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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Grün für Georg V. und Blau für unseren derzeitigen König, Georg VI. Mir fiel wieder ein, dass der schmale scharlachrote Band zwischen dem grünen und dem blauen Wälzer nur ganz wenige Marken enthielt - jeweils eine der neun bekannten Varianten der vier Briefmarken, die König Edward VIII. zeigten und herausgegeben worden waren, ehe er sich mit der Amerikanerin aus dem Staub gemacht hatte.
    Vater konnte sich stunden- und tagelang an den unzähligen Konfettifitzelchen erfreuen; mehr wusste ich jedoch nicht über seine Leidenschaft. Nur wenn er von irgendeiner aufregenden Besonderheit in der neuesten Ausgabe von The British Philatelist so begeistert war, dass er uns davon sogar am Frühstückstisch vorschwärmte, erhielten wir einen flüchtigen Einblick in die Freuden seiner einsiedlerischen Welt. Abgesehen von diesen seltenen Gelegenheiten waren wir allesamt, meine Schwestern genauso wie ich, völlig unbeleckt, was Briefmarken anging, während Vater versunken vor sich hin bosselte und seine bunten Papierstückchen mit mehr Vergnügen und Ehrfurcht einsortierte, als andere Männer an den Tag legten, wenn sie Hirsch- oder Tigerköpfe an die Wand hängten.
    An der gegenüberliegenden Wand stand eine Kommode
aus der Zeit Jakobs I., deren Oberfläche und Schubladen von philatelistischem Zubehör schier überquollen: Briefmarkenfalze, Zähnungsschlüssel, Emailleschalen zum Einweichen, Flaschen mit Flüssigkeiten zum Kenntlichmachen von Wasserzeichen, Radiergummis, Standardumschläge, Lochrandverstärker, Briefmarkenpinzetten und eine ultraviolette Lampe in einer Schutzhülle.
    Am hinteren Ende des Zimmers stand, vor der Tür, die auf die Terrasse hinausging, Vaters Schreibtisch, ein Doppelschreibtisch, so groß wie ein Spielfeld, der auch in der Buchhaltung von Scrooge & Marley aus Dickens’ Weihnachtsgeschichte hätte stehen können. Die Schubladen waren garantiert abgeschlossen - ich hatte mich nicht geirrt.
    Wo, überlegte ich, würde Vater wohl in einem Zimmer voller Briefmarken eine einzelne Briefmarke verstecken? Denn versteckt hatte er sie bestimmt - genauso wie ich es getan hätte. Vater und ich legten beide viel Wert auf unsere Privatsphäre; daher konnte ich davon ausgehen, dass er nicht so dumm gewesen war, die Marke an einem allzu naheliegenden Ort aufzubewahren.
    Darum sah ich weder irgendwo drauf noch spähte ich irgendwo hinein, sondern legte mich gleich auf den Boden wie ein Mechaniker, der die Unterseite eines Automobils betrachtet, rutschte auf dem Rücken durch das Zimmer und nahm sämtliche verfügbaren Unterseiten in Augenschein. Ich schaute unter den Schreibtisch, den Tisch, den Papierkorb und unter Vaters Windsorstuhl. Ich schaute unter die Perserteppiche und hinter die Vorhänge. Ich schaute hinter die Standuhr und drehte die gerahmten Stiche an den Wänden um.
    Es waren viel zu viele Bücher, um alle durchzublättern, darum überlegte ich, welches das nächstliegende war. Natürlich! Die Bibel!
    Doch ein flüchtiges Durchblättern der König-James-Ausgabe förderte leider nur eine alte Kirchenbroschüre und eine
Trauerkarte für irgendeinen verstorbenen de Luce aus der Zeit der ersten Weltausstellung zutage.
    Da fiel mir plötzlich wieder ein, dass Vater die Penny Black vom Schnabel des toten Vogels gezogen und in seine Westentasche gesteckt hatte. Vielleicht hatte er sie dort gelassen, um sie erst später woanders zu verstecken.
    Das war des Rätsels Lösung! Die Marke war gar nicht hier. Wie hatte ich so dumm sein können! Das gesamte Arbeitszimmer stand auf der Liste der allzu offensichtlichen Verstecke natürlich ganz oben. Nun bestand für mich kein Zweifel mehr. Das, was Feely und Daffy fälschlicherweise »weibliche Intuition« nannten, flüsterte mir ein, dass die gesuchte Marke ganz woanders war.
    Ich schloss das Arbeitszimmer möglichst geräuschlos wieder zu. Die beiden Heulbojen waren immer noch im Salon, denn ihre an- und wieder abschwellenden Klage- und Zornesäußerungen waren unüberhörbar. Ich hätte bequem an der Tür lauschen können, aber ich hatte Wichtigeres zu tun.
    Wie ein Gespenst huschte ich die Westtreppe hinauf und in den Südflügel.
    Erwartungsgemäß war es in Vaters Zimmer dunkel. Unzählige Male hatte ich vom Garten aus zu diesen Fenstern emporgeblickt, und jedes Mal waren die dicken Vorhänge zugezogen gewesen.
    Der Raum glich einem Museum nach Ende der offiziellen Öffnungszeit. Der starke Geruch von Vaters Duft- und Rasierwässerchen gemahnte an offene

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