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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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Reetdächern und ihrem Fachwerk, die Stockrosen und Butzenscheiben, der Ententeich und die Zehntscheune waren nicht nur in Hunderten von Büchern und Zeitschriften abgebildet, sondern hatten auch als Drehort für etliche bekannte Filme wie Honig zu verkaufen und Miss Jenks zieht in den Krieg gedient.
    »Die Gartenkolonie«, nannte es Daffy immer.
    In diesem Dorf wohnte Brookie Harewoods Mutter, hier hatte sie ihr Atelier. Aber welches der Cottages war ihres?
    Vor dem Roten Ochsen parkte ein grüner Ausflugsbus mit offenem Dach, dessen Passagiere soeben auf die Hauptstraße strömten. Sie hatten die Fotoapparate gezückt und schwärmten schussbereit wie eine Schar Revolverhelden nach allen Richtungen aus.
    Ein paar ältere Dorfbewohner, die in ihren Vorgärten werkelten, richteten ihre Frisuren und rückten die Krawatten zurecht, und schon klickten die Apparate drauflos.
    Ich stellte Gladys an einer alten Ulme ab und ging um den Bus herum.
    »Guten Morgen«, begrüßte ich eine Dame mit Sonnenhut, als würde ich helfen, den Imbiss zu organisieren. »Herzlich willkommen in Malden Fenwick. Woher kommen Sie denn?«
    »Hör nur, Mel«, sie drehte sich nach ihrem Mann um, »hat die Kleine nicht einen bezaubernden Akzent? Wir sind aus Yonkers, meine Kleine, das liegt nördlich von New York. Aber davon hast du bestimmt noch nie gehört.«
    Und ob! In Yonkers wohnte Leo Baekeland, der belgische Chemiker, der zufällig das Polyoxybenzylmethylenglycolanhydrid, besser bekannt als Bakelit, erfunden hatte, als er nach einem synthetischen Ersatz für Schellack suchte, der vor Baekelands Entdeckung aus den Ausscheidungen einer Laus gewonnen wurde.
    »Doch«, sagte ich, »von Yonkers hab ich schon mal gehört, glaub ich.«

    Mel war inzwischen eifrig damit beschäftigt, seine Kamera nachzuladen, während er auf ein weiß getünchtes Cottage zuschlenderte und seine schmollende Tochter hinter sich herschleifte, die von der Europareise anscheinend die Nase gestrichen voll hatte.
    Ich trat von einem Fuß auf den anderen, während Mel eine weißhaarige Frau in Tweedkleidung knipste, die auf einer wackligen Leiter stand und Kletterrosen zurückschnitt.
    Dann wanderte er auf der Suche nach dem nächsten Motiv davon, und ich stellte mich ans Gartentor, als würde ich die Blütenpracht bewundern.
    Ich fragte mit dem besten amerikanischen Akzent, den ich zustande brachte: »Entschuldigen Sie bitte, aber steht dort nicht das Haus von Wieheißtsienochgleich?« Ich zeigte in Richtung Dorfanger. »Diese Malerin?«
    »Vanetta Harewood. Glebe Cottage«, erwiderte die Frau freundlich und wedelte mit der Gartenschere. »Das letzte Haus rechts.«
    Es war so leicht, dass ich mich fast schämte.
    Vanetta Harewood … Der Name passte gut zu jemandem, der den Landadel und sein Viehzeug porträtierte.
    Es mochte nicht unbedingt von allerbestem Geschmack zeugen, sich einer Mutter aufzudrängen, die gerade ihren Sohn verloren hatte, aber ich musste unbedingt einiges in Erfahrung bringen – und dabei der Polizei zuvorkommen. Das war ich Fenella Faa und, in gewisser Weise, meiner eigenen Familie schuldig. Zum Beispiel, was Vanetta Harewoods Sohn mitten in der Nacht – und kurz vor seiner Ermordung – im Salon von Buckshaw gewollt hatte.
    Ich nahm nicht an, dass Brookies Mutter mir diese Frage beantworten konnte, aber vielleicht konnte sie mir trotzdem weiterhelfen.
    Glebe Cottage war tatsächlich das letzte Haus auf der rechten Straßenseite. Es war doppelt so groß wie die anderen Häuser,
als hätte man zwei Cottages wie Dominosteine aneinandergeschoben. Jede der beiden spiegelbildlichen Haushälften hatte einen eigenen Eingang, ein eigenes Bleiglasfenster und einen eigenen Schornstein.
    Es gab jedoch nur ein Gartentor. Auf dem Messingschild stand eingraviert: Vanetta Harewood – Porträtmalerin.
    Ich musste an einen Abend im Frühling denken, als uns Daffy bei einer der von Vater eingeführten literarischen Zusammenkünfte aus Boswells Dr. Samuel Johnson: Leben und Meinungen vorgelesen hatte. Johnson bezeichnete das Malen von Porträts als unschickliche Beschäftigung für Frauen. »Die öffentliche Ausübung von Kunst im Allgemeinen und das Begaffen von Männerantlitzen im Besonderen ist beim weiblichen Geschlecht in höchstem Maße anstößig«, hatte er behauptet.
    Als ich Dr. Johnsons Porträt auf dem Bucheinband gesehen hatte, konnte ich mir nicht vorstellen, dass irgendwer, ganz gleich ob Mann oder Frau, ihn freiwillig begaffen mochte. Der Kerl sah

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