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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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Schwester Ophelia das Fadenspiel mit einem roten Wollstrang, der sich wie eine Schlange um ihre Finger windet. Zu Harriets Linken steckt meine andere Schwester Daphne, obwohl sie noch zu klein zum Lesen ist, den Finger als Lesezeichen in ein dickes Buch mit der Aufschrift Grimms Märchen.
    Harriet neigt den Kopf, ein zärtliches Lächeln umspielt ihre Lippen, und wie eine Madonna betrachtet sie das weiße Bündel in der Beuge ihres angewinkelten linken Arms – ein neugeborenes Baby in einem weißen Schleppenkleid aus duftiger Spitze – ein Taufkleid?
    Ich möchte die Mutter anschauen, aber mein Blick wandert immer wieder zu dem Kind.
    Das bin ich – wer sonst?
    Vanetta trat hinter mich. »Vor zehn Jahren bin ich an einem Wintertag nach Buckshaw gefahren. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Über Nacht war es klirrend kalt geworden, die Straßen waren spiegelglatt. Ich rief deine Mutter an und schlug ihr vor, dass wir die Sitzung auf einen anderen Tag verschieben, aber davon wollte sie nichts wissen. Sie sagte, sie würde bald verreisen und das Porträt sollte ein Überraschungsgeschenk für deinen Vater sein, wenn sie zurückkommen würde.«
    Mir drehte sich alles. »Dazu kam es leider nicht mehr«, fügte Vanetta leise hinzu,
»und ich brachte es nicht übers Herz, deinem Vater das Bild zu bringen. Der arme Mann grämt sich so.«
    Grämen? So hatte ich das noch nie gesehen, aber es stimmte. Vater grämte sich, aber er hängte es nicht an die große Glocke.
    »Das Gemälde gehört eigentlich ihm, weil mich deine Mutter im Voraus bezahlt hat. Sie war eine sehr vertrauensvolle Frau.«
    Das kann ich nicht beurteilen , hätte ich gern gesagt. Sie haben sie besser gekannt als ich.
    Auf einmal wollte ich nur noch weg – hinaus ins Freie, wo ich wieder atmen konnte.
    »Behalten Sie das Bild lieber noch eine Weile, Mrs Harewood. Ich möchte Vater nicht unnötig aufregen.«
    Nanu?, dachte ich. Ich hatte doch sonst keine Hemmungen, Vater aufzuregen oder gegen seine Anweisungen zu verstoßen. Woher kam auf einmal das Bedürfnis, ihn zu trösten und mich von ihm trösten zu lassen?
    Dazu würde es natürlich nie kommen – das war nicht de-Luce-Art.
    Trotzdem hatte sich etwas verändert… als hätte eine der vier großen Schildkröten, die angeblich die Welt auf ihren Panzern tragen, ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagert.
    »Ich muss los.« Ich ging rückwärts zur Tür. »Das mit Brookie tut mir sehr leid. Ich weiß, dass er in Bishop’s Lacey viele Freunde hatte.«
    Dabei konnte ich das gar nicht wissen! Warum sagte ich es dann? Es war, als wäre mein Mund verhext und machte sich selbstständig.
    Ich wusste über Brookie Harewood nur, dass er ein Wilderer und Tunichtgut war – und dass er um Mitternacht in unserem Haus herumgeschlichen war. Und dass er angeblich die Graue Frau von Buckshaw gesehen hatte.

    »Auf Wiedersehen«, sagte ich. Als ich in den Flur hinaustrat, machte Ursula auf dem Absatz kehrt und flitzte mit einem Weidenkorb in der Hand davon. Aber vorher fing ich noch ihren hasserfüllten Blick auf.
     
    Tief in Gedanken versunken radelte ich nach Bishop’s Lacey zurück. Ich war nach Malden Fenwick gefahren, um eine Erklärung für Brookie Harewoods merkwürdiges Verhalten zu suchen, weil ich davon überzeugt war, dass er der Unbekannte war, der Fenella Faa überfallen hatte. Wer sonst sollte sich in jener Nacht auf dem Gelände von Buckshaw herumgetrieben haben? Aber statt auf eine Erklärung war ich auf ein Bild von meiner Mutter Harriet gestoßen – ein Bild, über das ich mich nicht so freute, wie man hätte denken sollen.
    Warum ärgerte es mich zum Beispiel derart, dass Feely und Daffy mit abgebildet waren, wie zwei selbstzufriedene Schnecken, die sich sorglos in Harriets Glanz sonnten, wogegen ich wie eine kleine Mumie eingewickelt war – wie ein Päckchen Wurst vom Fleischer?
    Hatte mich Harriet lieb gehabt? Meine Schwestern behaupteten hartnäckig, sie hätte mich verabscheut, sie sei nach meiner Geburt in eine tiefe Depression verfallen, eine Depression, die womöglich ihren Tod begünstigt hatte.
    Doch auf dem Gemälde, das kurz vor ihrem Aufbruch zu ihrer letzten Reise angefertigt worden sein musste, wirkte Harriet kein bisschen niedergeschlagen. Sie schaute mich liebevoll an, sogar ein bisschen belustigt.
    Trotzdem beunruhigte mich etwas an dem Porträt; ich bekam es bloß nicht zu fassen.
    Reg dich ab, Flavia, dachte ich. Denk an etwas anderes.
    Wenn einem ein Wort oder

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