Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
hin und weg gewesen von seinem starken Körper und seinem intensiven Geruch nach Zedern und Vanille. Sie hatte tatsächlich mit ihm geschlafen, obwohl sie ihn so gut wie gar nicht kannte. Und das Verrückte war, sie würde es wieder tun. Sandra wollte Carlo ganz für sich haben und genießen. Das spürte sie jetzt ganz stark, so intensiv, dass sie feucht wurde. Sie zog ihn noch näher an sich. Sie war kurz davor, sich so auf seinen Schoß zu setzen, dass sie ihn mit ihren Beinen in die Zange nehmen konnte. Jetzt, hier in der Küche, wollte sie gleich wieder mit ihm schlafen. Als Carlo in sie eingedrungen war, hatte sie Tina, hatte sie alle anderen Menschen vergessen. Das hatte sie so umgehauen, dass sie beinahe gleich in der Sekunde zum ersten Höhepunkt gekommen wäre. Zum Schluss waren es mindestens drei gewesen. Carlo hatte schon in den ersten Minuten ihrer Vereinigung alles in den Schatten gestellt, was ihr Heiko bei aller Mühe jemals gegeben hatte. Carlo und sie passten einfach so unverschämt gut zusammen, wie es zwei Menschen nur sehr selten taten. Und es wäre eine Schande, sich von dieser außergewöhnlichen Schwingung nicht weiter tragen und treiben zu lassen. Ob Carlo genauso vom Baum der Erkenntnis genascht hatte wie sie, konnte sie nicht sagen. Nur, so gerne sie jetzt gleich hier die Probe aufs Exempel gemacht hätte, sie wusste, das waren nicht der richtige Moment und der richtige Ort. Trotzdem flüsterte sie ihm ins Ohr. »Ich will mit dir schlafen, wieder und wieder.«
Abgesehen von Saalfeld gab es noch jemanden, der in dieser Nacht keinen Schlaf finden wollte. Elli hatte schlicht und einfach schon zu viel geschlafen, und nun war sie putzmunter. Was sollte sie jetzt machen? Ihre eigene kleine Party veranstalten? Bei den anderen, so befürchtete sie, war die Luft raus. Die hatten fürs Erste ausgefeiert. Ein Glas Rotwein, das war jetzt die Lösung! Flott sprang Elli aus dem Bett, zog sich Hose, Bluse und ihre geliebte Strickjacke an, um sich auf den Weg in die Speisekammer zu machen. Ein einsames Fläschchen würde sich bestimmt noch finden lassen.
Als sie an Saalfelds Zimmer vorbeiging, war sie zunächst überrascht, dass dort unter dem Türschlitz Licht durchblitzte. Hoffentlich ging es dem alten Mann wieder besser.
Um niemand aufzuwecken, alle anderen schienen zu schlafen, schlich sie auf leisen Sohlen die Treppe hinunter. Trotz des Lichts war es in der Küche sehr still. Elli erwartete, Stimmen zu hören, aber Fehlanzeige. Doch als sie nichtsahnend um die Ecke bog, durfte sie miterleben, wie ihr Bruder äußerst leidenschaftlich Sandra küsste, sich regelrecht in sie vergraben hatte. Sie musste grinsen. Es war wieder einmal erstaunlich, wie nah Schmerz und Freude beieinanderlagen. Lenkten sich die beiden nur von dem ganzen Durcheinander der vergangenen Tage ab, oder bahnte sich da tatsächlich etwas an? Ihren Bruder kannte sie nicht gerade als rücksichtslosen Don Juan, der nach Lust und Laune herumknutschte.
Beinahe gleichgültig, als wäre es das Normalste der Welt, wanderte sie an dem Pärchen vorbei und kaperte eine offene Rotweinflasche samt Glas. »Den Hauptgang, den hab ich heute wohl verpasst?«, bemerkte sie süffisant.
Carlo war es mehr als unangenehm, dass ihn seine Schwester schon wieder in einer für ihn so untypischen Situation erlebte. Trotzdem setzte er seine neue Flamme nicht von seinem Schoß ab. Bei aller Scham konnte man schon fast meinen, bei Carlo auch eine Portion Stolz zu spüren. Noch weniger scherte sich Sandra darum, was Elli denken oder sagen mochte. Als sie sich schließlich doch von Carlos Lippen lösen konnte, strich sie sich eine Strähne ihres zerzausten Haares aus dem Gesicht. »Carlo hat uns allen wieder ein Hammer-Risotto gekocht! Aber jeder hat lieber für sich alleine gegessen.«
»Na, das überrascht mich aber«, meinte Elli und fügte hinzu: »Ehrlich gesagt, ich war auch mal froh, ungestört zu sein. Was macht unser kränkelnder Hausherr?«
»Vorhin war er erstaunlich fit. Der ist hart im Nehmen, trotzdem mach ich mir Sorgen. Sobald das Wetter besser ist, müssen wir deinen hübschen Doc holen.«
»Meinen hübschen Doc?« Elli grinste. »Ja, schade, dass er jetzt nicht hier ist.«
Die drei lächelten sich verschwörerisch zu.
»Viel Spaß bei der Nachtwache!«, sagte Elli und schlich mit einer halben Flasche Rotwein von dannen.
In der Halle wartete sie kurz, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Sie wollte kein Licht anmachen.
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