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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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von Explosionen, »erzähl doch mal was über die!«
    Die Inglebys waren ziemlich mürrische Zeitgenossen, die meistens für sich blieben. Ab und zu hatte ich beobachtet, wie Gordon Ingleby seine winzige, puppenhafte Frau Grace am Wochenmarkt absetzte, wo sie, stets von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, unter einem gestreiften Baldachin mit wenig Begeisterung Eier und Butter verkaufte. Wie jedermann in Bishops’s Lacey wusste ich, dass die Inglebys sich seit dem tragischen Tod ihres einzigen Sohnes Robin immer mehr zurückgezogen hatten. Davor waren es freundliche, gesellige Leute gewesen. Auch wenn inzwischen fünf Jahre vergangen waren, gestanden ihnen die anderen Dorfbewohner ihre Trauer zu.
    »Die Inglebys sind Bauern«, sagte ich.
    »Aha!«, erwiderte Rupert, als hätte ich damit die gesamte Familiengeschichte der Inglebys seit Wilhelm dem Eroberer erschöpfend zusammengefasst.
    Der Kombi ruckelte und bockte, während wir uns immer höher wanden, und Nialla und ich mussten uns am Armaturenbrett abstützen, damit wir nicht mit den Köpfen zusammenknallten.
    »Was für ein düsterer Ort«, sagte Nialla und deutete mit dem Kinn auf den dichten Wald. Sogar die wenigen Sonnenflecken, denen es gelang, das Laubdach zu durchdringen, schienen im Dämmerlicht unter den uralten Bäumen aufgesogen zu werden.
    »Das ist der Gibbet Wood«, entgegnete ich. »Unweit von hier gab es mal ein Dorf namens Wapp’s Hill, ungefähr bis ins 18. Jahrhundert, glaube ich, aber davon ist jetzt nichts mehr übrig. Der Galgen stand an der alten Kreuzung mitten im Wald. Wenn man den Pfad hochgeht, kann man noch die Balken sehen. Aber inzwischen sind sie schon ziemlich morsch.« »Uäh!«, machte Nialla. »Nein, danke.«

    Ich hielt es für angebracht, ihr vorerst zu verschweigen, dass sich Robin Ingleby seinerzeit am Kreuzweg im Gibbet Wood aufgehängt hatte.
    »Herr im Himmel!«, rief Rupert. »Was ist das denn?«
    Am Ast eines Baumes baumelte etwas - schaukelte sanft im Morgenwind.
    »Das war die verrückte Meg«, sagte ich. »Sie sammelt leere Büchsen und anderen Müll am Straßenrand und bindet das Ganze mit Schnur zusammen. Sie ist hinter allem, was blinkt und glänzt, her wie eine Elster.«
    Eine alte Kuchenplatte, eine rostige Konservenbüchse, die dem Etikett nach einmal Rindfleischextrakt von Bovril enthalten hatte, ein silbernes Stück Kühlergrill und ein verbogener Suppenlöffel drehten sich wie ein schauerlicher Angelköder langsam in der Sonne hin und her.
    Rupert schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf Choke und Gas. Kaum hatten wir die Kuppe von Gibbet Hill erreicht, stieß der Motor einen ohrenbetäubenden Knall aus und verabschiedete sich mit einem saugenden Röcheln. Der Kombi kam mit einem letzten Ruck zum Stehen und Rupert zog die Handbremse.
    An den tiefen Furchen in seinem Gesicht erkannte ich, wie erschöpft er war. Dann drosch er mit den Fäusten auf das Lenkrad ein.
    »Sag’s nicht«, raunte Nialla. »Wir sind nicht allein!«
    Erst dachte ich, sie meinte mich damit, aber sie wies mit dem Finger durch die Windschutzscheibe auf den Wegesrand, wo ein gebräuntes, schmutziges Gesicht durchs Gebüsch spähte.
    »Da ist ja die verrückte Meg«, sagte ich. »Sie haust hier irgendwo. Irgendwo im Wald.«
    Ich spürte, wie sich Nialla in den Sitz drückte, als Meg weiter auf uns zukam.
    »Keine Angst, sie ist eigentlich ganz harmlos.«
    In ihrem zerschlissenen, ausgeblichenen schwarzen Wollkleid
glich Meg einem zerzausten Geier, der einem Wirbelsturm zum Opfer gefallen ist. Von ihrem Kapotthut baumelte fröhlich eine rote Glaskirsche an einem Stück Draht.
    »So isses. Harmlos«, bestätigte Meg im Plauderton vor dem offenen Fenster. »So seid denn schlau wie die Schlangen und harmlos wie die Tauben. Tach, Flavia.«
    »Tag, Meg. Das hier sind meine Freunde Rupert und Nialla.«
    Angesichts der Tatsache, dass wir so eng aneinander gequetscht dasaßen, hielt ich es für angemessen, Rupert mit seinem Vornamen vorzustellen.
    Meg musterte Nialla in aller Ausführlichkeit. Dann streckte sie den schmutzigen Finger aus und berührte Niallas geschminkte Lippen. Nialla zuckte ein wenig zurück, täuschte jedoch sofort ein Niesen vor, um sich nichts anmerken zu lassen.
    »Die Farbe heißt ›Divarot‹«, sagte sie freundlich. »Wenn man den Lippenstift aufträgt, ändert er die Farbe. Probieren Sie’s doch auch mal.«
    Sie spielte ihre Rolle hervorragend, und ich kann ihr für die Art und Weise, in der sie ihre

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