Flandry 6: Schattenwelt
ändert sich denn niemals irgendetwas grundlegend?« Flandry schüttelte den Kopf. Die chemischen Barrieren wurden immer dünner. »Ich nehme also an, dass in der Abwesenheit da Costas oder eines anderen offiziellen Vertreters des Imperiums – der gewiss darauf beharren würde, dass alles so Atavistische wie eine Reaktion auf Aggression gegen die Politik des Imperiums verstoße und auf jeden Fall den zuständigen Behörden in dreifacher Ausfertigung zur Debatte vorgelegt werden müsse –, dass also in Abwesenheit von so jemandem Sie als Sektorengouverneur der dennitzanischen Flotte einen Vergeltungsschlag befehlen.«
Mijatovic nickte. »Ja.«
»Haben Sie die Folgen bedacht?«
»Ich werde Zeit haben, darüber nachzudenken, ehe wir angreifen. Aber … wenn wir das richtige Ziel auswählen, wird Merseia nur protestieren und von weiteren Schritten absehen. Im Augenblick scheint es, als wäre das Roidhunat zu einem Krieg gegen Terra nicht bereit. Es hat zu sehr auf einen neuen Bürgerkrieg gebaut. Wenn stattdessen Merseia einen Schlag erhält, sollte der Schock es zu größerer Vorsicht dem Imperium gegenüber anhalten.«
»Welches Ziel haben Sie im Sinn?«
Mijatovic runzelte die Stirn. Eine Minute lang setzte er seine Pfeife in Brand und sagte schließlich: »Ich weiß es noch nicht. Unser Ziel ist nicht, einen Krieg zu beginnen, sondern Verhalten zu strafen, das zu einem Krieg hätte führen können. Das Roidhunat würde einen dicht bevölkerten Planeten nicht einfach abschreiben, und ich bin zu keinem Völkermord bereit. Aber etwas Wertvolles, vielleicht ein industrielles Zentrum auf einer metallreichen Welt … Ich habe die Kriegsschule angehalten, mir Vorschläge zu unterbreiten.«
»Wenn Sie Erfolg haben«, warnte Flandry, »wird man Ihnen vorwerfen, Ihre Kompetenzen weit überschritten zu haben.«
»Dem könnte man widersprechen. Meine Kompetenzen sind so genau gar nicht umrissen, oder? Ich denke gern, dass Hans Molitor Sympathien für mich hätte.« Der Gospodar zuckte mit den Achseln. »Wenn nicht, so ist unwichtig, was aus mir wird. Ich denke an die Kinder und Kindeskinder.«
»Aha … Nun, Sie haben bestätigt … Augenblick bitte.« Das Visifon hatte gesummt. Flandry streckte die Hand nach der Annahmetaste aus und musste es zweimal versuchen, ehe es ihm gelang, sie zu drücken.
Ein Gesicht, halb so reglos wie seines, blickte ihn vom Bildschirm an. »Lieutenant Mitchell, Sir. Die Hypnosondierung des Gefangenen Dominic Hazeltine ist beendet.«
»Ergebnisse?« Die Frage erklang völlig ausdruckslos.
»Sie haben richtig vermutet, Sir. Der Proband war tiefenkonditioniert.« Mitchell verzog gequält das Gesicht, als ihm eine Erinnerung kam, die selbst bei seinem Aufgabenbereich als unangenehm hervorstach. »Ich habe noch nie eine so gründliche Behandlung gesehen oder auch nur davon gehört. Er fiel beinahe sofort in Schock. In den späteren Stadien war die erforderliche Stimulation … Nun, er hat jetzt kein nennenswertes Vorderhirn mehr.«
»Ich wünsche eine vollständige Niederschrift«, sagte Flandry. »Davon abgesehen versiegeln Sie die Aufzeichnungen und klassifizieren Sie sie als Ultrageheim. Ihr Team wird vollständiges Stillschweigen bewahren. Dazu erteile ich Ihnen eine schriftliche Anweisung, von Gouverneur Mijatovic autorisiert.«
»Jawohl, Sir.« Mitchell zeigte Verwirrung. Er musste sich fragen, weshalb Flandry die Geheimhaltung so sehr betonte. Das Nachrichtenkorps hatte nicht die Gewohnheit hinauszuposaunen, was es erfuhr. Es sei denn … »Sir, Ihnen ist doch sicher klar, dass es sich noch um Rohmaterial handelt? Wegen der Neurokanalisierung sogar noch unzusammenhängender als sonst. Wir haben seinen Lebenslauf grundsätzlich herausgefiltert, Einzelheiten seines letzten Einsatzes, solche Dinge. Auf den ersten Blick sieht auch der Rest ziemlich vielversprechend aus. Aber um die gebrochenen, vermengten Assoziationsketten wieder zusammenzusetzen, die Symbolik zu interpretieren und ihre Bedeutung verstehen zu können -«
»Darum kümmere ich mich«, schnarrte Flandry. »Ihr Teil ist beendet.«
»Jawohl, Sir.« Mitchell senkte den Blick. »Verzeihen Sie … die Frage … wegen der Verwandtschaft. Er hat sie aufrichtig bewundert. Ah, was soll nun mit ihm geschehen?«
Flandry fiel in Schweigen. Mijatovic stieß Vulkanwolken aus. Draußen jubilierten die Glocken.
»Sir?«
»Ich möchte ihn sehen«, sagte Flandry.
Der Schirm flackerte, dann erschien das Bild eines jungen Mannes. Er lag
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