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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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bestimmt mal sehr gelegen, wenn ich etwas angestellt habe und Vater besänftigen muss, denn Vater ist nicht in der Lage,
gleichzeitig an Briefmarken und an Erziehungsmaßnahmen zu denken.
    Ich steckte den Umschlag mit den Marken ein, leckte meinen Zeigefinger an, befeuchtete die Innenseite des Kofferaufklebers und bügelte ihn mit dem Daumen wieder fest. Nicht einmal Inspektor Fabian von Scotland Yard würde auf den Gedanken verfallen, dass jemand den Aufkleber aufgeschlitzt hatte.
    Zeit, zu verschwinden. Ich sah mich ein letztes Mal im Zimmer um, schlich in den schummrigen Flur hinaus und strebte, wie Mary mich angewiesen hatte, auf die Hintertreppe zu.
    »Du bist so unnütz wie Strumpfhosen für’nen Stier, Mary! Wie zum Teufel sollen wir je auf einen grünen Zweig kommen, wenn du die Papierkörbe dermaßen versaubeuteln lässt?«
    Tully kam die Hintertreppe hoch. Noch eine Treppenbiegung und wir würden uns Auge in Auge gegenüberstehen!
    Ich huschte auf Zehenspitzen in die entgegengesetzte Richtung durch den Irrgarten der Korridore: hier zwei Stufen hoch, dort zwei runter. Dann stand ich keuchend am oberen Ende einer L-förmigen Treppe, die zum Vordereingang hinunterführte. Soweit ich es erkennen konnte, hielt sich dort unten niemand auf.
    Ich trippelte die Treppe auf Zehenspitzen hinunter, immer ein Schrittchen nach dem anderen.
    Ein langer, mit dunklen, stockfleckigen Jagdstichen gepflasterter Flur diente als Empfangshalle. Der jahrhundertealte Geruch von geräucherten Heringen tränkte die Tapeten. Nur der Fleck Sonnenschein, der durch die offene Haustür hereinfiel, belebte die Düsternis ein wenig.
    Zu meiner Linken stand ein kleiner Schreibtisch mit einem Telefon, einem Telefonbuch, einer kleinen Glasvase mit roten und malvenfarbenen Stiefmütterchen und einem dicken, ledergebundenen Wälzer. Das Gästebuch!
    Offensichtlich ging es im Dreizehn Erpel nicht eben zu wie im Taubenschlag. Die aufgeschlagenen Seiten enthielten die
Namen von Reisenden, die sich schon letzte Woche oder sogar noch davor eingetragen hatten. Ich brauchte das Buch gar nicht anzufassen.
    Da stand es:
    2. Juni, 10.25 Uhr, F. X. Sanders, London
    Kein anderer Gast war verzeichnet, weder am Tag davor noch am heutigen Tag.
    Aber London? Inspektor Hewitt hatte doch gemeint, der Verstorbene sei aus Norwegen gekommen, und Inspektor Hewitt sagte nun ganz gewiss nicht etwas einfach nur so dahin, darin glich er König Georg.
    Obwohl … genau genommen hatte der Inspektor gesagt, der Verstorbene sei kürzlich aus Norwegen gekommen, und das war ja nun eine ganz andere Kiste.
    Doch ehe ich weiter überlegen konnte, erscholl von oben ein Scheppern. Tully mal wieder, der allgegenwärtige Tully! Man hörte an seinem Ton, dass er Mary immer noch auszankte.
    »Gaff mich nicht so an, Mädel, sonst geb ich dir gleich Grund zum Gaffen.«
    Und jetzt kam er auch noch die Vordertreppe heruntergepoltert! Gleich würde er mich erblicken. Doch als ich eben zur Tür hinausstürmen wollte, hielt ein verbeultes schwarzes Taxi vor dem Wirtshaus. Gepäckstücke stapelten sich auf dem Dach, aus einem Fenster ragte das Holzgestell eines Fotografenstativs.
    Das lenkte Tully für einen Augenblick ab.
    »Da kommt Mr Pemberton«, tuschelte er vernehmlich. »Er ist früh dran. Jetzt aber los, Mädel, ich hab es dir doch angekündigt! Beweg dich und bring die schmutzige Wäsche weg, und ich geh rasch Ned holen.«
    Ich flitzte los! Vorbei an den Jagdstichen, quer durch die düstere Halle und in den Hinterhof hinaus.

    »Ned! Komm, Mr Pembertons Gepäck holen!«
    Tully war mir dicht auf den Fersen. Obwohl mich das grelle Sonnenlicht blendete, konnte ich Ned nirgends sehen. Offenbar hatte er den Käse vom Laster geladen und widmete sich jetzt anderen Aufgaben.
    Ohne lange nachzudenken, sprang ich auf die Ladefläche des Lasters und duckte mich hinter die aufgestapelten Käselaibe.
    Als ich zwischen den Säulen hervorspähte, sah ich Tully in den Hof marschieren. Er sah sich um und trocknete sich das rote Gesicht mit der Schürze ab. Er hatte sich für den Thekendienst umgezogen. Demnach war die Schankstube geöffnet.
    »Ned!«, brüllte Tully.
    Von dort, wo er in der hellen Sonne stand, konnte er mich in dem dunklen Laderaum nicht erkennen. Ich brauchte nur zu bleiben, wo ich war, und mich ruhig zu verhalten.
    Doch da gesellten sich noch zwei weitere Stimmen zu Tullys Gebrüll.
    »Vergelt’s Gott, Tully«, ließ sich die eine vernehmen. »Und schönen Dank auch für den

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