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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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war stark genug, um mich wie einen Putzlappen in Stücke zu reißen.
    Ich sprang auf Gladys, aber ich rutschte von den Pedalen ab, als ich mich draufstellte, um möglichst schnell wegzukommen.
    Erstaunlicherweise behielt ich einen kühlen Kopf. Sollte ich Mrs Bull ablenken, indem ich »Es brennt!« rief und auf ihr Haus zeigte? Da die Bruchbude inmitten von glimmenden Abfallhaufen stand, schien mir diese Idee einleuchtend und abwegig zugleich.
    Aber ich konnte mir auf die Schnelle keine klügere Strategie ausdenken – Mrs Bull kam immer näher.
    »Maamaa! Maamaa! Maamaa! Maamaa!«, plärrte Timofy unbeirrt.
    Mrs Bulls Pranken grabschten nach mir. Ich musste an ihr vorbei. Wenn sie auch nur meinen Ärmel zu fassen bekam, hatte mein letztes Stündlein geschlagen.
    »Jippie!«, johlte ich. Es war der Schlachtruf einer Wilden – ein urtümliches Gebrüll, das sich meiner Kehle entrang, als hätte es seit Jahrhunderten darauf gewartet.
    »Jippie!« Aus purer Lust stieß ich noch einen Schrei aus.
    Mrs Bull ließ sich nicht einschüchtern, aber sie stolperte – und ich sauste an ihr vorbei.
    Als ich einen Blick über die Schulter warf, sah ich sie die Fäuste recken, und sie brüllte mit puterrotem Gesicht: »Komm sofort raus, Tom, und bring die Axt mit!«
     
    Ich saß am Flussufer und kühlte meine Füße. Im Gehölz herrschte eine unheimliche Stille. Bei dem Gedanken daran,
was in den letzten Tagen alles geschehen war, überlief es mich kalt. Erst der Überfall auf Fenella, und fast unmittelbar darauf der Mord an Brookie Harewood. Und dann hatte mir Porcelain noch berichtet, dass die Polizei die Leiche eines Kleinkindes auf der Lichtung gefunden hatte – vermutlich das vermisste Baby der Bulls. Die Mutter konnte einem leidtun. Bestimmt war sie außer sich vor Kummer. Vielleicht hätte ich mir ein Herz fassen und ihr mein Beileid ausdrücken sollen.
    Aber so ist das nun mal … leider kann man die Zeit nicht zurückdrehen, wie es manchmal in den Vorfilmen im Kino vorkommt, wenn sich ein gesprengter Fabrikschornstein wieder aufrichtet oder ein Scherbenhaufen sich zu einer Vase zusammenfügt.
    Dann könnte ich jetzt rückwärts die Rinne hochradeln, von Gladys absteigen und Mrs Bull in den Arm nehmen. Ich könnte ihr mein Beileid zur Auffindung ihres toten Kindes ausdrücken und ihr anbieten, falls ich irgendetwas für sie tun könne, brauche sie nur zu fragen.
    Ich seufzte.
    Hinter den Bäumen am gegenüberliegenden Ufer, unweit der Stelle, an der Fenellas Wagen gestanden hatte, sah man einen frisch aufgeworfenen Erdhügel. Dort war das tote Kind offenbar gefunden worden.
    Leider hatte mir Porcelain nicht viel erzählt – nur, dass sie einen Fuß des Babys gesehen hatte – »in Teppich oder so eingewickelt«, hatte sie gesagt, »die Knochen waren ganz grün«. Und jetzt war Porcelain weg.
    Inspektor Hewitt konnte ich wohl kaum nach Einzelheiten fragen, und bis ich von Mrs Mullet erfuhr, was man sich im Dorf darüber erzählte, war es noch eine Weile hin. Ich musste wohl oder übel durch den Fluss waten.
    Der Fluss war hier nicht sehr tief. Schließlich waren die Humpler jahrhundertelang an diese Stelle gekommen, um ihre Neugeborenen zu taufen. Das Wasser hatte gerade die richtige
Tiefe, um jemanden ordentlich darin unterzutauchen, und ich befand mich nicht weiter als dreißig, vierzig Meter von der Stelle entfernt, an der die Polizei ihren grausigen Fund gemacht hatte.
    Ich steckte meinen Rock in den Bund und machte mich auf den Weg.
    Nur ein kleines Stück vom Ufer weg wurde das Wasser am Grund schon deutlich kälter. Ich breitete die Arme aus, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, und strebte der Mitte zu. Die Strömung zerrte an meinen Waden.
    Bald hatte ich über die Hälfte der Strecke geschafft. Das Wasser reichte mir nur noch bis zu den Knien, als ich gegen etwas Hartes trat, stolperte, den Halt verlor und kopfüber ins Wasser fiel. Ich tauchte einmal ganz unter.
    »Hühnerkacke!«, fluchte ich. Ich ärgerte mich über mich selbst. Warum war ich nicht einfach über die Brücke geradelt?
    »Zweimal Hühnerkacke!«
    Ich rappelte mich auf und schaute an mir hinunter. Mein Kleid war klatschnass.
    Vater würde durchdrehen.
    »Verflixt und zugenäht, Flavia!«, würde er wieder mal sagen, was zu einem tagelang andauernden Schweigen führen würde, bis einer von uns beiden den Anlass vergaß. »Gleichgewicht des Schreckens«, nannte Daffy diesen Zustand immer. Ich musste mir mit Schrecken eingestehen, dass ich

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