Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
bei den anderen eine leicht unangenehme Stille breit. Carlo zuckte entschuldigend mit den Schultern und wandte sich, wieder ganz der sanfte Schwabinger, an Sandra.
»Nix für ungut. Ist nicht persönlich.«
Sandra grinste, sie fand die ganze Situation eher komisch. So wie sie es immer komisch fand, wenn Heiko sich vor ihr profilieren wollte. Sie blinzelte zum BMW.
»Toller Oldtimer. Darf ich mal reinschauen?«
»Ähm, ja … logisch.«
»Ich bin übrigens die Sandra.«
Anna musste sich wohl oder übel auch vorstellen: »Anna.«
»Ich bin der Carlo. Servus.«
Die drei entspannten sich etwas und gingen zum BMW, aus dem sich nun auch Elli herausschälte.
»Na, wen haben wir denn da?«, fragte sie. Bei sich allerdings dachte sie, dass ihr das jetzt gerade noch gefehlt hatte, so ein naives Hübschchen, das wahrscheinlich nur wieder Unglück brachte. Ein wenig erinnerte sie sogar an Martins Praktikantin, die sich letzten Sommer zur Geliebten hocharbeiten wollte.
»Ich bin die Sandra und du?«
»Elli. Gehört euch das Haus?«
»Du bist lustig! Schön wär’s! Keine Ahnung, ich glaub, mein Freund hat da irgendwas durcheinandergebracht.«
Das Mädel war anscheinend viel netter als ihr peinlicher Freund, gestand sich Anna ein. Nettes junges Ding, schnappt sich aber ausgerechnet den größten Hornochsen, der herumläuft. Auf der Palette der männlichen Paviane, die ständig mit ihren knallroten Ärschen prahlten und sich für den Höhepunkt der Schöpfung hielten, da hatte dieser Ossi mit Sicherheit einen VIP-Platz. Womöglich war sie auch noch unsterblich in ihn verliebt, wollte ihn bald heiraten, ganz in Weiß, und dann viele Kinder von ihm haben. Was war eigentlich aus der Emanzipation geworden?
Stolz öffnete Carlo der unbekümmerten Sandra die Fahrertür und bot ihr an, sich mal hineinzusetzen.
»Der Wagen hat noch eine Grandezza, das gibt es heute gar nicht mehr. Alles nur Plastik in den neuen Autos!«
In dem Moment stürmte Heiko aus dem Haus und wedelte wichtig mit einem Blatt herum. Ganz aufgedreht und siegessicher baute er sich vor Carlo auf.
»Bitte schön! Lies mal besser, bevor du hier mit Schuhplatteln und Jodeln anfängst.« Er hielt ihm das Schriftstück hin. Und zu seiner Freundin sagte er: »Was machst du da? Komm da raus!«
Bevor Carlo allerdings das Blatt auch nur überfliegen konnte, hatte Anna es ihm aus der Hand gerissen. Immerhin war sie der Profi, Wirtschaftsanwältin, eine der besten. Anna konnte einen Text in Bruchteilen von Sekunden scannen, gleichzeitig erfassen und die wesentlichen Aussagen herausfiltern. Einer der vielen Gründe, weshalb sie für ihre Firma unentbehrlich geworden war und weshalb sie jetzt dieses unverschämt gute Angebot aus London beziehungsweise New York hatte. Sie konnte zentimeterdicke Vertragswerke killen, Topmanager an den Rand der Verzweiflung treiben und Börsenkurse aufs Eis schicken. Da war sie geradezu ein Genie.
An diesem harmlosen Blatt Papier jedoch gab es nichts zu rütteln. Selbst sie konnte das nicht ändern. Sie hielt einen stinknormalen Mietvertrag in der Hand, der alle Formalien erfüllte. Zeit, Ort, Vertragspartner und so weiter, alles wasserdicht.
Das einzige etwas delikate Problem bestand darin, dass im nächsten Moment Carlo in die Sakkotasche seines braunen Cordanzugs griff und genau den gleichen Mietvertrag hervorzauberte. Mit dem klitzekleinen Unterschied, dass dort sein Name als Mieter der Villa Duchessa vermerkt war.
»Tja, das nennt man wohl ein Patt«, meinte Sandra scherzend und kassierte dafür umgehend einen bitterbösen Blick von Heiko.
Auch Anna sah ihren Carlo strafend an, der mit seinem Latein fürs Erste am Ende war.
Das sei ja wohl ein saublöder Fehler vom Vermieter, grummelte Carlo. Doch Anna bezweifelte, dass es sich um ein schlichtes Missverständnis handelte. Nein, das roch viel zu sehr nach billigem Betrug.
Wie auf Kommando griffen Anna und Heiko in der nächsten Sekunde zu ihren Handys und wählten die Nummer des Vermieters. Wie bei einem Boxkampf zog sich jeder in eine Ecke des friedlichen Hofes zurück.
Anna seufzte. Oh Wunder! Es meldete sich nur der Anrufbeantworter. Sie war wenig überrascht, wohingegen Heiko, völlig aus dem Häuschen, es ständig weiter versuchte.
Anna gab auf und fragte Carlo leise: »Hast du schon bezahlt? Sag nein!«
»Vor zwei Wochen.«
»Man zahlt nie im Voraus, jedenfalls nicht alles!« Sie konnte es nicht fassen.
»Ach, das Geld ist doch egal. Was machen wir jetzt, was
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