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Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Ratschlag lautete, erst mal eine Woche abzuwarten. »Rufen Sie die Eltern von den Freunden Ihres Enkels an, fragen Sie sie, ob der Junge bei ihnen ist. Wenn Ihr Enkel in einer Woche noch nicht zurück ist, melden Sie sich wieder.«
    Nur zu gern hätte Leonard die Eltern von Vals Freunden angerufen, aber der einzige Junge, dessen Namen er kannte, war William Coyne. Und in dem immer dünner werdenden Onlinetelefonverzeichnis der Stadt standen keine Coynes.
    Hatte dieser William bei seinen Besuchen hier nicht einmal eine beinah herablassende Bemerkung darüber fallen lassen, dass seine Mutter für den japanischen Berater arbeitete? Oder für die Stadt als Kontaktperson zu Omuras Stab?
    Mit Hilfe des Telefons durchsuchte Leonard alle Verzeichnisse von städtischen Angestellten und Bewohnern von Getty Castle, aber nirgendwo war ein Coyne gelistet. Moment mal … Hatte Val letztes Jahr nicht erwähnt, dass sich Williams Eltern hatten scheiden lassen? Val hatte sich genüsslich darüber verbreitet, dass er nur Kinder aus zerrütteten Familien kannte. Wenn Coynes Mutter wieder ihren Mädchennamen angenommen hatte, dann stand sie vielleicht unter diesem im Verzeichnis des Beraterstabs.

    Doch das half Leonard auch nicht weiter. Also gab er diesen Suchansatz auf.
    Am frühen Nachmittag hinterließ er Val eine Nachricht, ihn sofort anzurufen, falls er vor Leonards Rückkehr nach Hause kam, und suchte mit seinem Fahrrad die Innenstadt ab: nach Süden bis zur I-10; nach Westen bis zu den Straßensperren an der Highland Avenue, die den Weg nach Beverly Hills blockierten; nach Osten bis zu den Reconquistakontrollpunkten an der Ramona Avenue; nach Norden bis Glendale.
    Überall sah man gepanzerte Militärfahrzeuge – Nationalgarde, Heimatschutz und sogar reguläre Armee. Im Süden hing dichter Rauch. Radio und lokale Internetnachrichten meldeten nichts Ungewöhnliches.
    Als Leonard gegen sieben Uhr abends in die noch immer leere Kellerwohnung zurückkehrte, war er außer sich vor Wut und Sorge.
    Vielleicht war es nur der Anblick und der Dieselgestank der vielen Militärfahrzeuge gewesen, denen er den ganzen Tag ausgewichen war, doch Leonard fragte sich, ob Vals zunehmende Aufsässigkeit und Unberechenbarkeit vielleicht darauf zurückzuführen waren, dass ihn nach seinem sechzehnten Geburtstag nicht einmal mehr ein Jahr von seiner Einberufung trennte. Am Nachmittag von Vals einsamer Geburtstagsfeier hatten sie ihre letzte echte Unterhaltung miteinander geführt. Dass Nick nicht angerufen hatte, hatte dem Jungen bestimmt furchtbar wehgetan, doch darüber war kein Gespräch möglich. Vals Fragen an diesem Abend kreisten um die Einberufung, um Möglichkeiten, ihr zu entkommen (die es praktisch für einen gesunden männlichen Amerikaner weißer Hautfarbe nicht gab, der sich wie Val angemeldet hatte, nachdem die Formulare auf seinem Telefondisplay erschienen waren), und um die verschiedenen Kriege, in denen amerikanische Soldaten für Indien und Japan kämpften.

    Was den letzten Punkt anging, konnte Leonard kaum etwas Hilfreiches beitragen, weil er die Hegemoniebestrebungen der Neuen Großostasiatischen Wohlstandssphäre nicht begriff, ganz zu schweigen von ihren Kriegszielen in China und anderswo. Im Grunde wusste er nur, dass das Entsenden von Truppen für die finanziell stabileren Länder Indien und Nippon eine der wenigen wirklichen Einnahmequellen Amerikas war.
    »Mr. Hartley in der Schule sagt, dass es vor ungefähr hundert Jahren eine alte Großostasiatische Wohlstandssphäre gab«, bemerkte Val. »Es hatte was mit dem großen Krieg damals zu tun, aber ich hab den Zusammenhang nicht richtig verstanden.«
    Daraufhin erzählte Leonard von dem militaristischen japanischen Reich und dem wohlklingenden Namen für die kurze Herrschaft über große Teile Chinas, über Malaysia, das damalige Indochina, die Philippinen und andere Inseln im Südpazifik. Mit knappen Worten schilderte er, dass die Japaner das brutale militärische Vorgehen während ihrer raschen Expansion als Befreiung von westlichen Einflüssen bezeichneten, was es sicher auch war, aber nur um den Preis eines japanisch geprägten Herrenrasseimperialismus. »Sie waren kurz davor, sich Australien in ihre ›Wohlstandssphäre‹ einzuverleiben, und hätten das sicher auch getan, wenn die Schlacht um Midway nicht gewesen wäre.« Leonard verstummte, als er bemerkte, dass sich der Blick des Geburtstagskindes verschleierte. Val las zwar gern, aber sein Interesse an Geschichte war

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