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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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alles wieder in der richtigen Perspektive.«
    Schön wäre es! So einfach ließ sich das, was geschehen war, nicht unter den Teppich kehren. Und was war mit Clemens?
    Ich erzählte Rudi von unserem Streit und dass ich das Gefühl hatte, dass das Gleichgewicht zwischen Clemens und mir nicht mehr stimmte. Während ich so sprach, fiel mir auf, dass wir uns nur einmal in Venedig »Ich liebe dich« gesagt hatten und seither nicht wieder. Rudi hörte mir aufmerksam zu und gab mir abschließend folgenden Rat.
    »Du hörst es nicht gern, aber ich denke, das mit Ben ist passiert, weil du dich von Clemens vernachlässigt fühlst und du all deine Wünsche und Sehnsüchte in diesem Moment unbewusst wieder auf Ben projiziert hast. Vergiss die Sache mit Ben und kümmere dich um Clemens. Aber nicht, indem du dich wie eine Klette an ihn hängst und ihn mit Vorwürfen überhäufst, sondern indem du dich rar machst und ihm die Chance gibst, zu vermissen, was er an dir hat.«
    Wahrscheinlich hatte Rudi Recht, zumindest klang es sehr plausibel.
    Langsam beruhigte ich mich wieder, da fiel mir Sarah ein. Rudi winkte ab.
    »Bestimmt hat sie nur fest geschlafen und dich nicht gehört. Also wenn ich ein Mädchen kenne, um das man sich keine Sorgen machen muss, dann ist das Sarah.«
    Auch wieder wahr! Müde von der unerwarteten Aufregung machte ich mich auf den Nachhauseweg, jedes Mal, wenn mir das Bild wieder in den Kopf schoss, wie Ben mich beinahe küsste, durchfuhr mich dieses Blitzkribbeln, daran musste ich noch arbeiten. Eine Nacht drüber schlafen, dann würde sich das sicher legen.

Was klingelte denn, bitte, so penetrant und mitten in der Nacht? Im Halbschlaf versuchte ich, das lästige Geräusch zu ignorieren, vergeblich. Blinzelnd sah ich auf den Wecker. Mich traf der Schlag! Es war halb elf, seit fast zwei Stunden sollte ich in der Redaktion sein! Was da klingelte, war mein Telefon, bestimmt Diane, die mich abmahnen lassen wollte. Hektisch sprang ich aus dem Bett und nahm den Hörer ab. Am anderen Ende der Leitung war Sarah und fragte besorgt, was gestern Nacht los war.
    Mist! Sofort fiel mir alles wieder ein, der Kinobesuch, Bens und mein Beinahekuss, Rudis Ratschläge und Sarah, die vom Erdboden verschwunden war.
    »Ich erzähl’s dir später, ich hab verschlafen und muss sofort los! Wo warst du denn gestern Nacht, als ich bei dir war?«
    Angeblich im Bett, tief und selig schlafend, ohne auch nur ein Geräusch gehört zu haben.
    In Windeseile zog ich mich an, setzte mich ins Auto, tuschte mir die Wimpern an der roten Ampel, kämmte mir die Haare kurz vor dem Aussteigen und rannte, so schnell ich konnte, die Treppe zur Redaktion hinauf.
    Meine Jacke warf ich auf den Schreibtischstuhl, nahm meine Unterlagen und platzte zu spät in die vollzählig besetzte Redaktionskonferenz. Gerade wollte ich zu einer Entschuldigung ansetzen, da sah ich erst, wer sie leitete.
    Clemens stand am Flipchart und sah belustigt zu, wie ich langsam begriff, dass er da war.
    »Was machst du denn hier?«, rutschte mir heraus, wofür ich spontanes Gelächter erntete.
    Clemens lachte ebenfalls.
    »Hi, ich arbeite hier«, scherzte er und fügte hinzu, dass ein Termin in Köln geplatzt sei und er somit früher zurückkommen konnte.
    Perfektes Timing, würde ich mal sagen, denn falls ich je an meiner Liebe zu Clemens gezweifelt hatte, genügte ein Blick zwischen uns, und ich war wieder auf Droge, und nichts um mich herum zählte, vor allem kein Ben, der sich alle Schaltjahre einmal emotional öffnete und versuchte, mich damit durcheinander zu bringen.
    »Und du? Bist du neu hier, oder warum weißt du nicht, wann wir anfangen?«, tadelte er mich zwinkernd.
    » Sorry , hab verschlafen«, murmelte ich verlegen und setzte mich schnell neben Marion.
    Clemens musste ja nicht erfahren, weshalb ich verschlafen hatte, Ben war ihm ein Dorn im Auge.
    Leider brachte Clemens keine erfreulichen Nachrichten mit. Wie es schien, wurde die Zeitgeist gut im Markt aufgenommen, sowohl bei Kunden als auch bei Lesern. Zwar standen wir immer noch mit Abstand besser da, aber der verringerte sich zunehmend. Ohne diese unliebsame Konkurrenz im Nacken könnten wir unseren Erfolg, die Phosphor wieder auf die Gewinnspur gebracht zu haben, jeden Tag feiern. So aber hatte sich das Blatt gewendet, und wenn auch die Konkurrenz das Geschäft belebt, war es um einiges anstrengender, vor allem, weil Ilona Richter überhaupt nicht daran dachte, klein beizugeben. Erst neulich wieder hatte sie bei

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