Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
änderte Tina ihren Stil und wirbelte wie eine Voodoo-Beschwörerin kurz vor der ersehnten Trance um Heiko herum, dass ihm ganz schwindelig wurde. Heiko zog sich aus der Affäre, indem er Lutz um einen weiteren Zug seines Joints bat. Er wollte den drei Damen lieber nur zuschauen, vorerst. Aber wie hatte Tina es so schön gesagt? Der Abend war ja noch jung. Olé!
Elli saß sehr gemütlich in ihrem Ledersessel und beobachtete mit einem Auge die Tanzenden, während sie sich vor dem zweiten Auge den morgigen Tag ausmalte.
Die drei Frauen waren vom Discofieber gepackt, ABBA sang »Money, Money, Money, it’s a rich man’s world«, selbst Anna fühlte sich zunehmend in die Musik ein und machte jetzt auch ohne Heikos Hilfe mutigere Beckenbewegungen. Sie folgte dem Vorbild der anderen beiden, und schon segelten ihre Schuhe in die Ecke. Barfuß lautete die Devise.
Draußen war es windiger geworden, ein paar der grauen Wolken hatten es geschafft, sich über ihre Köpfe hinweg unbemerkt zum Gardasee vorzuarbeiten. Noch war drinnen wie draußen die Luft viel zu warm, als dass man groß von einer Abkühlung hätte sprechen können.
Dabei hätte das allen ganz gutgetan, dachte Elli. Es lag eine aufgeladene Spannung im Raum, wie bei einem wild züngelnden Lagerfeuer, an das sich jeder gefährlich nah heranpirschte. Tina und Sandra tanzten nun eng miteinander und wollten Anna in ihre Mitte nehmen. Zu Ellis Erstaunen ließ sich Anna den spielerischen Annäherungsversuch gefallen. Und gerade so, als wolle sie den beiden anderen mal zeigen, was eine Businessfrau so draufhatte, legte sie sich zusätzlich ins Zeug. Eines war klar, das war keine Premiere für Anna. Das enthemmte Objekt der weiblichen Begierden warf ihren Kopf nach hinten und ließ sich von den anderen blind auffangen.
Carlo kam gerade mit zwei großen Platten voller süßen Schweinereien durch die große Flügeltür und machte abrupt halt, als er die drei Gespielinnen sich gegenseitig verführen sah.
Die beiden anderen Männer schauten sich den erotischen Tanz ebenfalls an. Keiner von beiden sagte etwas. Sie standen beisammen und teilten sich wieder einen Joint. Schließlich stellte Carlo seine süßen Köstlichkeiten auf den Tisch, sah kurz zu seiner Anna und machte sich wieder zur Kaffeemaschine auf. Elli erhob sich aus ihrem bequemen Sessel, um ihm zu helfen.
In der Küche waren schon mehrere Tassen aufgereiht, sie warteten nur noch auf die Füllung, das dampfende, braune Öl.
»Wer kann schon von sich behaupten, dass seine Gäste bereits vor dem Dessert quasi auf den Tischen tanzen?«
»Bis dato tanzen nur die Frauen«, grummelte Carlo.
Offensichtlich gefiel ihm Annas Version vom Tanz der Sabinerinnen nicht. »Ist doch nett, wenn sich alle mal ein bisschen gehenlassen.« Elli versuchte ihn zu beschwichtigen.
»Soll doch jeder machen, was er will. Aber die Anna is …« er zögerte, »… seltsam. So kenn ich sie nicht. Da ist was im Busch.«
Elli war kurz davor, eine kleine Andeutung zu machen, damit ihr Bruderherz, sollte Anna ihn wirklich verlassen, nicht so hart fiel. »Was soll ich sagen? Für sie ist vielleicht auch nicht immer alles so einfach.«
Carlo wurde hellhörig, konzentrierte sich aber gleichzeitig auf die Kaffeemaschine.
Elli suchte nach Worten. »Man weiß doch nie, was man will. Wir alle. Ständig fragen wir, ob wir uns verändern sollen? Wir wollen es besser machen. Während sich um uns herum alles immer schneller dreht.« Verdammt, sie hatte schon viel zu viel gesagt, aber der Wein hatte auch ihre Zunge gelöst.
Carlo drehte sich um und sah ihr tief in die Augen. Er kannte seine Schwester und wusste genau, wann sie ihm etwas durch die Blume sagen wollte. Er wurde nachdenklich.
Aber er schien nicht unvorbereitet, nein, Carlo ahnte mehr, als es bis jetzt den Anschein gemacht hatte. Es war merkwürdig. Alles um sie herum war ins Wanken geraten. Die Villa, das Geld, ihre seltsame Zusammenkunft, ein Katalysator der Gefühle, ein Brandbeschleuniger, der alles, was mühsam von der Oberfläche verdrängt wurde, nun umso stärker nach oben jagte. Die Situation hatte ihre ganz eigene explosive Dynamik, die sich immer freier entfalten wollte.
Elli ging kurz aus der Küche und kam gleich darauf mit einem etwas klapprigen Servierwagen zurück.
»Schau mal, den hab ich im Esszimmer gefunden, hat sich neben dem Schrank in der Ecke versteckt.«
Während Carlo halb abwesend ein paar Espressi und zwei Cappuccini daraufstellte, ergänzte Elli die
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