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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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in unserem Salon ertappt. Oder glaubst du etwa, ich hätte ihn auch umgebracht? Glaubst du im Ernst, dass ein Mädchen, das kaum dreißig Kilo wiegt, einen Mann umbringen kann, der mindestens achtzig Kilo wiegt, und ihn hinterher wie ein nasses Handtuch auf eine Brunnenfigur hängt?«
    »Na ja …«
    »Ich glaube nicht, dass Fenella den Täter überhaupt gesehen hat. Wenn doch, müsste sie wissen, dass ich es nicht gewesen bin. Sie ist schwer verletzt und verwirrt. Da reimt man sich manches zusammen.«
    Porcelain starrte mich an, als wäre ich eine dressierte Kobra, die plötzlich zu sprechen anfängt.

    »Komm!« Ich packte Gladys am Lenker. »Spring auf. Wir fahren nach Buckshaw und besorgen uns was zu futtern.«
    »Nein. Ich will wieder in den Wohnwagen.«
    »Das ist zu gefährlich«, wandte ich ein. Vielleicht konnte die nackte Wahrheit sie überzeugen. »Der Kerl, der Fenella den Schädel eingeschlagen und Brookie eine Hummergabel in die Nase gerammt hat, läuft noch frei herum. Jetzt komm schon.«
    Sie blieb stur. »Nein.«
    »Warum denn nicht? Hast du Angst vor mir?«
    Ihre Antwort kam ein bisschen zu rasch.
    »Ja.«
    »Dann mach doch, was du willst. Ist mir doch egal.«
    Ich setzte einen Fuß aufs Pedal und wollte mich abstoßen. »Flavia …«
    Ich drehte mich um.
    »Ich hab Inspektor Hewitt erzählt, was Fenella gesagt hat.«
    Na großartig, dachte ich.
     
    Jemand hat mal gesagt: »Musik besänftigt das aufgewühlte Gemüt.« Ich hätte Daffy fragen können, von wem das Zitat stammte, aber ich redete ja nicht mehr mit ihr.
    Was mich betraf, war Musik nur halb so besänftigend wie Rache. Das Begleichen einer offenen Rechnung hat auf mich eine überaus beruhigende Wirkung, die die Wirkung von Musik um Längen schlägt. Nach der Begegnung mit Porcelain hatte ich noch eine Weile zornschnaubend wie ein wilder Eber auf der Straße gestanden und mich erst einmal beruhigen müssen.
    Als ich endlich mein Labor betrat, kam es mir vor, als hätte ich Zuflucht in einer stillen Kirche gefunden. Die Reihen in Flaschen abgefüllter Chemikalien waren meine Buntglasfenster, der Labortisch war mein Altar. Die Chemie kennt mehr Götter als der Olymp, und hier in meiner Einsiedelei konnte ich ungestört zu den Bedeutendsten unter ihnen beten: Joseph
Louis Gay-Lussac (als er im Geschäft eines Tuchhändlers einem jungen Mädchen gegenüberstand, das unter dem Tresen heimlich Chemiebücher las, servierte er seine Verlobte ab und heiratete die Verkäuferin), William Perkin (er entdeckte einen Farbstoff für kaiserliche Purpurgewänder, der ohne Schneckenschleim auskam), und Carl Wilhelm Scheele (er entdeckte höchstwahrscheinlich den Sauerstoff und – noch besser – die Blausäure, mein persönliches Lieblingsgift).
    Ich wusch mir erst einmal die Hände. Das war immer mein Auftaktritual, aber heute trocknete ich sie besonders sorgfältig ab.
    Ich hatte etwas mitgebracht, das sonst an Gladys’ Sitz festgeschnallt war. Gladys war komplett mit Flickzeug ausgestattet aus der Fabrik gekommen, und ebendiese Blechbüchse, auf deren Deckel Messrs. Dunlop stand, stellte ich nun auf meinen Arbeitstisch.
    Dann schloss ich die Augen und konzentrierte mich auf eine gewisse junge Dame: meine geliebte Schwester Ophelia Gertrude de Luce, die Reinkarnation der spanischen Inquisition mit mir als einzigem Opfer. Meine Folterung, die sie kürzlich mit Daffys Billigung im Keller durchgeführt hatte, hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Der Augenblick der Rache war gekommen!
    Feelys großer Schwachpunkt waren Spiegel. Verglichen mit ihr war Becky Sharp aus Thackerays Jahrmarkt der Eitelkeit eine Nonne.
    Feely konnte sich stundenlang im Spiegel betrachten: Sie warf das Haar in den Nacken, bleckte die Zähne, pulte an ihren Pickeln herum und drückte ihre Augenlider herunter, damit sie Vaters aristokratischen Schlupflidern glichen.
    Sogar in der Kirche, für die sie sich ohnehin auftakelte bis zum Gehtnichtmehr, spähte Feely immer wieder in einen kleinen Spiegel, der in ihrem Exemplar von Alte und neue Lobpreisungen versteckt war, und kontrollierte ihren Teint, während
sie tat, als müsste sie Lied 573 nachschlagen: Alle Dinge, strahlend und schön.
    Sie war die reinste Heuchlerin. Die Morgenandacht war ihre Bühne, auf der sie die andächtige Diva gab. Sie war stets die Erste am Altar, damit sie, wenn sie wieder in ihre Bank zurückging, mit demütig niedergeschlagenen Augen und gefalteten schlanken Händen von möglichst vielen anderen

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