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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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wie der alte verbeulte Oxford des Herrn Vikar, der nur bei Regen ansprang.
    Ich biss mir auf die Zunge und drückte mir selber die Daumen.
    Dogger nahm seinen Hut ab und starrte hinein, als versteckte sich die gesuchte Erinnerung im Stoff des Innenfutters. Dann fuhr er sich mit dem Unterarm über die gerunzelte Stirn und fuhr fort: »Im letzten Jahrhundert wurde, glaube ich, in der medizinischen Fachzeitschrift Das Skalpell über mehrere Patienten berichtet, die starken Fischgeruch verströmten.«
    »Waren es vielleicht Fischer?« Dogger schüttelte den Kopf.
    »Keiner der Patienten war Fischer von Beruf, und keiner war mit Fischen in Berührung gekommen. Der Geruch stellte sich sogar nach dem Baden ein, oft direkt nach einer Mahlzeit. «
    »Nach einem Fischgericht?«
    »Dann wäre da noch die Geschichte in der Bhagavad Gita, wo die Prinzessin nach Fisch riecht…«
    »Die kenne ich gar nicht.« Ich lehnte mich zurück, als wollte ich einem Märchen lauschen. In der Ferne klapperte eine Erntemaschine. Die Sonne war noch warm. Was für ein wunderschöner Tag, dachte ich. »Diese Patienten … haben ihre Körper womöglich Trimethylamin produziert?«
    Vor lauter Aufregung sprang ich von der Schubkarre auf.
    »So was soll vorkommen«, erwiderte Dogger versonnen. »Shakespeare könnte darauf anspielen:
     
    Was gibt’s hier? Ein Mensch oder ein Fisch? Tot oder lebendig? Ein Fisch: er riecht wie ein Fisch; ’s ist ein recht ranziger und fischichter Geruch.«
     
    Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Dogger sprach auf einmal laut und selbstbewusst wie ein Schauspieler, der diese Zeilen unzählige Male auf der Bühne deklamiert hat.
    » Der Sturm «, sagte er leise. »Zweiter Aufzug, zweite Szene, wenn ich mich nicht irre. Da spricht Trinculo, wie du dich erinnern dürftest, und zwar über Caliban.«
    »Wo hast du das bloß alles her?«, fragte ich bewundernd.
    »Aus dem Radio. Wir haben uns das Stück erst vor ein paar Wochen angehört.«
    Das stimmte. Auf Buckshaw waren die Donnerstagabende dem zwangsweisen Radiohören vorbehalten. Erst vor Kurzem hatten wir der Hörspielversion von Der Sturm lauschen müssen – und wehe, wir hätten herumgehampelt!
    Von den hervorragenden Gewittereffekten abgesehen, konnte
ich mich an nicht mehr viel erinnern. Dogger offensichtlich schon.
    »Hat diese Erkrankung einen Namen?«, fragte ich ihn.
    »Nicht dass ich wüsste«, sagte er. »Sie ist ausgesprochen selten. Ich glaube …«
    »Sprich doch weiter!«
    Aber als ich Dogger anschaute, war das Leuchten in seinen Augen erloschen, und er starrte wieder in seinen Hut, den er in den zitternden Händen hielt.
    »Ich geh dann mal auf mein Zimmer«, sagte er und erhob sich schwerfällig.
    »Ich auch«, schloss ich mich ihm an. »Ein Nickerchen vor dem Abendessen tut uns beiden bestimmt gut.«
    Aber Dogger schlurfte schon in Richtung Küchentür und hörte mich nicht mehr.
    Als er weg war, wandte ich mich der hölzernen Teekiste zu, die er zugenagelt hatte. In einer Ecke klebte ein Etikett, auf dem mit Tinte geschrieben stand:
    OBEN
Inhalt:
Silberbesteck – de Luce – Buckshaw
    Besteck? Hatte Dogger die Mumpeters in diese Kiste gepackt? Mutter und Vater Mumpeter? Die kleine Lauser und ihre silbernen Geschwister?
    Hatte er das Besteck deswegen geputzt?
    Wozu? Die Mumpeters waren mein Spielzeug gewesen, und der bloße Gedanke, dass jemand anders …
    Aber … war nicht Brookie Harewood mit einem dieser Besteckteile umgebracht worden? Wenn nun die Polizei …?
    Ich ging auf die Seite der Kiste, die Dogger von mir weggedreht hatte, als ich gekommen war.
    Als ich die Aufschrift las, die dick und schwarz mit einer
Schablone gemalt war, hatte ich plötzlich einen säuerlich-bitteren Geschmack im Mund.
    Auktionshaus Sotheby’s, New Bond Street, London, W.C., stand da.
    Vater wollte das Familiensilber versteigern lassen.

19
    B eim Abendessen war mir ganz elend.
    Das Schlimmste war, dass Vater ohne seinen British Philatelist gekommen war. Statt zu lesen bestand er darauf, mir beflissen die Erbsen zu reichen und sich zu erkundigen, ob ich einen schönen Tag verlebt habe.
    Es brach mir fast das Herz.
    Vater hatte zwar ein paarmal von seinen finanziellen Problemen gesprochen, aber uns dreien war das alles wie etwas sehr Fernliegendes vorgekommen – wie der Krieg oder der Tod. So etwas gab es, aber man machte sich nicht den ganzen Tag Sorgen deswegen.
    Jetzt jedoch, da die Mumpeters in einer zugenagelten Kiste lagen, jederzeit zum Bahnhof

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