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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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an Bord zu hieven.
    »Du wirst uns fehlen, Tante Fee«, sagte Feely.

    Tante Fee? Anscheinend hatte sich Feely in meiner Abwesenheit bei Vaters Schwester eingeschmeichelt. In erster Linie wohl deshalb, wie mir sofort dazu einfiel, weil sie darauf hoffte, den Familienschmuck der de Luces zu erben - jene scheußliche Kollektion wertloser Klunker, die mein Großvater de Luce (unser Opa von Vaters und Tante Felicitys Seite) meiner Großmutter verehrt hatte, die jedes Stück mit spitzen Fingern entgegengenommen und ungerührt, als handelte es sich um eine Ringelnatter, in eine Pappschachtel fallen gelassen und nie mehr eines Blickes gewürdigt hatte.
    Feely hatte bei unserer letzten Zwangseinladung nach Hampstead einen ganzen Nachmittag mit dem wertlosen Ramsch vergeudet.
    »Wie romantisch!«, hatte sie gehaucht, als ihr Tante Felicity, ziemlich widerstrebend, wie ich fand, einen rosafarbenen Glasanhänger geliehen hatte, der an einem Kuheuter nicht fehl am Platz gewirkt hätte. »Den trage ich zu Rosalind Nortons erstem Ball. Alle werden sich nach meiner Wenigkeit umdrehen! Arme Rosalind, leider ist sie das reinste Elefantenküken!«
    »Jammerschade, dass es so weit gekommen ist, Haviland«, blaffte Tante Felicity vom Treppenabsatz aus, »aber du hast es nun mal vermasselt. Und selbst der König mit seinem Heer rettet deine Bilanzen nicht mehr. Ich würde ja liebend gern für deine Ausschweifungen aufkommen, aber ich habe alles in Staatsanleihen investiert. Dir wird nichts anderes übrig bleiben, als diese albernen Briefmarken zu verkaufen.«
    Vater hatte sich so still und schweigend in die Eingangshalle geschoben, dass ich ihn erst jetzt sah. Da stand er, eine Hand auf Daffys Arm, die Augen zu Boden gerichtet, als zählte er die schwarzen und weißen Fliesen.
    »Schön, dass du uns besucht hast, Felicity«, sagte er leise und ohne aufzuschauen. »Das war sehr lieb von dir.«
    Ich hätte der Frau am liebsten links und rechts eine gescheuert!

    Tatsächlich war ich schon einen Schritt vorgetreten, da spürte ich eine schwere Hand auf der Schulter, die mich sofort wieder stehenbleiben ließ. Die Hand gehörte Dogger.
    »Sonst noch was, Miss Felicity?«, fragte er.
    »Nein, Dogger, danke.« Sie stocherte mit zwei Fingern in ihrem Pompadourtäschchen herum und förderte wie ein Storch, der im Sumpf einen Frosch entdeckt hat, eine Münze zutage. Seufzend überreichte sie Dogger den Shilling.
    »Vielen Dank, Miss.« Dogger steckte die Beleidigung ohne mit der Wimper zu zucken - und ohne einen Blick darauf zu verschwenden - ganz selbstverständlich ein.
    Und damit verschwand Tante Felicity. Kurz darauf war auch Vater verschwunden, dicht gefolgt von Daffy und Feely. Dogger hatte sich wortlos in seinen kleinen Gang hinter der Treppe verzogen.
    Es war einer jener spannungsgeladenen Augenblicke wie in einem Theaterstück im West End kurz vor Schluss: Alle Nebendarsteller sind in den Kulissen verschwunden, die Heldin bleibt ganz allein auf der Bühnenmitte zurück und entbietet dem atemlos lauschenden Publikum ihre heroischen abschließenden Zeilen.
    »Verdammte Scheiße!«, verkündete ich und stapfte nach draußen, um frische Luft zu schnappen.
     
    Wir de Luces haben das Pech, mit Geschichte so verseucht zu sein wie andere Leute mit Läusen. Die de Luces leben schon auf Buckshaw, seit König Harold bei der Schlacht von Hastings einem Pfeil mit dem Auge getrotzt hat, und die meisten leiden auf die eine oder andere verzwickte Art und Weise am Leben. Unser Charakter kennt sowohl Anflüge von Schwermut als auch von überragendem Selbstbewusstsein und Stolz, wobei wir uns nie ganz sicher sein können, was von beidem uns antreibt.
    Einerseits wusste ich, dass ich nie wie Tante Felicity werden
würde, aber könnte ich andererseits je wie Harriet werden? Acht Jahre nach ihrem Tod war Harriet immer noch so sehr ein Teil von mir wie meine eigenen Zehennägel, auch wenn das Bild womöglich ein bisschen schief klingt.
    Ich las ihre alten Bücher, fuhr auf ihrem Fahrrad, saß in ihrem Rolls-Royce, und Vater hatte mich einmal, als er ein wenig in Gedanken war, sogar mit ihrem Namen gerufen. Selbst Tante Felicity hatte ihr gorgonenhaftes Auftreten kurz abgelegt, um mir zu erzählen, wie ähnlich ich Harriet sei.
    Aber hatte sie das nun als Kompliment oder als Warnung gemeint?
    Meistens kam ich mir wie eine Hochstaplerin vor, ein Wechselbalg, eine Doppelgängerin in Sack und Asche, die in die Fußstapfen der Prinzessin tritt, welche vom

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