Flashback
unwahrscheinlich, dass sie bis hinunter zu Mr. Deans Ebene gereicht hätten. Er war sicherlich ein Akteur, aber einer von eher geringer Bedeutung.«
»Vielleicht hat er bei dem Interview spontan eine Abneigung gegen Keigo gefasst.« Nick spürte jede Erschütterung auf dem abgenutzten, mit Schlaglöchern übersäten Highway als Schmerznagel im Schädel, obwohl Satos gepanzerter Honda gut gefedert war.
»Sie meinen, er hat ihn auf Anhieb so gehasst, dass er ihn umgebracht hat?«
Nick zuckte die Achseln. »So was kommt vor. Ich kenne solche Gefühle auch. Aber in diesem Fall hat es Dean vielleicht aus dem gleichen Grund getan wie diese herumstreunenden Flashgangs – um ein starkes, orgasmusartiges Erlebnis zu haben, auf das er bei seiner bescheuerten Versenkungstherapie flashen kann.«
»So lange, bis er … « Sato brach ab.
»Als er vor sieben Jahren mit dem chronologischen Flashen in Echtzeit angefangen hat, war er fünfundvierzig. Keigo ist ein Jahr später gestorben, das heißt, Dean ist zweiundneunzig, bis er wieder auf den Mord stößt.«
Sato knurrte. »Wenn Derek so alt wird, wird wohl kaum mehr ein Orgasmus im Spiel sein. Aber wer sagt, dass er nicht jeden Tag auf den Mord flasht und dass diese Geschichte von Mrs. Howe und dem Alamowandbild nicht der pure Schwindel ist? Für einen Mörder, der sich vor der Welt verstecken muss, wäre das Naropa Institute der ideale Rückzugsort.«
»Mag sein. Trotzdem kann ich es mir nicht vorstellen. Derek könnte zwar vielleicht die Verblödung eines Flashbacksüchtigen spielen, aber der körperliche Verfall war nicht vorgetäuscht. Der Mann ist doch eine Leiche auf Urlaub.« Er schlug die Augen auf, dankbar, dass die tief hängenden Wolken den vollen Hammerschlag der Sonne verhinderten.
»Fahren wir direkt zum Coors Field?« Sato klang ungeduldig.
»Heute Nachmittag noch? Keine Chance. Bringen Sie mich bitte nach Hause. Ich nehme an, Sie haben die Flashbackampullen, mit denen ich mich auf die nächsten Vernehmungen vorbereiten kann?«
»In der Aktentasche. Aber es ist noch relativ früh. Wir könnten … «
»Nein. Für Coors Field brauchen wir besseres Licht. Morgen soll klares Wetter sein. Wir warten bis zum frühen Nachmittag, bis die Sonne optimal steht.«
»Warum muss das Licht besser sein, Bottom-san?«
»In dem Stadion gibt es untertags keine künstliche Beleuchtung«, antwortete Nick.
»Und?«
»Sie brauchen möglichst gutes Licht, da Sie mich als Scharfschütze decken müssen.«
»Ich? Die Wärter dort stellen doch bestimmt professionelle Scharfschützen zur Verfügung.«
»Ja, aber nur für Polizeibeamte und Anwälte mit Gerichtsbeschluss«, erklärte Nick. »Unser Besuch dort ist genauso privat wie der eines Verwandten.«
»Das Büro des Beraters hat doch einen offiziellen Status … «
Nick schnitt ihm das Wort ab. »Der es mir erlaubt, meinen eigenen Scharfschützen zu bestimmen. Und das sind Sie. Wie gut können Sie mit einem Gewehr umgehen?«
Sato schwieg.
»Na ja, spielt eigentlich keine Rolle.«
»Was wollen Sie damit sagen, Bottom-san?«
»In Coors Field sind über dreißigtausend Vergewaltiger, Diebe, Strolche und Mörder zusammengesperrt. Wenn mir auch nur fünf von denen an den Kragen wollen und mich hinter einer Säule in einen von ihren Schuppen zerren, werden Sie sie nicht aufhalten können. Eigentlich ist der Scharfschütze nur da, um einen verschleppten Besucher aus seinem Elend zu erlösen, bevor die Saukerle anfangen, sich kreativ mit ihm zu vergnügen.«
»Ach so.« Sato schien nicht übermäßig erschüttert von der Neuigkeit.
Über die Autolautsprecher verkündete Satos Telefon, dass am Kreuz Peco Street und Highway 36 ein größerer Sprengsatz hochgegangen war und dass der gesamte Verkehr südlich über den Federal Boulevard umgeleitet wurde. Vorne bemerkte Nick aufsteigenden Rauch und Staub, so wie vor einigen Tagen – Jahren? – am Mousetrap.
Dara, die im Bett liest, schließt ihr Buch. »Nick, wie läuft die Untersuchung ?«
Er klemmt den Finger als Lesezeichen in seine Autozeitschrift. »Im Kreis, Kiddo. Alles ein sinnloses Durcheinander.«
»Du bist ja erst am Anfang.«
»Ja.«
Er rechnet damit, dass sie sich wieder ihrem Buch zuwendet – Thomas Hardy –, aber sie lässt es zu und schaut ihn an. »Die Untersuchung ist nicht gefährlich für dich, oder?«
Erstaunt blickt er ihr in die Augen. »Überhaupt nicht. Wie kommst du darauf?«
»Es ist eine politische Sache, Nick. So was hasse ich, vor
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