Flashback

oder dass der Auffahrwagen ein Sattelschlepper ist. Und ich hab auch noch nie gehört, dass die Gauner bei ihrem Manöver den Tod in Kauf nehmen. Da musst du dir schon was Besseres einfallen lassen, Nick.«
    »Verdammt, wo sind sie bloß hergekommen?«
    »Wer?«
    »Harvey und Dara. Wo sind sie hergekommen, als dieser ›Unfall‹ passiert ist?«
    »Vom Mittagessen, stand im Bericht, glaube ich.« K. T. klang auf einmal müde.
    »Sie waren doch schon seit drei Stunden nicht mehr im Büro. Ziemlich langes Mittagessen, wenn du mich fragst. Und wo wollten sie hin? Aus dem Büro des Bezirksstaatsanwalts hieß es damals, dass sie jemanden in Globeville zu einer eidesstattlichen Aussage treffen wollten – keine weiteren Einzelheiten. Wer fährt denn wegen einer eidesstattlichen Aussage nach Globeville?«
    »Vermutlich stellvertretende Bezirksstaatsanwälte und ihre Assistentinnen,
wenn der betreffende Zeuge in Globeville wohnt. Warum hast du diese Fragen damals nicht gestellt?«
    »Kam mir nicht wichtig vor«, antwortete Nick. »Damals kam mir gar nichts mehr wichtig vor.«
    K. T. betrachtete ihre starken Finger, die gespreizt auf der Tischplatte lagen. »Wenn es dir um diese Informationen geht, musst du mit Ortega und mit dem jetzigen Bezirksstaatsanwalt reden. Was willst du von mir ?«
    »Erstens, dass du mir alle Unterlagen von der Polizei und vom Bezirksstaatsanwalt beschaffst, die ich vor fünfeinhalb Jahren nicht zu Gesicht gekriegt habe. Und alles von der Gerichtsmedizin.«
    Lange starrte sie ihn an. »Nick, willst du wirklich die Unfallfotos von Daras verstümmelter und verbrannter Leiche sehen?«
    »Ja.« Grimmig erwiderte er ihren Blick. »Und von Harvey, von dem alten Paar und dem Lastwagenfahrer. Außerdem will ich alle Polizeidokumente über die Unfallbeteiligten. Ich möchte genau über den Lastwagenfahrer und die alten Knacker Bescheid wissen.«
    »Ist das alles?«
    »Nein. Du musst rausfinden, ob irgendjemand vom Department oder vom FBI oder einer anderen Stelle vor Keigo Nakamuras Ermordung Nachforschungen über ihn angestellt hat … Warum vielleicht der Bezirksstaatsanwalt eingeschaltet wurde und seinen Stellvertreter mit Dara nach Six Flags geschickt hat.«
    »Das wird nicht einfach«, sagte K. T.
    »Du bist doch Dezernatsleiterin. Zu unserer Zeit als Detectives zweiten Grades war das für uns fast eine gottgleiche Position.«
    »Ach?« K. T. schob das Kinn vor. »Dann darf ich dir verraten, dass das nicht stimmt.« Sie erhob sich. »Hast du noch die gleiche Telefonnummer?«
    »Ja.« Nick zögerte. »Aber es ist vielleicht besser, wenn wir uns persönlich treffen wie heute. Papierkopien der Informationen, nichts Digitales.«

    K. T. legte den Kopf schief. »Wirst du jetzt auch noch paranoid?«
    »Auch Paranoiker haben Feinde«, antwortete Nick. »Wenn FBI und Heimatschutz immer wieder in dem Fall ermittelt haben, gehen sie wahrscheinlich von einer Verschwörung gegen Nakamura und seine Geschäftsinteressen aus – eine Verschwörung vonseiten dieser undurchsichtigen japanischen Konzerne.«
    K. T. stand schon neben dem Tisch, doch sie lehnte sich noch einmal vor und senkte die Stimme. »In solchen Dingen rumzustochern ist gefährlich. Für dich und für mich. Seit dem Tag, als alles den Bach runterging, ist in Japan praktisch der Feudalismus zurückgekehrt. Das weißt du genau. Diese Unternehmensgruppen mit dem Namen Keiretsu sind wie Lehen. Du hast doch vom Wiederaufleben der Keiretsu in Japan gehört, oder?«
    »Klar. «
    »Dann denk daran, dass der Premierminister und die Nationalversammlung dort völlig unbedeutend sind. Wichtig sind nur die Leiter dieser Keiretsu wie Hiroshi Nakamura. Sie sind zugleich die Oberhäupter der wiedererstarkten monopolistischen Familienbetriebe Zaibatsu und möchten allesamt der Shōgun der Neuen Großostasiatischen Wohlstandssphäre werden, die die Japaner durch Gebietsgewinne in China und in Asien errichten wollen. Wer wie Nakamura Berater in Amerika ist, gehört zu den entscheidenden Akteuren in dem feudalistischen Alptraumsystem, das diese japanischen Samuraiunternehmer als Kultur betrachten. Vor Attentaten haben diese Keiretsu und Zaibatsu bei ihren Auseinandersetzungen noch nie zurückgeschreckt. Du willst dich doch nicht wirklich in diesen Machtkampf einmischen, Nick.«
    Er schaute zu ihr auf. Sie waren sich so nah, dass er ihr dezentes Parfum roch, das sie schon zur Zeit ihrer Zusammenarbeit benutzt hatte. »Ich muss mich einmischen, K. T. Wenn auch nur die