Flaschendrehen: Roman (German Edition)
zurück und konnte es kaum abwarten, bis wir endlich allein waren.
Kurz vor Mitternacht sammelten wir uns, um Clemens’ Geschenk gemeinsam zu überreichen. Das Licht wurde gedimmt, die eingeweihte Kappelle begann Happy Birthday zu spielen, Marion zündete die Wunderkerzen auf der speziell angefertigten Phosphor -Torte an, und wir marschierten gemeinsam auf die Bühne, wo Clemens bereits von Michi hingeführt worden war.
Gemeinsam zählten alle Gäste die verbleibenden Sekunden bis Mitternacht laut runter. »Fünf, vier, drei, zwei, eins, Happy Birthday!«
Jubelnd fiel einer nach dem anderen Clemens um den Hals, seine Wangen waren von Lippenstiftfarben jeglicher Couleur bedeckt, die Jungs klopften ihm kumpelhaft auf die Schulter.
Feline ergriff schließlich das Wort und überreichte ihm im Namen aller sein Geschenk.
Clemens machte sich daran, unser Geschenk, das vom Boden bis zu seinen Knien reichte, auszupacken.
»Das ist ja nett von euch, ’ne CD !«, scherzte Clemens, während er das Papier entfernte.
Zum Vorschein kam ein ledernes Reiseset von Burberry.
Feline erklärte die Intention.
»Wir dachten, da du die meiste Zeit aus dem Koffer lebst und der bist, der am meisten von uns unterwegs sein muss, solltest du das in style machen, schließlich repräsentierst du den Verlag«, spielte sie auf Clemens’ abgerockte Reisetasche an, die er vor Jahren auf einer Messe als Werbegeschenk bekommen hatte. So sehr Clemens darauf achtete, gut angezogen zu sein, so uneitel war er, wenn es um Statussymbole ging. Diese Mischung aus Stil und unprätentiöser Unachtsamkeit war Teil seines Charmes.
Unser Geschenk kam gut an, Clemens freute sich ein Loch in den Bauch. Marion hatte aber auch wie verrückt für ihn gesammelt, von Feline wurde am Ende großzügig der fehlende Betrag für das Kofferset draufgelegt.
Hoffentlich würde er sich über mein Geschenk auch so freuen!
Die Geburtstagsparty ging ausgelassen weiter, und gegen halb drei gab ich Clemens unauffällig ein Zeichen, das ihm bedeuten sollte, ob wir nicht langsam gehen wollten.
Er kam zu mir und flüsterte mir ins Ohr, ich solle schon in meine Wohnung vorausfahren, er würde gleich nachkommen, und ich solle mich ja unterstehen, das Sissy-Kostüm auszuziehen, bevor er da sei.
Unter dem Vorwand, müde zu sein, machte ich mich aus dem Staub und fuhr nach Hause. Brav kam ich Clemens’ Wunsch nach, mein Kostüm anzulassen, auch wenn es alles andere als bequem war, die Schuhe zog ich allerdings aus, dann legte ich mich auf die Couch, um auf Clemens zu warten.
»Gleich« hieß halb sechs am Morgen, wie sich herausstellte. Ich war auf dem Sofa eingeschlafen, mit offenem Mund, neben mir ein Fleck, wohl Speichel, mein Mund jedenfalls war komplett ausgetrocknet. Auch hübsch, so vom angebeteten Mann gefunden zu werden, dem man in aller Unschuld den zweiten Wohnungsschlüssel gegeben hatte.
Schneewittchen war das bestimmt nicht passiert, hoffentlich hatte ich nicht geschnarcht, angeblich tendierte ich dazu, wenn ich betrunken war.
Clemens kniete neben mir und strich mir über die Haare, das Diadem war verrutscht, und mein Rücken schmerzte an den Stellen, wo sich der Reifrock in die Rippen gequetscht hatte.
»Sissy, wach auf, wir haben die Ungarn auf unsere Seite gebracht, das muss gefeiert werden!«
Sehr witzig, ich hatte von Feiern genug, in meinem Alter sollte man es lieber lassen, stellte ich fest, nachdem ich aufgestanden war, um mich im Bad frisch zu machen, mein verschmiertes Augen-Make-up zu entfernen und das verknotete Diadem aus meinen Haaren zu wursteln. Meine Kondition reichte einfach nicht mehr aus, und meine Nerven langsam auch nicht mehr.
Die Kopfschmerzen waren nicht gerade hilfreich.
Clemens löste mir ein Aspirin auf und wartete gespannt auf sein Geburtstagsgeschenk von mir.
»Also, ich dachte, kaufen kannst du dir alles selbst, eine Reise war mir zu vergänglich, und ich wollte ein Geschenk, das länger hält oder, sagen wir mal, das ewig hält«, schickte ich vorweg.
Jetzt war er noch gespannter. Ich band ihm die Augen zu und führte ihn auf meinen Balkon. In meiner Vorstellung hatte sich diese Szene deutlich romantischer angefühlt, so durchgefeiert und mit Kopfschmerzen war es eher komisch.
Auf dem Balkon nahm ich ihm die Binde ab, überreichte ihm einen Umschlag und zeigte auf das eigens von mir aufgestellte Teleskop.
Das Fragezeichen auf seinem Gesicht beantwortete ich, indem ich auf den Umschlag zeigte und ihn aufforderte, ihn zu
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