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Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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einer anderen Ebene.«
    »Warum waren Sie auf Keigo Nakamuras Party, Derek? Lassen Sie sich Zeit, um sich zu erinnern.«
    Dean legte die Stirn in theatralische Falten und stützte die knochige Faust unters Kinn, um zu zeigen, dass er angestrengt überlegte. Nach einer Minute blickte er mit seinem kindischen Lächeln auf. »Ich war eingeladen! Ich bin hingegangen, weil ich eingeladen war. Und mein Lehrer hat erlaubt, dass ich hingehe, und mich begleitet. «
    »Meinen Sie Mrs. Howe?«, fragte Nick.
    Wackelnd und viel zu lang wie ein Betrunkener oder ein nerviges Kind schüttelte Dean den Kopf. »Nein, nein, mein Lehrer hier am Institut. Shantarakshita Padmasambhava. Wir haben ihn Art genannt. Art hat die Yogachara-Madhyamika gegründet. Er war eine große Seele und ein Segen für das Institut.«
    »Ist Art noch hier? Am Naropa Institute, meine ich.«
    Besorgt schaute sich Dean um. Sein hungriger Blick kehrte zur hinteren Tür des Auditoriums zurück. »Ob Shantarakshita Padmasambhava noch am Institut ist? Ja, natürlich.«
    Nick schielte zu Sato, der etwas in sein Telefon notierte.
    »Haben Sie …«, begann Nick.
    »Shantarakshita Padmasambhava ist vor einigen Jahren gestorben«, fuhr Dean freudig fort, »aber er ist noch hier. Ja. Und heute in der Nachmittagspause wird mich Mrs. Howe an dem Alamowandgemälde arbeiten lassen, zusammen mit Judy und Calvert
und … und … Ich hab’s vergessen. Tut mir leid. Ich versuche mich zu erinnern, ganz fest, aber es fällt mir nicht ein.« Der frühere Googlemanager brach in Tränen aus. Über seine sauber rasierte Oberlippe lief der Rotz.
    »Juan«, sagte Nick. »Mrs. Howe hat gesagt, dass du zusammen mit Judy, Calvert und Juan das Wandbild malen kannst.«
    Strahlend wischte sich Dean den Schleim mit dem Handrücken weg. »Danke, Detective Bottom.« Der Zweiundfünfzigjährige kicherte. »Komischer Name, Bottom. Wie Hintern. Sagen die anderen Schüler Arschgesicht zu Ihnen, Detective?«
    »Höchstens einmal.« Nick setzte sich neben Dean und fasste ihn fest um die Schuler. Es war, als würde er ein Knochengestell umarmen. Er wusste, dass er nicht zu hart zupacken durfte, wenn er kein morsches Knacken hören wollte. »Mr. Dean, haben Sie Keigo Nakamura umgebracht, oder wissen Sie, wer es war?«
    Dean streichelte Nicks nacktes Handgelenk. »Ich liebe Sie, Detective Bottom.«
    Jetzt bedauerte es Nick, kein zweites Magazin Neun-Millimeter-Patronen mitgenommen zu haben. »Ich liebe dich auch, Derek. Hast du Keigo Nakamura umgebracht, oder weißt du, wer es war?«
    »Nein, ich glaube nicht, Detective. Aber ich werde es erfahren!«
    »Wann?«
    Dean leckte sich die Lippen und zählte mit den Fingern. »Jetzt bin ich sieben …, fast siebeneinhalb. Das sind nur noch … viele Jahre …, bis ich wieder da bin, wo Keigo mit mir redet und am nächsten Tag stirbt. Tut mir leid, Detective.« Wieder fing er an zu weinen.
    »Jesus Christus«, ächzte Nick.
    »Ein großer Lehrer.« Deans Stimmung hellte sich wieder auf, aber diesmal wischte er sich nicht das Gesicht ab. »Leider kann er uns nicht so schnell und sicher auf den wahren Weg des Satori führen wie … zum Beispiel … Bodhidharma.« Er wandte sich zu
Sato. Der Sicherheitschef schrieb noch immer mit einem Stift in sein Telefon. »Sie sind doch Keigos Freund Takahishi Saitoh. Ich erinnere mich noch von dem Interview an Sie.«
    Sato knurrte.
    Plötzlich sprang Dean auf. Durch seine Tränen leuchtete die reine Freude. Durch die Hintertür des Auditoriums waren zwei Mönche getreten und steuerten auf den Irrgarten und Derek Dean zu.
    Auch Nick erhob sich. »Ich glaube, das reicht.«
    Sato nickte.
    Zusammen beobachteten sie, wie die beiden Mönche Derek Dean an den Armen nahmen und ihn ins Auditorium zurück zu seinem Bett mit den Infusionsflaschen führten. Einmal drehte sich Dean um, um ihnen zum Abschied zuzuwinken. Wie ein Siebenjähriger schwenkte er den ganzen Unterarm mit der offenen Hand.
    Nick und Sato marschierten ein Stück den Berg hinab zu einer Stelle, wo mehrere Rikschas warteten, deren Besitzer in der Nähe hockten oder im Gras lagen. Überall auf dem Chautauquagrün glänzte Sonnenlicht auf Kreisen von Menschen mit Mönchsgewändern und kahlen Köpfen, die in ernste Gespräche oder stille Meditation versunken waren.
    »Suchen Sie uns eine Doppelrikscha«, sagte Nick. »Ich muss noch was im Verwaltungsbau nachschauen. Bin gleich wieder da.«
    Nick lief unter den Ulmen hangaufwärts, doch statt zum Verwaltungsgebäude

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