Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)
mit Ausnahme von Vater, der aus der Tür trat, dem Vikar symbolisch die Hand schüttelte und sich dann gemessenen Schrittes auf den Heimweg machte, den Blick fest auf den Boden gerichtet.
In diesem Augenblick beschloss ich, dass ich ihn zu Hause zur Rede stellen würde. Ich würde ihn fragen, was eigentlich los war und wie es um Buckshaw stand!
Ich wollte mich nach dem geheimnisvollen Anruf erkundigen und fragen, weshalb er Vater dermaßen in Aufruhr versetzt hatte.
Den Menschen, der Buckshaw zum Verkauf anbieten wollte, hatte ich seit dem Tag, an dem er das Schild am Mulford-Tor aufgestellt hatte, nicht mehr gesehen. Vielleicht wusste Dogger mehr.
Genau! Ich würde mich erst mit Dogger beraten, ehe ich mich in Vaters Höhle wagte.
Ich stand neben einem Grabstein und wartete darauf, dass die Hewitts auftauchten, als Adam angeschlendert kam.
»Na, hat das Narcissin gewirkt? Tut’s noch weh?«
Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte keine Lust, Adam Sowerby, M. A., Mitglied der Königlichen Gartengesellschaft usw., in meine geheimsten Gedanken einzuweihen, auch wenn wir sozusagen Partner waren, die durch mein feierliches Gelöbnis verbunden waren.
Obwohl das eigentlich auch nicht viel zu bedeuten hatte.
»Die reinste Zauberei«, sagte ich kurz angebunden. »Ein prima Trick. Wo haben Sie den her?«
»Wie gesagt, auf meinen Reisen am Limpopo …«
Er verstummte.
»Eigentlich habe ich es von der verrückten Meg«, sagte er dann. »Als kleiner Junge war ich bei meiner Tante auf der Malplaquet-Farm zu Besuch. Ich bin immer im Gibbet-Wald rumgestrolcht, und dort bin ich Meg begegnet, am alten Galgen. Sie hat Moos von Totenschädeln abgekratzt.«
Obwohl es wehtat, riss ich die Augen auf.
»Das ist natürlich alles Humbug. Trotzdem …«
»Trotzdem?«
»Trotzdem war sie meine erste Lehrerin in Sachen Botanik.«
»Meiner Meinung nach ist Meg eine Hexe«, sagte ich. »Eine christliche Hexe, aber eine Hexe. So ähnlich wie die Frau in der Geschichte, die uns Daffy mal vorgelesen hat. Die Frau hat an die Todesfee geglaubt und gleichzeitig an den Heiligen Geist.«
Adam lachte. »Jemanden wie Meg hat man früher einfach ›Kräuterfrau‹ genannt. Eine Frau, die in der Wildnis Pflanzen sammelt und sie den Apothekern verkauft.«
»Meg?«
»Ja, Meg. Sie verkauft ihre Kräuter auch an Ärzte, aber verrat bloß keinem, dass ich dir das erzählt habe.«
Ich muss nicht ganz überzeugt ausgesehen haben.
»Was glaubst du wohl, wo die Drogisten und Apotheker ihr Wissen über Pflanzen herhaben? Die meisten dieser alten Knaben haben doch noch nie einen Fuß in einen richtigen Wald gesetzt.«
»Von den Kräuterfrauen?«
»Ganz genau. Von den alten Frauen, die in Wald und Feld Pflanzen sammeln und ihr Wissen seit Jahrhunderten hinter vorgehaltener Hand mündlich überliefern. Und was glaubst du wohl, wo die Ärzte ihr Wissen herhaben?«
»Von den Drogisten und Apothekern.«
»Volltreffer! Dich zur Partnerin zu haben ist wirklich ein Vergnügen, Flavia de Luce. Ich prophezeie uns beiden hiermit eine große gemeinsame Zukunft. – Da kommt übrigens schon ein Teil dieser Zukunft auf uns zu«, fügte er hinzu. »Sieh da, Inspektor Hewitt«, begrüßte er den Polizisten. »Ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde.«
Der Inspektor machte nicht direkt ein finsteres Gesicht, aber er war auch nicht mehr der gleiche Mann, der noch vor wenigen Minuten in der Kirchenbank gesessen hatte. Irgendwo zwischen Kirche und Friedhof hatte er ein anderes Gesicht aufgesetzt, und zwar ein ausgesprochen amtliches.
Antigone war an der Kirchentür aufgehalten worden. Der Vikar hielt ihre Hand fest und raunte ihr etwas ins Ohr. Beide wurden rot.
»Nun?« Der Blick des Inspektors wanderte zwischen uns beiden hin und her. Er tappte zwar nicht ungeduldig mit dem Fuß, aber seine Miene sah ganz danach aus, als würde er bald damit anfangen.
»Es war ein Komplott«, antwortete ich. »Mr. Ridley-Smith ist der Rädelsführer. Er hat Arbeiter aus dem Dorf angeheuert. Mr. Battle, der Steinmetz, gehört dazu und seine Gehilfen Tommy und Norman. Deren Familiennamen kenne ich nicht. Mr. Ridley-Smiths Diener Benson war auch mit von der Partie. Sie haben einen Tunnel bis in die Gruft des heiligen Tankred gegraben.«
Ich wies auf den hinteren Teil des Friedhofs. »Kommen Sie, ich hab’s Ihnen doch schon mal gesagt. Der Tunnel beginnt am alten Cottlestone-Grab.«
»Ja, ich weiß«, erwiderte der Inspektor. »Aber wir hatten ihn natürlich
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