Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
sein.«
Heiko warf Carlo einen kurzen Blick zu. Der Mann neben ihm hatte vorgestern seine Zukunft zerstört, und jetzt waren sie gemeinsam unterwegs. »Ich hoffe, Sandra kann den Mann so lange … stabilisieren!«
Carlo verstand, was Heiko eigentlich meinte. »Mensch Heiko, wie des alles gelaufen is. Das wollt ich nicht. Mir hat’s selber die Schuh ausgezogen. Wenn des alles überstanden is, dann müssen mir das wieder in Ordnung bringen.«
»Da gibt’s nicht mehr viel in Ordnung zu bringen.«
»Doch schon«, erwiderte Carlo, aber er wusste, dass Heiko wahrscheinlich recht hatte.
»Weißt du, Carlo, das haben sowieso nicht wir entschieden, sondern die Frauen.«
Carlo sah auf die Straße und schüttelte den Kopf. »Selbst wenn, wir hätten immer noch ›nein‹ sagen können. Die Frauen haben zwar ihren eigenen Kopf, aber wir, ich mein, wir sind ja auch noch da. Wir sind selbst schuld.«
Heiko seufzte. »Ach schuld?« Ihm war längst klar, dass sich seine Maßstäbe verschoben hatten. »Woran denn? Dass Sandra sowieso nicht mehr mit mir zusammen sein wollte? Oder dass deine Anna selbst nicht mehr weiß, wer sie ist und was sie will?«
Carlo wollte protestieren, aber es stimmte ja irgendwie.
»Ich hab gedacht, ich hab’s voll raus«, gestand Heiko. »Weiß, wie der Hase läuft. Aber nix, gar nix weiß ich!«
»Mir geht’s genauso. Und ich befürcht fast, das wird sich so schnell auch nicht ändern.«
»Eigentlich müsste ich dir an die Gurgel springen.«
Carlo sah Heiko skeptisch an.
»Keine Angst. Irgendwie hat das alles auch was Reinigendes.«
»Reinigend? Meinst? So hab ich das noch nicht, … also des is alles, wie soll ich sagen? Ein Schlag ins Gesicht.«
»Ja, stimmt. Aber irgendwie isses doch verrückt, dass es uns allen so geht. Wir sitzen im gleichen Boot. Irgendwie verbindet das auch. Tröstet sogar.«
»Ich brauch keinen Trost. Ich will mich nur verlassen können.«
»Egal, wie das alles ausgeht, aber vergessen, ne, vergessen werd ich das nie. Und wer weiß schon, wie wir das in ein paar Jahren sehen? Vielleicht lachen wir drüber? Zusammen? Was meinste?«
Carlo war überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken. »Dein Humor möcht ich haben!«
Doch Heiko gefiel das Bild immer mehr. »Natürlich nur, wenn du wieder so gut für uns alle kochst.«
Endlich schmunzelte auch Carlo. »Also essen kannst du, das muss ich dir lassen.«
»Und ich bin ein super Chefkochassistent!«, sagte Heiko grinsend.
Heiko war nicht so leicht unterzukriegen, dachte Carlo anerkennend. »Wenn wir des hier schaffen, dann kochen wir zwei was auf, das hat die Welt noch nicht gesehen!«
Jeder Anflug von Optimismus sollte sofort wieder im Keim erstickt werden. Als sie um die nächste Kurve bogen, starrten sie auf einen breiten Bach, der über die Straße rauschte.
»Bingo!«, sagte Heiko.
Von der anderen Seite, eher gesagt dem Ufer, trennten sie mindestens zwölf Meter. Sie standen schon bis zur Achse im Wasser.
»Wie sollen wir jetzt bitte da rüberkommen?«, fragte Heiko.
»Schaut nicht gut aus. Zu tief.«
Vor allem aber deuteten große Holzstücke, die immer wieder aus dem Wasser herausschnellten oder hineingezogen wurden, darauf hin, dass ein Teil der Straße komplett weggespült worden war.
Plötzlich sagte Carlo mit eigentlich völlig unpassender Leichtigkeit: »Na dann, hilft nix. Wir müssen’s probieren!«
Heiko sah ihn mit großen Augen an. Mit seinem lebensgefährlichen Übermut war ihm der Bayer im Moment voraus. »Du meinst, da durchfahren, egal was kommt?«
Carlo zuckte mit den Schultern. »Hast du eine bessere Idee?«
Die hatte Heiko leider nicht. Er war so ideenlos, so verdammt bedient von diesem ganzen Wahnsinn, so genervt von allem, was sich ihm nun schon seit Tagen in den Weg stellen wollte, dass er nur noch fragte: »Langsam, oder mit Anlauf?«
»Mit Gefühl!«, sagte Carlo.
Heiko fuhr langsam an. Auch wenn Heiko Feingefühl bewies, die Welt um sie herum scherte das herzlich wenig. Der Wind schüttelte ihr Auto, über ihnen ächzten hörbar laut die mächtigen Bäume, die dem heftigen Druck noch widerstanden, und der reißende Bach unter ihnen spielte sich auf, als wäre er der Amazonas zur Regenzeit. Vorsichtig manövrierte Heiko den geschwächten Kleinbus Radlänge um Radlänge weiter quer gegen den Strom. Mit jedem Meter versank der dabei tiefer im braunen Regenwasser, das nun die Radkästen umspülte und jederzeit drohte, den Motorblock abzuwürgen.
»Warum fahrt der Lutz koan
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