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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag
Autoren: Alan Bradley
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eingebaut.«
    »Was für Geheimprojekte denn?« Ich war baff. Die Vorstellung, dass Grace Ingleby noch zu etwas anderem fähig war, als in ihrem Taubenturm zu hocken wie eine entführte Jungfrau, die darauf wartet, von Sir Lancelot gerettet zu werden, war geradezu absurd.
    »Selbstverständlich würde sie niemals ein Sterbenswörtchen darüber verlauten lassen.« Miss Puddock senkte die Stimme, wie es die Leute oft tun, wenn sie vom Krieg reden. »Das ist den Betreffenden nämlich strengstens verboten. Aber heutzutage bekommen wir Grace nur noch selten zu Gesicht. Seit der Tragödie mit ihrem kleinen Jungen …«
    »Robin.«
    »Richtig. Seit damals lebt sie sehr zurückgezogen. Sie ist einfach nicht mehr dieselbe, ist nicht mehr das muntere Mädel, das Peter den Großen so unerschrocken in die Schranken gewiesen hat.«
    »Hat Gordon auch beim Nachrichtendienst gearbeitet?«
    »Gordon?«, wiederholte sie belustigt. »Um Himmels willen, nein! Gordon ›ist als Bauer geboren und als Bauer wird er sterben‹, wie es bei Shakespeare steht, oder war es Harry Lauder oder George Formby oder sonst wer? Mein Gedächtnis wird immer wurmstichiger, und dir wird es eines Tages nicht besser gehen.«
    Darauf fiel mir keine Erwiderung ein, aber ich merkte, dass sie glaubte, sie hätte mich gekränkt.
    »Aber bis dahin gehen noch viele, viele Jahre ins Land,
Liebes. Nein, dein Gedächtnis wird bestimmt noch hervorragend funktionieren, wenn wir anderen alle längst im Grab liegen und zubetoniert werden, damit ein Parkplatz für die Bowlingbahn gebaut werden kann.«
    »Haben Sie Mrs Ingleby in letzter Zeit denn mal gesehen?«
    »Seit Samstagabend im Gemeindesaal nicht mehr. Da hatte ich keine Zeit für ein Schwätzchen, wir mussten ja unsere kleine Hausmusik aufführen. Der Rest des Abends war der reinste Albtraum, wie du selbst erlebt hast: der Tod dieses armen Mannes … und die Puppe mit Robins Gesicht! Ich weiß nicht, was Gordon sich dabei gedacht hat, Grace mitzubringen; er weiß doch, wie wenig belastbar sie ist. Andererseits konnte er es ja nicht wissen, oder?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Ich glaube nicht.«
     
    Als ich mich nach Buckshaw aufmachte, war die Mittagessenszeit längst um. Zum Glück hatte Miss Puddock noch ein paar gebutterte Wecken eingepackt und darauf bestanden, sie mir in die Tasche zu stecken. Als ich in Gedanken versunken die Straße entlangradelte, aß ich sie nacheinander auf.
    Wo die Dorfstraße aufhörte, bog sie als Landstraße mit einem sanften Knick nach Südwesten ab, ungefähr an der Stelle, wo sie am Friedhof von St. Tankred vorbeiführte.
    Hätte ich nicht zufällig nach rechts geschaut, hätte ich ihn nicht gesehen: den Austin-Kombi mit der goldenen Aufschrift »Porsons Puppenbühne«, der neben dem Gemeindesaal parkte. Gladys’ Reifen wirbelten Staub auf, als ich die Handbremsen betätigte und in den Friedhof einbog.
    Als ich neben dem Auto hielt, sah ich, dass Nialla allerlei Krimskrams im Wageninneren verstaute.
    »Dein Auto läuft ja wieder!«, rief ich. Sie sah mich an, wie man ein Hundehäufchen ansieht, das man morgens in seinem Haferbrei entdeckt, und packte weiter ein.
    »Ich bin’s, Flavia«, sagte ich. »Kennst du mich nicht mehr?«
    »Verzieh dich, du kleine Verräterin«, fuhr sie mich an. »Lass mich in Frieden.«
    Es kam mir vor, als sei ich wieder auf Buckshaw und stünde meiner Schwester Feely gegenüber. Schon tausendmal habe ich solche Zurückweisungen erfahren - und überlebt, dachte ich. Ich beschloss, mich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen.
    »Was hast du denn? Was hab ich dir getan?« »Stell dich nicht dumm, Flavia, das weißt du sehr gut. Du hast der Polizei gesagt, dass ich auf Buckshaw bin. Die Beamten haben gedacht, dass ich mich verstecken oder verdrücken will.«
    »Das war ich nicht!«, protestierte ich. »Seit ich dich in der Remise entdeckt habe, bin ich keinem Polizisten mehr begegnet.«
    »Aber nur du und sonst keiner hast gewusst, wo ich mich aufhalte.«
    Wie so oft, wenn ich stinksauer war, arbeitete mein Verstand mit äußerster Präzision.
    »Ich wusste, dass du in der Remise bist, Dogger wusste, dass du in der Remise bist, und Mrs Mullet wusste es auch, um nur mal drei Namen zu nennen.«
    »Dogger würde mich nicht verpetzen.«
    »Mrs Mullet auch nicht«, sagte ich.
    Ach du liebes Lottchen! Jetzt verteidigte ich schon Mrs M!
    »Mrs Mullet tratscht zwar für ihr Leben gern, aber sie ist nicht bösartig«, fuhr ich fort. »Sie hätte dich nie verraten.
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