Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
dem Sinn, dass sie bei Menschen über fünfundsechzig eine ganz natürliche Erscheinung ist. Mit zunehmendem Alter wird das Proteinkollagen der Klappensegel zerstört, und auf den Segeln lagert sich Kalk ab. Der Blutfluss wird unregelmäßig und verursacht eine Verdickung und Verengung der Klappe. Warum dieser Prozess bei manchen Patienten eine Aortenstenose herrvorruft und bei anderen nicht, ist unbekannt. Bei Professor Fox war es jedenfalls so.«
    »Und die Heilungschancen?«
    Dr. Tak wandte sich von Leonard ab und redete leise weiter. »Nach dem Auftreten von Symptomen wie Kurzatmigkeit, Brustenge oder Ohnmacht können wir bei einem Patienten in Professor Fox’ Alter eigentlich nur noch einen chirurgischen Eingriff vornehmen, bei dem die Herzklappe ersetzt wird.«
    »Ist das teuer?«, fragte Nick. »Oder kommt die staatliche Krankenversicherung dafür auf?«
    Dr. Tak lächelte grimmig. »Ich bin kein Chirurg. Bei dieser Operation beträgt die Wartezeit für staatlich versicherte Patienten etwas über zwei Jahre. Man verwendet bioprothetische Klappen von Pferden oder Kühen, deren Beschaffung viel Zeit erfordert. Außerdem benötigen Patienten, denen Klappenprothesen eingepflanzt
werden, Immunsuppressiva und blutgerinnungshemmende Mittel wie Warfarin – Handelsname Coumadin –, um die Bildung von Gerinnseln auf den Klappen zu verhindern. Die Kosten für dieses teure Medikament werden von der staatlichen Kasse nicht übernommen. «
    Nick knirschte mit den Zähnen. »Lassen Sie mich raten. Die meisten Leute, die unter so einer Aortenstenose leiden, erleben den Operationstermin nicht mehr. Und wenn doch, können sie sich danach die nötigen Blutverdünner nicht leisten.«
    »Das ist richtig. Vor vielen Jahren, als ich noch ein junger Arzt in Bangkok war, haben wir alle auf einen Durchbruch in der Genforschung gehofft, um geklonte menschliche Herzklappen zu gewinnen, damit nach solchen Transplantationen keine Immunsuppressiva und blutgerinnungshemmenden Mittel mehr nötig sind. Aber nach dem Zusammenbruch der großen Pharmaunternehmen in Nordamerika durch die sogenannte Reform des Gesundheitssystems und nach dem Ausfall der staatlich geförderten Forschung in Amerika und den ehemaligen EU-Ländern haben sich diese Hoffnungen natürlich zerschlagen.«
    »Also können Sie Leonard nicht helfen, Dr. Tak?«
    »Ich gebe ihm Schmerzmittel gegen die Brustenge«, erwiderte der Thailänder. »Er muss jede Anstrengung meiden. Und natürlich Aufregung und Anspannung.«
    Nick musste unwillkürlich lachen. Als er das typische Ärztestirnrunzeln seines Gegenübers bemerkte, sagte Nick: »Leonard ist gerade mit meinem Sohn aus dem Kriegsgebiet Los Angeles geflohen. Ich weiß nicht, wie er das angestellt hat, aber ich werde ihm immer dankbar sein. Ich würde ihm mein ganzes Herz für eine Transplantation spenden, wenn es möglich wäre.«
    »Angenommen.« Näselnd meldete sich die Stimme von Professor George Leonard Fox. »Dr. Tak, bitte bereiten Sie meinen Schwiegersohn zur sofortigen Herzverpflanzung vor. Und wenn
Sie schon dabei sind, können Sie ihm gleich Nieren und Prostata entnehmen. Mit meinen kann ich nämlich nicht mehr durchschlafen. «
    Nick und der Arzt wandten sich um, aber nur Nick wurde rot. Er kauerte sich neben das Bett. »Wie lang bist du schon wach, Leonard? «
    »Lang genug, um die schlechten Nachrichten zu hören«, antwortete der Alte. »Habe ich irgendwelche guten Nachrichten über meinen Zustand verpasst?«
    »Na ja«, meinte Nick. »Vier Prozent der Leute mit deinem Leiden sterben an plötzlichem Herztod, ohne dass sie vorher was gemerkt haben.«
    Leonard lächelte. »Ich war schon immer gern bei der langweiligen Mehrheit. Eigentlich fühle ich mich sogar recht gut für einen alten Knacker, der gerade eine Nahtoderfahrung hinter sich hat. So aufgeräumt. Haben Sie mir was gegeben, Dr. Tak?«
    »Ein leichtes Beruhigungsmittel.«
    »Bitte packen Sie mir hundert Tabletten davon in eine Plastiktüte, wenn ich gehe.« Leonard drückte Nick die Hand. »Wir gehen doch bald, oder?«
    »Wir müssen wohl.«
    »Ist Val zurückgekommen?« Leonard verstärkte den Druck.
    Nick schüttelte den Kopf. »Ich verstehe überhaupt nicht, wie er aus dem Komplex rausgekommen ist.«
    Plötzlich schien Leonard etwas einzufallen. »Das Telefon.« Er ließ Nicks Hand los und winkte ihn näher heran.
    Nick beugte sich vor, bis sein Ohr knapp vor dem Mund des Alten war.
    »Daras Telefon, Nick. Es ist in deiner Wabe. Die Daten sind mit

Weitere Kostenlose Bücher