Flashback
lenkten ihn seine Schritte zum Auditorium. Dort trabte er die Stufen hinunter, den Blick auf die Betten gerichtet. Die Mönche bereiteten schon Derek Deans Flashbackinjektion vor, als sich Nick zwischen sie und das Skelett in der Robe schob.
»Sir«, protestierte der groß gewachsene Mönch sanft, »Sie können nicht … «
»Klappe.« Mit beiden Händen packte er Derek Dean an seinem Gewand und zerrte ihn hoch, bis keine Handbreit mehr zwischen ihren Gesichtern lag. Nick roch den Tod im Atem des Mannes.
»Hören Sie mich, Dean?« Er schüttelte ihn. Das Klappern war keine Einbildung; es kam von Derek Deans losen Zähnen. »Hören Sie mich?«
Der Exmanager nickte. Er hatte die Augen weit aufgerissen.
»Haben Sie meine Frau Dara getroffen, als Keigo Sie interviewt hat oder vielleicht später auf der Party?«
»Frau … «
»Konzentrier dich, du Scheißkerl.« Einer der Mönche wollte dazwischengehen, aber Nick scheuchte ihn weg wie eine lästige Fliege. »Hast du schon mal diese Frau gesehen?« Nick hielt sein Telefon hoch, dessen Display Daras Foto zeigte.
»Nein, ich glaube nicht.« Ein schwaches Flüstern.
»Ich möchte es aber genau wissen.« Nick schob ihm das Bild noch näher hin. »Wenn ich rausfinde, dass du mich anlügst, dann komme ich zurück und dreh dir den Hals um, das schwör ich dir.«
Derek Deans Blick konzentrierte sich auf das Foto. »Nein, Detective, diese Frau hab ich noch nie gesehen. Aber wenn, dann würde ich sie gern ficken … Nein, ich glaub nicht, dass ich sie kenne.«
»Ich protestiere«, rief einer der Mönche. »Wir rufen den Wachdienst. Wir … «
»Fahrt zur Hölle!« Er ließ Dean auf das frisch bezogene Bett fallen und steckte das Telefon weg.
In weniger als einer Minute bekam er im benachbarten Verwaltungsgebäude von einer ziemlich attraktiven jungen Frau am Hauptschalter die benötigten Informationen über Deans früheren Lehrer. Offenbar war sie noch nicht alarmiert worden, dass er soeben gedroht hatte, einen der zahlenden Naropischüler zu töten. Ja, bestätigte sie, Shantarakshita Padmasambhava war tatsächlich einer der herausragenden Lehrer am Institut gewesen. Mit vierundachtzig Jahren hatte der geliebte Mentor Mr. Derek Dean als Anwärter auf den Weg der vollkommenen Versenkung akzeptiert. Vor drei Jahren hatte er das Zeitliche gesegnet. Seine Asche war
von einem Gipfel der Flagstaff Mountains über dem Chautauquacampus verstreut worden.
Nick dankte der jungen Frau mit dem wohlgeformten Schädel und der sonnengebräunten Kopfhaut. Dann fragte er spontan nach ihrer Telefonnummer. Sie setzte ein strahlendes, aufrichtiges Lächeln auf und legte die Hände zusammen. »Namaste.«
Sie warteten, bis sie die Rikschafahrt hinter sich hatten und mit Satos Wagen die Zollkontrolle und den Kamm passiert hatten, hinter dem die Volksrepublik Boulder verschwunden war. Erst dann machten sie sich an die Nachbesprechung.
»Also, Sato-san, hat uns da gerade jemand die größte und übertriebenste Schwachsinnsstory aller Zeiten verkauft, oder ist Mr. Derek Dean wirklich so plemplem, dass wir ihn von der Liste der Verdächtigen streichen können?«
»Wenn er noch nicht so verrückt ist, Bottom-san«, erwiderte Sato, »dann wird er es spätestens sein, wenn er – wie heißt das hier – in die sechste Klasse kommt.«
Nick beließ es bei einem unbestimmten Laut. Er hatte dem Sicherheitschef nichts von dem letzten Zusammentreffen am Bett des vollkommen versenkten Trottels erzählt.
»Es ist immer eine Frage des Motivs«, fügte Sato hinzu. »Und Mr. Dean hatte anscheinend keines.«
»Das trifft auch auf die anderen Verdächtigen von unserer Liste zu.« Nick lehnte sich zurück ins Polster und schloss die Augen. Wie mit Dornen pumpte jeder Herzschlag Schmerz in seinen Kopf.
»Irgendjemand hatte ein Motiv«, widersprach Sato. »Aber bei Mr. Dean kann ich nichts dergleichen erkennen. Unsere eigenen Ermittlungen konnten keine Beziehung zwischen Dean und Keigo oder Mr. Nakamura feststellen.«
»Dean war eine große Nummer bei einem Weltunternehmen.« Nick hielt die Augen geschlossen. »Wirtschaftliche Konkurrenz?
Handelsneid? Google hat sich viele Feinde gemacht, bevor es zerschlagen wurde.«
»Nein«, entgegnete Sato. »Es gibt keinerlei Belege für irgendwelche Berührungen – feindlicher oder sonstiger Art – zwischen Mr. Dean, der gar keine besonders hohe Stellung hatte, und Mr. Nakamuras Interessen. Im Fall von Animositäten zwischen den Unternehmen wäre es sehr
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