Flaschendrehen: Roman (German Edition)
teuren Designerklamotten auf Events gewesen, aber nie hatten die Kulisse, der Anlass und der Mann besser zu solch einem Traum von Kleid gepasst wie heute Abend.
Gespannt, was Clemens sagen würde, öffnete ich die Badezimmertür und trat in den kleinen Wohnbereich, der zur Suite gehörte. Clemens saß ausgehbereit im Smoking auf der Chaiselongue und las ein Buch, eine Strähne hing ihm ins Gesicht. Ich war es, der es den Atem verschlug, denn Clemens vereinte, ohne es zu wissen, alles, wonach ich mich sehnte: Interesse, Intellekt, Herz, Humor und Leidenschaft. Das alles, kombiniert mit einer schier unfassbaren Attraktivität und Ausstrahlung, deren er sich noch nicht einmal bewusst zu sein schien – oder zumindest setzte er sie nicht bewusst ein –, ließ meinen Atem stocken. Ich war die Glückliche, mit der er zusammen sein wollte.
Das Rascheln meines Kleides ließ ihn aufblicken. Was er sah, gefiel ihm offensichtlich. Er legte das Buch beiseite, stand auf und ging mit glänzenden Augen auf mich zu.
»Du siehst atemberaubend aus! Du glaubst aber doch nicht, dass ich so mit dir vor die Tür gehe und dich Blicken anderer Männer aussetze. Das teile ich mit niemandem, die Premiere ist hiermit gestrichen«, scherzte er und sah mich mit einem Blick an, der eindeutig Besitzerstolz preisgab. Wenn man einen Bruder hat, der einem früher mit dem gleichen Blick die Playmobilsammlung präsentierte, später das erste Motorrad, dann das begehrteste Mädchen der Schule, kannte man sich mit dieser Art Blick aus.
Er griff in seine Smokingtasche, holte ein kleines Geschenk hervor, überreichte es mir und beobachtete mich aufmerksam, wie ich die Schleife entfernte und den Geschenkkarton öffnete. In dem Karton lag eine schwarze Schatulle, die ich vorsichtig aufklappte. In schwarzen Samt eingebettet, lag eine feine Silberkette mit einem kleinen, sehr aufwändig gearbeiteten Sternenanhänger aus kleinen Brillanten. Falls Elfen Schmuck trugen, dann solche Ketten, denn der Anhänger war so filigran und leicht verarbeitet, dass man den Eindruck haben musste, ein federleichtes glitzerndes Etwas zu tragen. Ungläubig schaute ich Clemens an.
»Für mich?«
»Na ja, zumindest dachte ich, dir wird es besser als mir stehen«, gab er lachend zurück und legte mir die Kette um den Hals.
»Lass uns gehen, Augenstern!«, sagte er zärtlich und nahm mich an die Hand. Augenstern … Deshalb hatte er bestimmt den Stern ausgewählt.
Als wir durch die Halle gingen, wandten sich alle nach uns um, obwohl es nur so von festlich hergerichteten Paaren wimmelte. Aber Clemens und ich strahlten anscheinend so viel Glück aus, dass wir überall angelächelt und bestaunt wurden. Beim Verlassen des Hotels, auf dem Weg zum Festivalpalast und schließlich auf dem roten Teppich, der unter Blitzlichtgewitter in den Kinosaal führte. Zwar hielten wir nicht Händchen, ich unterließ es auch, mich bei Clemens einzuhaken, aber jeder, der Augen im Kopf hatte, musste sehen, dass wir zusammengehörten.
Der Film, der als Galavorstellung gezeigt wurde, hieß Careful what you wish for und war ein kommerzieller Hollywoodstreifen mit Staraufgebot. Natürlich liefen diese Streifen nicht im Wettbewerb, sondern außer Konkurrenz, waren aber für das Festival genauso wichtig, weil sie Stars, Fotografen, Fans anzogen und der Veranstaltung den nötigen Glanz gaben. Die Hauptdarsteller kannten das Spiel und machten bereitwillig mit, drehten sich auf dem Teppich, lachten, scherzten und ließen sich feiern. In Venedig sahen sich die meisten sogar den Film noch einmal an und blieben nach der Vorführung da, um sich den Fragen des Publikums und ausgesuchter Journalisten zu stellen. Im Gegensatz zu sonstigen Promotionveranstaltungen ging es in Venedig immer unverkrampft und mit einer Leichtigkeit zu, die bestimmt an der bezaubernden Umgebung und Stimmung lag. Der Film selbst war nichts Außergewöhnliches, solides Handwerk, gut gemacht, ein vorprogrammierter Publikumserfolg. Außergewöhnlich wurde er jedoch, weil ich ihn mit Clemens sah, der im Dunkeln meine Hand hielt und an sich drückte.
Er ließ sie erst wieder los, als die Lichter angingen, zwinkerte mir dabei aber verschwörerisch zu. Ich wusste, was er sagen wollte. Nicht mehr lange, dann kann ich sie auch in der Öffentlichkeit halten … Mein Herz schlug sofort schneller.
Auf der anschließenden Party, die in einem Nebensaal stattfand, war alles an Rang und Namen der Filmbranche versammelt. Schauspieler, Produzenten,
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