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Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Friedmann
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mit den Schultern und sagte: »Ich würd die Anna noch ein bisserl schlafen lassen.«
    Carlo verstand noch weniger, deshalb fügte Elli an: »Bis sie wieder allein ist.«
    »Aha.« Mehr sagte er nicht. Dabei kratzte er sich am Nacken, überlegte kurz und öffnete dann den Kühlschrank. »Dann mach ich uns eben ein Frühstück.«
    Sandra stellte sich hinter ihn und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
    Schüchtern, aber ohne Reue blickte sie zu Elli und nahm sich dann den Wasserkocher. »Wenn unser Patient ordentlich geschlafen hat, dann könnte es ihm heute wieder etwas besser gehen.«
    Elli stellte eine Tasse unter die Espressomaschine und drückte einen Knopf. Die Mühle ratterte los, und gleich darauf zischte das herrliche dampfende schwarze Lebenselixier aus der Düse. »Ich war fast die ganze Nacht bei ihm. Er konnte genauso wenig schlafen wie ich.«
    Sandra drehte sich alarmiert um und sah Elli an. »Wie?«
    »Ich glaub, es hat ihm gutgetan. Er ist ein sehr interessanter Mann. Allerdings hab ich das ungute Gefühl, dass es mehr braucht als etwas Schlaf, um ihn wieder gesund zu bekommen. Er hat ein, zwei sehr seltsame Bemerkungen gemacht.«
    »Kannst du bitte den Tee kochen«, bat Sandra Carlo und machte sich auf zu Saalfeld.
    Als sie gleich darauf, nach kurzem Klopfen, bei ihm am Bett stand, war er zwar guter Dinge, aber sein ständiges Hüsteln verriet, dass ihm weiterhin etwas hartnäckig zu schaffen machte. Doch wie üblich überspielte er das.
    »Na, meine Lieblingskrankenschwester, bekomme ich denn heute gar keinen Tee?«
    Sandra war beunruhigt. »Wenn Sie die ganze Nacht wach bleiben, dann nicht, nein.« Sie musste ihn ausschimpfen, und er ließ sich das gefallen. Anscheinend hatte Elli ihn in der Nacht weichgekocht, denn er war heute viel offener und weit weniger abweisend.
    »Wenn es danach ginge, dann hätte ich all die letzten Jahre keinen Tee trinken dürfen.«
    Wie aufs Stichwort schwebte genau in dieser Sekunde in beunruhigender Schieflage das Tablett mit allem herein, was eine perfekte Teatime verlangte. Carlo war ein Held mit dem Kochlöffel, aber das Kellnern fiel ihm außerordentlich schwer. Mit Mühe und Not hielt er das Tablett in der Luft.
    Derweil scherzte Saalfeld weiter. »Oh, der Chefarzt!«
    Es war direkt erstaunlich, wie viel Humor Saalfeld heute bewies. Doch Sandra konnte er nicht täuschen. Sie kannte diese Art von Humor leider nur zu gut. Es war nichts anderes als Galgenhumor. Typisch für Patienten, die sich auf ihre letzten Tage einstellten. Sie versuchten auf diese Art, aller Verzweiflung den Wind aus den Segeln zu nehmen.
    Bei Sandra allerdings erreichte Saalfeld damit genau das Gegenteil.
    Später beim großen Frühstück saßen sie wieder alle beisammen. Die Küche war der einzige halbwegs neutrale Boden, wo sie sich friedlich begegnen konnten. Für irgendwelche Kämpfe fehlte ihnen allen sowieso die Energie. Dennoch, der Weg zum Kühlschrank oder zur Kaffeemaschine zwang jeden dazu, den anderen ab und an in die Augen zu schauen. Hier ein unterkühltes »Hallo«, dort ein genuscheltes »Guten Morgen«.
    Zum Glück war erstaunlich wenig Aggression zu spüren. Immerhin waren zwei Beziehungen zerbrochen, Gefühle und Eitelkeiten lagen blank. Doch sie rissen sich alle, soweit sie konnten, zusammen.
    Lutz war wieder erstaunlich ruhig. Carlo und Sandra versteckten ihre Zuneigung, und dass es zwischen Anna und Heiko wieder passiert war, das leugneten sie sogar vor sich selbst. Tina hatte zu ihrer alten, frechen Form zurückgefunden. Sie war die Einzige, die eine fröhliche Miene aufsetzte und hungrig vor sich hin schmatzte.
    Carlo hatte eine große Pfanne mit herrlichen Rühreiern gemacht.
    »Ich will, dass wir ihm das Geld geben, bevor wir alle abreisen. Wir sollten ihm nichts schuldig bleiben. Das hat keinen Stil«, sagte Anna plötzlich.
    »Na dette klingt ja richtig edel! Aber wer sagt uns denn, dass det seine Kohle is?« Tina machte sich nicht die Mühe, Anna anzusehen, sondern widmete weiter ihre ganze Aufmerksamkeit ihrem Teller.
    »Wem denn sonst? Vielleicht seiner Putzfrau?«, fragte Anna empört.
    »Er weiß ja nicht mal, wer sein Haus vermietet. Selbst sein krimineller Neffe, oder was der war, hatte ja schon drei Schlüssel für uns, oder? Wer weiß, wer hier sonst noch aus und ein geht?«, schaltete sich Lutz ein.
    Nur sehr ungern widersprach Heiko der Frau, mit der er eben noch den besten Sex seines Lebens gehabt hatte, aber er fand Lutz’ Gedanken mehr als interessant.

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