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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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denn hier …?«
    »Tag, Mr Sowbell«, sagte ich mit angemessen gedämpfter Stimme. »Ich bin vorbeigekommen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Da niemand hier war, dachte ich, ich könnte trotzdem rasch ein stilles Gebet sprechen.
    Sie wissen ja, dass Mr Porson in Bishop’s Lacey keine Freunde hat«, fügte ich hinzu, holte ein Taschentuch heraus und wischte mir eine imaginäre Träne aus dem Auge. »Das fand ich so traurig und dachte, dass es nichts schaden kann, wenn ich … aber ich wollte natürlich nicht …«
    »Ist schon gut«, sagte der Bestatter. »Wir müssen alle einmal sterben, ganz gleich, ob alt oder jung …«
    Sollte das eine versteckte Drohung sein oder ging meine Fantasie mit mir durch?

    »Und auch wenn wir den Tod erwarten«, fuhr er fort, »kommt er letztlich immer überraschend.«
    Bei Rupert war es jedenfalls so gewesen - oder meinte Mr Sowbell das ironisch?
    Offenbar nicht, denn sein langes Gesicht bewahrte professionellen Gleichmut.
    »Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest«, sagte er. »Ich muss Mr Porson noch für seine letzte Reise vorbereiten.«
    Letzte Reise? Wo hatten die bloß dieses Geschwafel her? Gab es etwa eine eigens für den Beruf des Bestatters herausgegebene Sammlung von Redewendungen?
    Ich schenkte ihm das verlegene Lächeln einer Zehnjährigen, die bald elf wird, und ging hinaus.
     
    Das fröhliche Gebimmel der Türglocke kündigte an, dass ich die St.-Nicholas-Teestube betrat. Die Gaststube, die nur nach dem Erklimmen einer steilen Treppe zu erreichen war, wurde von niemand anderem als Miss Lavinia und Miss Aurelia, den Puddock-Schwestern, betrieben, den beiden Fossilien, die für das Vorspiel zu Ruperts spektakulärem Abgang gesorgt hatten.
    Miss Lavinia schien am anderen Ende des Raumes in einen tödlichen Zweikampf mit einem riesigen silbernen Samowar verwickelt. Obwohl die Aufgabe, die es zu erledigen galt - nämlich Wasser zum Kochen zu bringen - denkbar simpel war, glich das Gerät der Firma Heath Robinson einem aufgeblähten Tintenfisch voller Röhren, Ventile und Armaturen, die heißes Wasser spien, während das Gerät gurgelte und zischte wie ein in die Enge getriebener Drache.
    »Tut mir leid, kein Tee«, sagte Miss Lavinia nach hinten. Sie hatte noch nicht gesehen, wer ihren Laden betreten hatte.
    »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein, Miss Puddock?«, bot ich gut gelaunt an.
    Sie stieß einen spitzen Schrei aus, als ihre Hand unglücklicherweise in einen Dampfstrahl geriet, und die Tasse, die sie
gehalten hatte, fiel auf den Boden, wo sie in tausend Scherben zersprang.
    Miss Lavinia drehte sich um. »Ach, du bist es, die kleine de Luce! Meine Güte, du hast mich ganz schön erschreckt. Deine Stimme hatte ich nun wirklich nicht erwartet.«
    Weil ich sah, dass sie sich die Hand verbrüht hatte, stellte ich mein eigentliches Anliegen zurück.
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«, wiederholte ich.
    »Ach, meine Liebe«, sagte sie, noch ganz aus der Fassung. »Peter spielt immer verrückt, wenn Aurelia nicht hier ist. Sie kann viel besser mit ihm umgehen als ich.«
    »Peter?«
    »Der Samowar«, klärte sie mich auf und wischte sich die nassen roten Hände an einem Geschirrtuch ab. »Peter der Große.«
    »Warten Sie«, sagte ich, »ich kann ja mal …«
    Ich nahm eine Schale mit Zitronenvierteln von einem der runden Tische und drückte die Schnitze über einem Krug Eiswasser aus. Dann nahm ich eine saubere weiße Serviette, tauchte sie ein, bis sie sich ganz vollgesogen hatte, wrang sie aus und wickelte sie um Miss Puddocks Hand. Sie zuckte kurz zusammen, dann entspannte sie sich.
    »Darf ich?«, fragte ich, löste eine Opalbrosche von ihrem Revers und steckte den improvisierten Verband damit fest.
    »Aaah! Das fühlt sich schon viel besser an.« Sie lächelte mich schmerzverzerrt an. »Wo hast du denn diesen Trick gelernt?«
    »Bei den Pfadfinderinnen«, log ich.
    Die Erfahrung hatte mich gelehrt, dass die vom Frager erwartete Antwort oft besser als die Wahrheit ist. In Wirklichkeit hatte ich die Methode mit dem Zitronenwasser unter ziemlich schmerzhaften Umständen in einem von Mrs Mullets Haushaltsbüchern nachgeschlagen, als ich mir an einem zu stark erhitzten Reagenzglas fürchterlich die Hand verbrannt hatte.

    »Miss Cool lobt dich immer in den höchsten Tönen«, erwiderte Miss Lavinia. »Ich werde ihr sagen, dass sie damit ›den Nagel genau auf den Kopf getroffen hat‹, wie die netten Jungs von den Bombenfliegern immer zu sagen

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