Flandry 7: Am Ende des Weges

sind Zyklone nur schwach und sehr selten. Auch der Siedepunkt des Wassers, auf Meereshöhe rund 241°C, hat eine deutliche Auswirkung auf die Meteorologie. Wasserdampf kondensiert weitaus öfter als Nebel denn als Regen oder Schnee, sodass Dunst normal ist. Haben sich einmal in der rasch ausdünnenden höheren Atmosphäre Wolken gebildet, sind sie in der Regel langlebig und bilden Decken. Über ihnen steht der Himmel oft voller Eiskristalle. Wenn Niederschlag auftritt, besteht die Tendenz, dass er brutal ausfällt und radikale Wetterumschwünge mit sich bringt.
    Die atmosphärische Zirkulation wird von zwei grundlegenden Bewegungen dominiert. Die eine besteht im Zufluss kalter Luft von den Polen zum Äquator, die warme Luft in die Höhe und polwärtig treibt – Hadley-Zellen. Die zweite ist der horizontale Fluss, den der Temperaturunterschied zwischen Tag- und Nachtseite verursacht. Entsprechend wehen tropische Winde der Sonne zu, streben die Winde in den gemäßigten Breiten in der Regel dem Äquator entgegen, und Stürme sind überall vor allem zur Morgen- und Abenddämmerung am häufigsten, wenn auch der Niederschlag am wahrscheinlichsten wird. In höheren Breiten kollidieren oft Kältefronten – mit eindrucksvollen Folgen. Wie schon festgestellt sind die Winde nach terranischen Maßstäben zwar langsam, ceteris paribus drücken sie sehr stark.
    Selbst in zwischeneiszeitlichen Perioden sind die Polarkappen ausgedehnt; hat sich Wasser einmal hier gefroren niedergeschlagen, verflüchtigt es sich so leicht nicht wieder. Darüber hinaus bewirken die Zirkulationsmuster von Luft und Wasser zusammengenommen mit der geringen Achsenneigung eine weit größere Abhängigkeit des Klimas von der geographischen Breite, als es auf terrestroiden Welten der Fall ist. Die Achsenneigung ist im Verein mit der nahezu kreisförmigen Umlaufbahn zudem der Grund dafür, dass es auf Ramnu keine echten Jahreszeiten gibt. Der grundlegende Zyklus entsteht nicht aus dem Jahr, sondern aus dem einen halben Monat dauernden Tag.
    Überlagert ist ein weiterer Zyklus, der unregelmäßig auftritt, nach Jahrtausenden gerechnet wird und gewaltig ist – der Zyklus der Gletscher. Dank der allgemeinen Kühle, der ausgedehnten Wolkendecken und des nur widerstrebend verdampfenden Wassers steht Ramnu stets am Rande einer Eiszeit oder hat diese Grenze schon überschritten. Um sie einzuleiten, bedarf es nichts weiter als der Horstbildung eines neuen Hochlands in den hohen Breiten. Da solche Vorgänge stets von massiven Vulkanausbrüchen begleitet sind, die die oberen Atmosphärenschichten mit Staub erfüllt, welcher Jahrzehnte benötigt, um sich wieder abzusetzen, rufen sie Schneefall hervor; und durch den steilen Druckgradienten liegt die Schneegrenze niedrig. Das Eis dehnt sich weit aus, manchmal über die ganze Hemisphäre, manchmal sogar über beide. Nichts hält die Eiszeit auf außer den Gürteln der Subtropen. Nichts bewegt sie zum Rückzug außer dem Absinken des Hochlands, durch die sie erst entstanden ist.
    Während wenigstens der letzten Jahrmilliarde hat Ramnu zwischen Eiszeiten und Zwischeneiszeiten gewechselt. Letztere dauerten gewöhnlich länger an. Die Menschen trafen auf der Welt ein, als sich das Eis wieder auf dem Vormarsch befand. Nun stieß es mit entsetzlicher Geschwindigkeit vor, mehrere Kilometer jedes Jahr. Ganze Ökologien welkten vor ihm dahin. Eingeborene Kulturen flohen oder zerfielen – wie oft war in den Zeitaltern, über die keine Chronik existierte, dies schon geschehen?
    Banner bemühte sich um Hilfe für Ramnu. Eine sternenreisende Zivilisation konnte sie ohne Anstrengung zur Verfügung stellen. Natürlich mussten intensive Vorstudien ausgeführt werden, gefolgt von ausgedehnter Auswertung, doch die Antwort war prinzipiell einfach. Riesige Solarspiegel der entsprechenden Größe waren in den richtigen Stückzahlen auf die passenden Umlaufbahnen zu bringen; mit Sensoren, Computern und Regulatoren ausgerüstet, konnten sie ihre Orientierung stets optimal justieren, um ganz bestimmte Umweltbedingungen zu erzeugen, indem sie die korrekten Mengen zusätzlicher Wärme auf sorgfältig ausgewählte Gebiete abstrahlten. Das war alles. Dann krochen die Gletscher zurück an die Pole, an die sie gehörten, und kehrten nie wieder zurück.
    Banner suchte Hilfe. Der Großherzog von Hermes versperrte ihr unverhohlen den Weg. Flandry ahnte bereits den Grund.
     
    In der Hooligan gab es eine Miniatursporthalle. Täglich nach der Arbeit