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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Paradies.
    Geheilt und wie auf Watte wandelte ich zurück an meinen Platz, gerade rechtzeitig, um den reuigen Anruf meiner Mutter entgegenzunehmen. So sehr sie sonst ein Geschick für falsches Timing hatte, so sehr hatte sie Glück, mich in diesem Moment anzurufen. Ich hätte jedem alles verziehen. Heute konnte mich bitten, wer wollte, ohne Ablass und Vorwürfe. Meine Mutter versprach, den Kontakt zu Diane einzuschränken, und war froh, dass ich nicht mehr auflegte, wenn sie anrief. Natürlich musste sie hinterherschicken, dass sie den richtigen Zeitpunkt, um mich anzurufen, erpendelt habe.
    In dieser emotionalen Geberlaune rief ich Sarah an, um zu fragen, ob sie nicht Lust habe, bei mir zum Essen vorbeizuschauen, sozusagen als Dankeschön für ihren Einsatz am Wochenende. Leider war sie schon verabredet, aber klang sehr fröhlich.
    Da ich seit der Party bisher nicht fit genug gewesen war, mit Sarah die Geschehnisse zu diskutieren, fragte ich jetzt nach, solange ich noch allein im Zimmer und Michi in der Küche war.
    »War das mit Clemens ein Problem für dich, oder ist das jetzt okay?«, fasste ich mir ein Herz.
    Sarah musste nicht lange überlegen.
    »Denk da ja nicht mehr drüber nach, es ist alles gut. Ich muss jetzt nicht zu dritt die ganze Zeit was unternehmen oder über ihn sprechen, aber es geht mir wirklich gut, glaube mir, sogar mehr als gut.« Ihre Stimme klang so fröhlich und ausgelassen, dass ich ihr die gute Stimmung tatsächlich sofort abnahm. Das klang nicht aufgesetzt, dazu kannte ich sie zu gut. Mir fiel ein Stein vom Herzen.
    »Sag, was war das eigentlich für eine Aktion mit Ben beim Flaschendrehen? Fandest du das nicht auch mehr als seltsam, wie er da plötzlich abgebrochen hat?«, wälzte Sarah schon das nächste Thema vom Wochenende. Seltsam und Ben? Das waren zwei Wörter, die sich gefunden hatten und bestimmt bald als Kompositum Hochzeit feierten.

Bella Italia, la dolce vita , wir kommen!
    Endlich, es war Donnerstag. Mit gepackten Sachen stand ich an der Straße und wartete auf Clemens, der mich jede Minute mit dem Taxi abholen würde. Das Leben war schön, das Leben war gerecht, zumindest für mich. Diane und Michi sahen das anders und hatten keinen Hehl daraus gemacht, was sie davon hielten, dass Clemens und ich nach Venedig reisten. Dabei konnten sie sich nicht beschweren. Clemens würde bald mit Michi zur Buchmesse und im November mit Diane zum Noise Festival reisen. Diane bei diesem Musikfestival, das konnte ich mir zwar so gar nicht vorstellen – Papas Prinzessin zwischen besoffenen Menschen, die tagelang ohne eine Dusche den größten Spaß überhaupt hatten, während sie das kleine Schwarze eindeutig bevorzugte und als Rockröhre oder Indiebraut keine sehr glaubwürdige Rolle abgab. Anscheinend tat es ihrer Schreibe keinen Abbruch, denn wenn man Kennern Glauben schenken durfte, kannte sie sich in allen Musikrichtungen gut aus. Und wer weiß, auch auf Festivals gab es einen vip-Bereich, und vielleicht befand Diane einen wilden Rockstar durchaus für reizvoll, um ein gewagtes Abenteuer oder eine willkommene Abwechslung zu erleben.
    Bevor ich mir weitere Gedanken machen konnte, wie Diane mit einem gepiercten und tätowierten Rockstar Stagediving übte, bog das Taxi mit Clemens um die Ecke. Voller Energie und bestens gelaunt sprang er aus dem Taxi, begrüßte mich stürmisch und ruck, zuck waren meine Koffer verstaut, und los ging es nach Tegel.
    Natürlich gab es wieder einmal keinen Direktflug mit der Lufthansa von Tegel aus. Überhaupt war die Flughafensituation eine Katastrophe in Berlin. Wenn man bedachte, dass Berlin unsere Hauptstadt war und dennoch kein vernünftiger Flughafen gebaut wurde, aber der erste Direktflug nach New York wie die Erfindung des Rades gefeiert wurde, war das nichts anderes als ein Armutszeugnis. Es gab nicht einmal innereuropäische direkte Flüge, man musste fast immer über Frankfurt oder München fliegen, was wirklich nervte und kostbare Zeit in Anspruch nahm. Doch heute war mir das alles egal. Von mir aus konnten wir auch in Wanne-Eickel Zwischenstopp machen, solange Clemens nur neben mir saß.
    Am Flughafen standen schon beim Einchecken alle bekannten Gesichter der Filmbranche. Kritiker, Journalisten, Produzenten, Schauspieler. Sollte diese Maschine abstürzen, die Jahresrückblicke wären gesichert, und die Bunte könnte eine Sonderausgabe drucken.
    Man grüßte sich, wechselte mit dem ein oder anderen ein paar Worte. Clemens kannte, wen

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