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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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von Bishop’s Lacey war zwischen das Bestattungsunternehmen und das Fischgeschäft gezwängt. Ich lehnte Gladys an das Schaufenster und drückte auf die Türklinke.
    Ein unterdrückter Fluch entfuhr mir. Der Laden war so fest verriegelt und verrammelt wie Fort Knox.
    Warum hatte sich das gesamte Universum gegen mich verschworen? Erst der Wandschrank, dann die Bücherei, und jetzt auch noch die Konditorei. Mein Leben verwandelte sich in einen langen Korridor verschlossener Türen.
    Ich legte die gewölbten Hände ans Schaufenster und spähte in den schummrigen Ladenraum.
    Offenbar war Miss Cool kurz weggegangen oder es war, wie bei allen anderen Einwohnern von Bishop’s Lacey, ein dringender Familiennotfall eingetreten. Mir war zwar klar, dass es zwecklos sein würde, aber ich rüttelte mit beiden Händen an der Türklinke.

    Dann fiel mir ein, dass Miss Cool hinter dem Laden ein paar Zimmer bewohnte. Vielleicht hatte sie ja nur vergessen, die Vordertür aufzuschließen. Älteren Menschen passiert so etwas: sie werden tüttelig und...
    Wenn sie nun im Schlaf gestorben war? Oder schlimmer, wenn …
    Ich sah mich nach beiden Seiten um, aber die Dorfstraße war menschenleer. Aber halt! Ich hatte nicht an Bolt Alley gedacht, eine Gasse wie ein dunkler, feuchter, kopfsteingepflasterter Tunnel zwischen hohen Ziegelwänden, die zu den Höfen hinter den Läden führte. Na klar! Ich machte mich sofort auf den Weg.
    In der Bolt Alley müffelte es nach Vergangenheit. Angeblich hatte sich dort einmal eine berüchtigte Gin-Kneipe befunden. Ich erschauerte unwillkürlich, als meine Schritte von den moosbedeckten Mauern und dem tropfenden Dach widerhallten. Ich achtete darauf, dass ich die stinkenden grünfleckigen Wände links und rechts nicht berührte und den säuerlichen Gestank nicht einatmete, bis ich auf der anderen Seite wieder ins helle Sonnenlicht trat.
    Miss Cools winziger Hinterhof war von einer niedrigen, zerbröckelnden Ziegelmauer umgeben; das Holztor war von innen verriegelt.
    Ich kletterte über die Mauer, marschierte schnurstracks zur Hintertür des Ladens und schlug laut und vernehmlich mit der flachen Hand dagegen.
    Dann legte ich das Ohr an die Tür, aber drinnen schien sich nichts zu rühren.
    Ich verließ den Weg, stapfte durch das ungemähte Gras und drückte mir die Nase am unteren Rand der schmutzigen Fensterscheibe platt. Die Rückwand eines Geschirrschranks versperrte mir die Sicht.
    In einer Ecke des Hofs stand eine baufällige Hundehütte - das war alles, was von Geordie, Miss Cools Collie, übrig geblieben
war, der von einem viel zu schnell fahrenden Automobil auf der Dorfstraße überfahren worden war.
    Ich zerrte das marode Brettergebilde aus dem Lehm und schleifte es quer über den Hof bis direkt unter das Fenster. Dann kletterte ich hinauf.
    Vom Dach der Hundehütte aus war es nur noch ein Schritt bis auf den Fenstersims, wo ich schwankend auf der abgeblätterten Farbe balancierte, Arme und Beine ausgestreckt wie Leonardo da Vincis vitruvianischer Mensch, wobei ich mich mit einer Hand am Fensterladen festhielt und mit der anderen versuchte, ein Guckloch in den Schmutz zu reiben.
    In dem kleinen Schlafzimmer war es dunkel, aber immerhin hell genug, um die Gestalt zu erkennen, die auf dem Bett lag - das weiße Gesicht, das mich anstarrte, den Mund zu einem grässlichen »O« aufgesperrt.
    »Flavia!« Miss Cool rappelte sich mühsam hoch. »Um Himmels willen, was …?« Die Scheibe dämpfte ihre Worte.
    Sie fischte ihr Gebiss aus einem Glas, rammte es sich in den Mund, und als sie dann für einen Augenblick verschwand, sprang ich vom Fenstersims. Schon hörte ich, wie sie den Riegel zurückzog. Die Tür ging nach innen auf, dahinter stand Miss Cool - wie ein in die Enge getriebener Dachs - in einem Hauskleid, die Hand am Hals, wo sie sich nervös öffnete und schloss.
    »Was um Himmels willen …?«, wiederholte sie. »Was ist denn los?«
    »Vorn ist zu«, erwiderte ich. »Ich bin nicht reingekommen.«
    »Natürlich ist dort zu. Sonntags ist immer zu. Ich habe gerade ein Nickerchen gemacht.«
    Sie rieb sich die kleinen schwarzen Augen, die immer noch ins Licht blinzelten.
    Mir dämmerte, dass sie Recht hatte. Es war Sonntag. Es schien mir zwar Jahrzehnte her zu sein, aber es war tatsächlich
erst an diesem Morgen gewesen, dass ich mit meiner Familie im Gottesdienst saß.
    Ich muss ziemlich niedergeschlagen ausgesehen haben.
    »Was hast du denn, Liebes?«, erkundigte sich Miss Cool. »Macht dir

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