Flashback
waren zugenäht und eingesunken. Er hatte keine Ohren, und die Ohröffnungen waren mit transplantierter Haut verschlossen.
»Das sind die ersten Testpersonen«, erklärte Sato. »Einige hundert hier am NCAR, landesweit mehrere tausend. Es handelt sich um die letzte Qualitätskontrolle, bevor Flashback 2 in Amerika und anderswo in den Handel kommt.«
» F-2 ?«
»Richtig.« Sato legte seine mächtige Pranke auf die Glaswand, nur Zentimeter vom Gesicht der schwimmenden Versuchsperson entfernt. Zum ersten Mal fiel Nick auf, dass die Haut des Mannes – und auch die der Gestalten in den anderen Tanks – weiß wie ein Fischbauch und runzlig wie eine Dörrpflaume war.
»Sie werden den Rest ihres Lebens im Flashbackglück verbringen«, fuhr Sato fort. »Etwa drei Kilometer von hier geben Menschen Millionen Dollar aus, um am Naropa Institute unter überwachter Flashbackzuführung ihr gesamtes Leben wiedererstehen
zu lassen. Aber normales Flashback erfordert, dass der Proband einige Stunden am Tag wach ist, um zu trainieren, um zu essen, um Wundliegen und andere Beschwerden zu vermeiden. Ihr nachvollzogenes Leben wird ständig unterbrochen, die Flashbackillusion damit zerstört. Hier hingegen …«
Sato machte eine ausholende Geste.
»Hier hat Mr. Nakamuras Forschungszentrum einen Weg zu einer dauerhaften Existenz im Glück gefunden, die nicht nur nachvollzogen, sondern nach den eigenen Fantasien umgestaltet werden kann. Die Menschen hier erleben eine glückliche Zukunft mit ihren verstorbenen Liebsten. Gelähmte können wieder gehen und laufen. In diesen Tanks und mit dieser Droge finden Versager zum Erfolg, ohne dass ein anderer Schaden nimmt. Bei diesem Flash gibt es kein Versagen und keinen Verlust mehr, Bottom-san. Auch keinen Schmerz. Nicht den geringsten.«
»Es ist also real.« Nick meinte die Droge. Nach all den Jahren voller Gerüchte und Legenden um F-2 war es da. Ganz real.
»O ja. Für diese Männer und Frauen ist alles, was sie träumen, völlig real.« Offenbar hatte Sato Nicks Bemerkung falsch verstanden. »Der einzige Unterschied zwischen dem Leben auf Flashback 2 und dem, was wir als Wirklichkeit bezeichnen, ist die wunderbare Abwesenheit von Schmerz und leidvollen Erfahrungen, Erinnerungen und Empfindungen für diese Gruppe von Auserwählten. «
»Wie lange … leben sie?« Nick hatte noch den Gestank der Mülldeponie in den Kleidern. Er hätte viel dafür gegeben, wieder dort zu sein.
»Nach unseren Berechnungen, die sich auf ein Jahrzehnt Forschung stützen, erwarten wir eine normale Spanne von siebzig oder achtzig Jahren. Manchmal auch länger. Ein erfülltes, reiches, glückliches Leben.«
Nick drückte sich die Hand auf den Mund. Kurz darauf zog er
sie wieder weg. »Japanischen Staatsangehörigen ist der Konsum von Flashback bei Todesstrafe verboten – in Nippon und auch anderswo. «
»So wird es auch bleiben, Bottom-san. Dieses Gesetz wird weiter streng angewendet werden, genau wie auf dem Gebiet des Weltkalifats. «
Nick schüttelte den Kopf. »Ihr verkauft dieses Zeug, dieses F-2 …« Er brach ab, weil er nicht wusste, wie er den Satz beenden sollte.
»Und zwar zu einem günstigeren Preis als das ursprüngliche Flashback«, erklärte Sato voller Stolz. »Der Handelspreis für vierzig oder fünfzig Stunden F-2 wird nur einen neuen Dollar betragen. Das können sich sogar Obdachlose leisten.«
»Ihr könnt doch nicht dreihundertfünfzig Millionen Leuten ein Aquarium geben, in dem sie herumschwimmen«, fauchte Nick. »Und wer soll die Leute ernähren, wenn sie alle auf Flash sind? Das ist schon jetzt schwer genug.«
»Natürlich bekommen sie keine Tanks, Bottom-san. Der Kunde muss sich selbst eine Flashhöhle oder einen bequemen Rückzugsort suchen, wo er ungestört Flash nehmen kann. Der Tank ist natürlich die beste Möglichkeit. Wir könnten uns vorstellen, dass die Bereitstellung solcher Orte – vielleicht ganz ähnlich wie hier am NCAR – in den nächsten Jahren zur Wachstumsbranche wird. Außerdem denken wir, dass andere Nationen, auf deren Gebiet jede Form von Flashback strikt verboten ist, den Amerikanern bei der Herstellung solcher Tanks für die vollkommene Versenkung behilflich sein könnten.«
Nick rechnete im Stillen. Er hatte fünfzehn Patronen in der Glock und ein Ersatzmagazin in der Jackentasche. Zusammen dreißig Schuss. Vielleicht brauchte man mehrere Neun-Millimeter-Geschosse, um einen dieser Tanks zu zerbrechen – sofern man mit einer Faustfeuerwaffe
Weitere Kostenlose Bücher