Flashback
Lincoln nie blöd angequatscht, aber er hatte sie trotz ihrer Größe und ihrer kantigen Züge immer als attraktive Frau betrachtet. Einmal hatte er Dara erzählt, dass er sich K. T. als Nachfahrin von Abraham Lincoln vorstellen konnte, falls der Präsident eine Verbindung zu einer schönen Schwarzen mit K. T.s Milchkaffeehaut und chicoréebitterer Persönlichkeit eingegangen wäre.
Wie ihr berühmter Namensvetter zog K. T. Lincoln in Liebesdingen Frauen vor. Aber es waren ihre tief liegenden dunkelbraunen und nur selten mitfühlend blickenden Augen, die die eigentliche Ähnlichkeit zwischen dem legendären Präsidenten und der mürrischen, schweigsamen Polizistin darstellten.
»Woher weißt du, dass ich zum Coors Field rausfahren will?«, fragte Nick.
»Willst du mich verarschen? Bei der Truppe hat doch jeder mitgekriegt, wie du dich für diesen Nakamura zum Trottel machst. Glaubst du, du kriegst eine Sondererlaubnis vom Gouverneur und den anderen zuständigen Stellen, um Oz, Dean, Delroy Nigger Brown und die restlichen Clowns zu treffen – alles natürlich auf Betreiben des Beraters –, ohne dass wir was davon erfahren? Komm zurück auf den Planeten Erde, Bottom.«
»Was ist aus ›Nick‹ geworden?«
»Der ist in der Schnüfflerampulle eines Flashbacksüchtigen abgesoffen«, fauchte K. T.
Nick war gekränkt. »Ich hab schon einen Scharfschützen für Coors.«
»Einen von Nakamuras Schlägern. Gut, dann brauchst du mich ja nicht. Wenn das alles war … « Sie traf Anstalten, sich zu erheben.
Zufällig versperrte ihr die Kellnerin den Weg, die Kaffee für beide und Nicks Frühstück mit Eiern, Speck und Kartoffelpuffern brachte. Hastig sagte Nick: »Es geht um Dara.«
Zögernd ließ sich K. T. wieder nieder und wartete, bis die Kellnerin ihnen Kaffee eingeschenkt hatte. »Was ist mit Dara?«
»Der israelische Dichter Danny Oz, einer der letzten Menschen, die Keigo Nakamura interviewt hat … «
»Ich weiß, wer Oz ist.«
»Er hat mir gestern erzählt, dass er am Tag von Keigos Interview auch Dara getroffen hat – zusammen mit einem ihm unbekannten dicken, kahlköpfigen Typen, wahrscheinlich dem stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt Harvey Cohen. Ich muss unbedingt rausfinden, warum sie dort war, K. T.«
K. T. hob ihre Tasse mit beiden Händen und nahm bedächtig mehrere Schlucke. Anscheinend brauchte sie Zeit, um nachdenken. »Bisher hat Oz bei keiner der fünf Untersuchungen zu Keigos Ermordung deine Frau erwähnt«, bemerkte sie mit leiser Stimme.
»Fünf?« Nick war perplex. »Bisher habe ich nur von unseren
Ermittlungen zusammen mit dem FBI und von der Untersuchung der Japaner zwei Jahre später gewusst.«
»Seitdem hat es noch drei weitere gegeben.« K. T. starrte in ihren Kaffee. »Der Heimatschutz vor drei Jahren, dann noch mal wir, nachdem der Gouverneur den Polizeipräsidenten Peña abgeschossen hatte. Zuletzt vor eineinhalb Jahren noch mal das FBI mit so einer Schattengruppierung, die in Winkel vordringen kann, wo die Feds normalerweise nicht hinkommen.«
»Mit meiner Untersuchung sind es also sechs in sechs Jahren.«
»Fünf und ein Hundertstel, meinst du wohl.« Kurz huschte ein Ausdruck über K. T.s Gesicht, als würde sie ihre Äußerung bedauern.
Nick nickte nur. »Warum hat mich Nakamura engagiert, nachdem die mit all ihren Kapazitäten nichts ausgerichtet haben? Ach, ehrlich gesagt ist mir das egal … Ich will nur rausfinden, warum Dara und Harvey Cohen damals in Six Flags waren. Außerdem kann es sein, dass sie auf der Party in LoDo war, wo Keigo ermordet wurde.«
K. T. blickte auf. »In Keigos Bude? Unmöglich, Nick. Alle Ermittler haben die Partyliste und die Filmaufnahmen tausendmal durchgekaut. Nakamuras Leute haben sogar eine 3-D-Simulation gemacht. Keine Spur von Dara.«
»Simulationen kommen aus dem Computer«, knurrte Nick. »Und Computer verarbeiten nur, was man eingibt. Auf einem der Außenfilme habe ich eine Person gesehen … Undeutlich nur …, aber vielleicht war es Dara. Auf der anderen Straßenseite, einen halben Block weiter vorn. Als alle aus dem Haus gestürmt sind, um vor dem Eintreffen der Cops zu verschwinden.«
K. T. schüttelte den Kopf. »Das FBI und die anderen Techniker haben die Nachtaufnahmen von draußen alle vergrößert. Keine Übereinstimmungen mit irgendwelchen interessanten Leuten.«
»Kann schon sein.« Nick beugte sich über den Tisch. »Für die
war meine Frau ja vielleicht nicht interessant. Aber für mich ist sie interessant. Ich
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