Flashback
dir meinen Sohn Eduardo vorstellen? Eduardo, das ist mein Schach- und Diskussionspartner, von dem ich immer mit so viel Respekt gesprochen habe, der emeritierte Professor George Leonard Fox.«
Eduardo neigte das kahle Haupt. Seine Stimme war sehr leise. » Es un verdadero placer conocerlo, señor. «
»Das Vergnügen ist ganz meinerseits«, antwortete Leonard.
Eduardo wandte sich an Emilio. »Ich werde alles veranlassen,
Vater.« Nach einer erneuten Verneigung vor Leonard verließ er den Raum und zog die hohe Tür hinter sich zu.
Leonard spürte das Pochen seines Herzens. Schon lange hatte er geahnt, dass Emilios Söhne und Enkel eine bedeutende Rolle in der Reconquistabewegung von Kalifornien und Los Angeles spielten, doch erst jetzt begriff er, dass Emilio das Oberkommando führte. Weshalb hatte dieser wichtige – und offenbar gefährliche – Mann so viele Samstagvormittage mit einem pensionierten Literaturprofessor verbummelt?
An diesen Tagen im Echo Park waren Leonard nie Leibwächter aufgefallen, aber sie mussten natürlich da gewesen sein.
»Du hast also beschlossen, Los Angeles zu verlassen, mein Freund?« Emilio winkte Leonard zu dem leeren Stuhl und nahm wieder hinter dem wuchtigen, leeren Schreibtisch Platz. Draußen vor dem Fenster landeten und starteten ununterbrochen Hubschrauber.
»Ja.«
»Bueno. Der richtige Zeitpunkt für diesen Schritt.« Nach kurzem Zögern räusperte sich der Ältere und fuhr fort. »In zwei Tagen – am Samstag, noch vor dem Morgengrauen – wird der Staat Kalifornien hier einen Mordanschlag auf mich verüben. Eine Killerdrohne wird das gesamte Lager zerstören mit dem Ziel, mich, meine Familie und alle Menschen hier auszulöschen.«
»Gütiger Gott … «
» Sí «, erwiderte Emilio. »Gottes Güte ist es zu verdanken, dass wir rechtzeitig von diesen Plänen erfahren haben. Meine Familie und ich werden nicht hier sein, wenn die Raketen einschlagen. Die Streitkräfte der Reconquista sind gerüstet für den Angriff. Binnen einer Woche wird die Stadt der Engel unter neuer Führung stehen. «
Leonard wusste nicht, was er darauf sagen sollte, und stellte einfach die schwere Umhängetasche auf den Schreibtisch.
»Eine Million dreihunderttausend neue Bucks.« Seine Stimme klang merkwürdig erstickt. »Die Ersparnisse meines gesamten Lebens. Ich habe nur ganz wenig für Ausgaben während der Fahrt behalten.«
Statt in die Tasche zu schauen, nickte Emilio nur höflich. »Es ist weniger als der übliche Preis für den Transport von zwei Menschen nach Denver … Du willst noch immer nach Denver, mein Freund?«
»Ja.«
»Es ist weniger als der übliche Preis, aber der Leiter des Konvois schuldet mir einen Gefallen.« Lächelnd zeigte Emilio seine nikotinfleckigen Zähne. »Außerdem wird der Konvoi von unseren Reconquistakämpfern bewacht. Der Leiter will es sich bestimmt nicht wegen ein paar Dollar hin oder her mit uns verscherzen.«
»Wann fährt der Konvoi ab?« Er fühlte sich merkwürdig hohl, fast beschwingt, als hätte er mehrere starke Drinks gekippt. Diese Unterhaltung gehörte nicht in Professor Leonards Fox’ Leben, sondern in einen Film.
»Am Freitag um Mitternacht«, er widerte Emilio. »Wenige Stunden vor dem geplanten Anschlag auf mein Haus. Der Konvoi besteht aus dreiundzwanzig Sattelschleppern, mehreren Privatwagen und natürlich unseren Wachfahrzeugen. Du wirst mit deinem Enkel in einem der großen Laster fahren. Im erweiterten Führerhaus natürlich.«
»Wo finde ich den Konvoi?« Leonard sorgte sich, dass der Treffpunkt zu weit im Osten von Los Angeles lag, um ihn zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen. Oder lebend.
»Am alten Rangierbahnhof hinter der North Mission Road, knapp oberhalb der Stelle, wo die I-101 in die I-10 mündet. Auf dem West Sunset Boulevard kommt ihr leicht zur North Mission Road. Bis zum Rangierbahnhof sollte es keine Straßensperren oder Kontrollpunkte geben. Ich habe dir einen Passierschein ausgestellt.
« Emilio zog ein Dokument aus der Schublade und reichte es ihm. Die Unterschrift nahm fast die ganze Breite des Blattes ein.
Die beiden Männer standen auf, und Leonard schüttelte mit beiden Händen Emilios runzlige, mit Leberflecken übersäte, doch immer noch kräftige Hand. »Ich danke dir, mein Freund.« Leonard war vor Angst und Aufregung den Tränen nah.
Bevor er die Tür erreichte, rief ihn Emilio noch einmal an. »Dein Enkel …, wird er dich begleiten?«
»Er muss«, antwortete Leonard grimmig.
»Gut.
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