcher Nähe gesehen«, wisperte sie. »Wer hat es nur gebaut?«
Der künstliche Trabant hatte Jupiter zum Hintergrund, dazu die Milchstraße und die riesigen kalten Sternbilder.
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