Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
verschaffte sich eine unangenehme Wahrheit Raum. Das spürten alle. Oder schauspielerte sie wieder?
»Ja.« Mehr hatte sie nicht zu sagen.
Heiko war wie paralysiert. Hatte er da gerade richtig gehört? Sie, seine unschuldige, ach so brave, kleine, harmlose Freundin hatte ihn betrogen? Ihn, der nicht immer, aber zumindest oft genug, »nein« gesagt hatte? Und was hatte er schon für Gelegenheiten gehabt! Er hätte aufspringen und schreien, Sandra packen und zur Rede stellen können. Er hätte auch das Auto nehmen und davonbrausen können, für immer. Aber er tat nichts von alledem. Cool bleiben, das war jetzt oberstes Gebot. Zur Strafe ignorierte er seine Freundin.
Sandra entschuldigte sich nicht einmal bei ihm. Warum sie plötzlich so ehrlich war und diese Bombe ohne Grund platzen ließ, war ihr selber nicht ganz klar, aber sie wusste, dass es richtig war. Sie spürte keine Reue.
»Saublödes Spiel!« Es war Carlo, der aufstand.
Doch die anderen blieben sitzen. Was gesagt war, war gesagt, dachte Elli. Sie waren alle alt genug und wussten, auf was sie sich eingelassen hatten. Den Moralapostel spielen, das war nun wirklich blödsinnig.
Sandra fuhr mit dem Spiel fort. Immerhin war alles nur ein harmloser Spaß. Währenddessen ging Carlo unruhig am Esstisch auf und ab und zündete sich eine neue Zigarre an. Zum allerersten Mal verspürte Anna leichte Sympathie für Heiko. Der hatte alles andere als eine Glückssträhne. Eigentlich ein armer Kerl. Um die etwas beklemmende Stimmung wieder etwas aufzulockern, zog sie den Servierwagen zu sich und schenkte ihnen allen einen Grappa ein, auch Carlo. Er solle sich mal nicht so haben. Während sich die Flasche diesmal besonders lange drehte, lockerten sich alle wieder ein wenig. Nur Heiko blieb verdächtig still.
Nach diesem ersten kleinen Schock wurden die Fragen und Aufgaben wieder etwas harmloser. Bis auf Heiko hatten wieder alle ihren Spaß, selbst Carlo, der nicht als feige gelten wollte, wie es ihm Tina unterstellt hatte. Das teuflische Spiel gewann schnell wieder an Fahrt. Dabei kam einiges ans Licht. Lutz zum Beispiel wünschte sich ganz klar keine Kinder, nicht in dieser, dem Untergang geweihten, Welt. Eine überraschende Neuigkeit selbst für Tina. Und ja, Lutz war auch schon einmal bei einer Hure gewesen, mehrmals. Was Elli noch mehr erstaunte. Der Mann war voller Widersprüche. Interessant war auch, dass Tina als Teenager mal eine Nacht im Knast verbringen musste. Drogenbesitz. Was Wunder! Ein Schicksal, das sie auf gewisse Weise mit Anna teilte, die erst vor wenigen Monaten als Terrorverdächtige von US-Beamten stundenlang festgehalten wurde. Fälschlicherweise, wie sie bedauerte. Die anderen lachten. Ob Anna mit Carlo alt werden wolle, wurde sie von Lutz gefragt. Worauf sie nur mit einem vielsagenden bis verräterischen »Vielleicht« antwortete. Carlo war allmählich auf alles vorbereitet und verabschiedete sich, was Anna betraf, von seinem letzten Funken Optimismus.
Heiko musste weiter seinen Schock verarbeiten. Ab sofort fühlte er sich Sandra gegenüber moralisch überlegen. Sie stand in seiner Schuld. So sah zumindest er die Angelegenheit.
Währenddessen gestand seine Traumfrau ihren Mitspielern freimütig, dass sie sich natürlich ihren Busen machen lassen würde, wenn es denn mal nötig werden würde. Noch allerdings sei sie mit den schönsten Brüsten Leipzigs gesegnet, was, wie sich bald herausstellte, alles andere als eine Lüge war, als Sandra gezwungen war, ihr Kleidungsstück abzulegen. Keinen der anwesenden Herren konnte dieser Anblick kaltlassen. Carlo sah etwas verunsichert zur Seite, Lutz hingegen starrte sekundenlang auf Sandras blanken Busen, und Heiko starte Lutz an.
»Luuutz!«, riefen die anderen, denn längst hatte die Flasche ihn ausgewählt.
Pflicht, und somit entweder fünfzig Liegestützen oder einen Kuss für Carlo. Zu dumm für Carlo, denn der Berliner war leider keine Sportskanone mehr, und so kassierte Carlo den ersten männlichen Kuss in seinem Leben. Er sprang auf, um sich den Mund zu waschen. Die Runde kugelte sich vor Lachen.
Dann musste Elli unter schüchternem Schmunzeln gestehen: Ja, sie sei während der Uni mal mit zwei Mädels aufgewacht, nackt und »den Rest könnt ihr euch denken …« Sei übrigens gar nicht so übel gewesen. Nur zehn Minuten später saß Pechvogel Carlo oberkörperfrei und ohne Socken, dafür mit respektablem Zacken in der Krone auf seinem Kissen. Widerstand zwecklos. Außerdem hatte er einen
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